Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
zu Anfang nicht wissen können, daß er einer massiven Unterschlagung auf der Spur war.
    Oliver war Edwards Sekretär und arbeitete in einem Büro neben Mulberry auf der Teilhaberetage. »Holen Sie sofort Mr. Oliver, und bringen Sie ihn ins Direktionszimmer«, sagte Hugh zu Mulberry. Dort, im Beisein der Teilhaber, wollte er die Untersuchung weiterführen.
    »Sofort, Mr. Hugh«, bestätigte Mulberry und wandte sich an die Buchhalter. »Und Sie, meine Herren, begeben sich wieder an Ihre Arbeit.« Die Angesprochenen kehrten an ihre Tische zurück und nahmen wieder die Federhalter zur Hand. Doch noch ehe Hugh den Raum verlassen hatte, erfüllte aufgeregtes Getuschel das Kontor. Hugh kehrte ins Direktionszimmer zurück. »Es liegt ein massiver Betrug vor«, verkündete er mit grimmiger Miene. »Die Santamaria Harbour Company hat die volle Summe der Anleihenemission erhalten, obwohl wir nur Papiere über vierhunderttausend Pfund verkauft haben.«
    Die Teilhaber waren entsetzt. »Wie, zum Teufel, konnte das passieren?« fragte William.
    »Das Geld wurde ihrem Konto gutgeschrieben und unmittelbar darauf an eine andere Bank überwiesen.«
    »Wer ist dafür verantwortlich?«
    »Der Ausführende war, wie ich glaube, Simon Oliver, Edwards Sekretär. Ich habe nach ihm geschickt, schätze aber, daß sich der Kerl bereits auf einem Dampfer nach Cordoba befindet.«
    »Können wir das Geld zurückbekommen?« fragte Sir Harry. »Das weiß ich nicht. Vielleicht haben sie es inzwischen schon außer Landes geschafft.«
    »Mit gestohlenem Geld können sie keinen Hafen bauen!«
    »Wer weiß denn, ob sie überhaupt einen bauen wollen? Mir sieht das alles nach einem ausgekochten Schwindel aus.«
    »Gott im Himmel!«
    Mulberry kam herein. Zu Hughs Überraschung befand er sich in Begleitung von Simon Oliver, was vermuten ließ, daß dieser das Geld nicht gestohlen hatte. Er hielt einen dicken Vertrag in der Hand und wirkte sehr erschrocken; vermutlich hatte man ihm erzählt, daß Hugh dem Verantwortlichen eine Gefängnisstrafe prophezeit hatte.
    Oliver kam sofort zur Sache. »Die Santamaria-Emission war garantiert - so steht es im Vertrag.« Mit zitternder Hand hielt er Hugh das Dokument entgegen.
    »Die Teilhaber waren sich einig, daß diese Anleihen auf Kommissionsbasis verkauft werden sollten«, sagte Hugh. »Mr. Edward trug mir auf, die Ankaufsgarantie in den Vertrag aufzunehmen.«
    »Können Sie das beweisen?«
    »Ja!« Er reichte Hugh ein anderes Papier. Es war eine sogenannte Vertragsnotiz, auf der ein Teilhaber mit knappen Worten die Bedingungen eines Vertrags zusammengefaßt hatte. An Hand dieser Vorgabe fertigte der zuständige Sekretär den vollständigen Vertrag aus. Edwards Handschrift war unverkennbar, und aus dem Wortlaut ging eindeutig hervor, daß die Bank den Ankauf der Anleihen und damit die Kreditauszahlung garantierte. Damit war alles geklärt. Die Verantwortung lag bei Edward. Ein Betrug lag nicht vor, und an eine Wiederbeschaffung des Geldes war nicht zu denken. Die Transaktion war absolut legitim. Hugh war zornig und zutiefst erschüttert. »Gut, Oliver, Sie können gehen«, sagte er.
    Oliver rührte sich nicht von der Stelle. »Ich hoffe, daß damit jeder Verdacht gegen mich ausgeräumt ist, Mr. Hugh.« Hugh hatte seine Zweifel, ob Oliver tatsächlich so unschuldig war, wie er vorgab. Dennoch konnte er nicht umhin, ihn zu beruhigen: »Was Sie auf Anweisung von Mr. Edward getan haben, kann Ihnen nicht zum Vorwurf gemacht werden.«
    »Ich danke Ihnen, Sir.« Oliver entfernte sich. Hugh musterte die Teilhaberrunde. »Edward hat gegen unseren gemeinsamen Beschluß verstoßen«, sagte er bitter. »Er hat die Bedingungen der Emission hinter unserem Rücken verändert - mit dem Ergebnis, daß wir eine Million und vierhunderttausend Pfund verloren haben.«
    Samuel ließ sich in seinen Sessel fallen. »Wie schrecklich«, stöhnte er.
    Sir Harry und Major Hartshorn wirkten wie vor den Kopf geschlagen.
    »Sind wir pleite?« fragte William.
    Hugh merkte, daß die Frage an ihn gerichtet war. Nun, wie verhielt es sich? Waren sie bankrott? Unvorstellbar! Hugh dachte kurz nach, bevor er antwortete: »Rein technisch gesehen, nein. Zwar sind unsere Zahlungsreserven um eine Million vierhunderttausend Pfund gesunken, doch finden sich die Anleihen auf der anderen Seite der Bilanz nahezu zum Kaufpreis wieder. So halten sich Aktiva und Passiva die Waage, und wir sind solvent.«
    »Solange der Kurs nicht sinkt«, ergänzte Samuel. »Ja, das

Weitere Kostenlose Bücher