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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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stimmt. Wenn Südamerika- Anleihen - aus welchem Grund auch immer - im Kurs fallen, geraten wir in ärgste Schwierigkeiten.« Als ihm klar wurde, auf welch schwachen Füßen das mächtige Bankhaus Pilaster plötzlich stand, wuchs sein Zorn auf Edward in einem Maße, daß ihm fast übel wurde. »Läßt sich die Sache geheimhalten?« fragte Sir Harry. »Ich glaube nicht«, erwiderte Hugh. »Ich habe, fürchte ich, im Buchhalterkontor die Katze aus dem Sack gelassen. Inzwischen weiß jeder hier im Haus Bescheid, und nach der Mittagspause weiß es die ganze City.«
    Jonas Mulberry hatte eine praktische Frage: »Wie verhält es sich mit unserer Liquidität, Mr. Hugh? Wir brauchen noch vor dem Wochenende eine größere Einlage für die üblichen Auszahlungen. Die Hafenanleihen können wir nicht verkaufen - das würde nur den Kurs drücken.«
    Die Frage war berechtigt. Nach kurzem Nachdenken erwiderte Hugh: »Ich werde eine Million bei der Colonial Bank borgen. Der alte Cunliffe wird es für sich behalten. Damit wäre die unmittelbare Gefahr vom Tisch.« Er blickte in die Runde. »Dennoch befindet sich die Bank in einer äußerst kritischen Lage. Wir müssen so schnell wie möglich eine umfassende Konsolidierung anstreben.«
    »Was machen wir mit Edward?« fragte William. Hugh wußte, daß es für Edward nur eines gab: Er mußte zurücktreten. Aber er wollte, daß jemand anders es aussprach, und verzichtete daher auf eine Antwort.
    »Edward muß zurücktreten und die Bank verlassen«, sagte Samuel nach einer Weile. »Er hat sich unser Vertrauen ein für allemal verscherzt.«
    »Und wenn er sein Kapital abzieht?«
    »Unmöglich«, gab Hugh zurück. »Wir haben das Geld gar nicht. Die Drohung hat ihr Gewicht verloren.«
    »Ja, richtig«, sagte William, »daran hatte ich gar nicht gedacht.«
    »Und wer wird Seniorpartner?« fragte Sir Harry. Wieder herrschte betretenes Schweigen, und wieder war es Samuel, der es brach. »Ja, um Himmels willen, kann denn das überhaupt noch eine Frage sein? Wer hat Edwards hinterlistige Täuschung aufgedeckt? Wer hat in der Krise sofort die Zügel in die Hand genommen? Von wem wollt ihr jetzt alle wissen, wie ihr euch verhalten sollt? Seit einer geschlagenen Stunde werden alle Entscheidungen hier von einer einzigen Person getroffen. Alle anderen stellen Fragen und schauen hilflos zu. Ihr wißt genau, wer jetzt Seniorpartner werden muß.«
    Der plötzliche Themenwechsel überraschte Hugh. Er hatte sich auf die Probleme der Bank konzentriert und gar nicht mehr an seine eigene Position gedacht. Doch jetzt erkannte er, daß Samuel recht hatte. Die anderen verhielten sich alle mehr oder minder passiv. Vom selben Augenblick an, da ihm die Diskrepanz in der Wochenbilanz aufgefallen war, hatte er gehandelt, als wäre er der Seniorpartner. Und Hugh wußte, daß er der einzige war, der die Bank aus der Krise herausführen konnte.
    Langsam dämmerte ihm, daß sein Lebenstraum kurz vor der Erfüllung stand: In Kürze würde er Seniorpartner des Bankhauses Pilaster sein. Sein Blick wanderte zu William, Harry und George. Allen dreien stand das schlechte Gewissen ins Gesicht geschrieben. Indem sie zugelassen hatten, daß Edward Seniorpartner wurde, hatten sie die gegenwärtige Katastrophe heraufbeschworen. Jetzt wußten sie alle, daß Hugh von Anfang an recht gehabt hatte, und machten sich schwere Vorwürfe, weil sie nicht auf ihn gehört hatten. Sie wollten ihren Fehler wiedergutmachen. Sie wollten ihn bitten, die Führung der Bank zu übernehmen - Hugh sah es ihnen an.
    Aber sie sollten es ihm auch sagen.
    Er wandte sich an William, den dienstältesten Pilaster nach Samuel. »Was denkst du darüber?«
    William zögerte nur kurz, bevor er sagte: »Ich glaube, du solltest Seniorpartner werden, Hugh.«
    »Major Hartshorn?«
    »Einverstanden.«
    »Sir Harry?«
    »Aber gewiß - und ich hoffe, du sagst ja.« Es war soweit. Hugh konnte es kaum fassen. Er atmete tief durch. »Ich danke euch für euer Vertrauen. Ich werde die Wahl annehmen. Ich hoffe, daß es mir gelingt, uns ohne Beschädigung unseres Rufs und ohne Schaden für unsere Vermögen aus dieser schwierigen Lage zu befreien.« In diesem Augenblick betrat Edward das Direktionszimmer. Entsetztes Schweigen empfing ihn. Sie hatten über ihn geredet wie über einen Verstorbenen. Sein plötzliches Erscheinen schockierte sie.
    Edward nahm die Atmosphäre zunächst gar nicht wahr. »Das ganze Haus ist in Aufruhr!« sagte er. »Die Lehrlinge laufen herum wie in

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