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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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einem Hühnerstall, die Buchhalter und Sekretäre stehen auf den Fluren und tuscheln, kein Mensch arbeitet vernünftig - was, zum Teufel, ist denn los hier?« Niemand antwortete.
    Betroffenheit zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, gefolgt von einem Anflug von Schuldbewußtsein. »Was ist denn los?« wiederholte er, doch seine Miene verriet Hugh, daß er es bereits ahnte. »Jetzt sagt mir endlich, warum ihr mich alle so anstarrt! Schließlich bin ich Seniorpartner.«
    »Nein«, erwiderte Hugh. »Ich bin es.«
     

3. Kapitel
    November 1890
     
    Miss Dorothy Pilaster heiratete Viscount Nicholas Ipswich an einem kalten, klaren Novembervormittag. Die Zeremonie in der Kensington Methodist Hall war schlicht und einfach, die Predigt jedoch recht lang. Danach wurde den dreihundert Gästen in einem riesigen geheizten Zelt, das man in Hughs Garten aufgeschlagen hatte, ein Mittagessen serviert, bestehend aus heißer Consomme, Dover- Seezunge, gebratenem Wildgeflügel und Pfirsichsorbet. Hugh war sehr glücklich. Seine Schwester präsentierte sich als strahlende Schönheit, ihr Ehemann bezauberte alle Gäste mit seinem Charme. Glücklicher als Hugh war nur noch seine Mutter. Selig lächelnd saß sie neben dem Vater des Bräutigams, dem Herzog von Norwich. Zum erstenmal seit vierundzwanzig Jahren trug sie kein Schwarz. Sie hatte ein blaugraues Cashmere-Kostüm gewählt, das ihr volles silberweißes Haar und die ruhigen grauen Augen wirkungsvoll zum Ausdruck brachte. Der Selbstmord des Ehemanns hing wie eine dunkle Wolke über ihrem Leben, und sie hatte viele entbehrungsreiche Jahre hinter sich. Doch jetzt - sie war inzwischen in den Sechzigern - erfüllten sich alle ihre Wünsche. Ihre schöne Tochter war nun Vicomtesse Ipswich und würde eines Tages Herzogin von Norwich sein. Ihr Sohn Hugh hatte es zu Reichtum und Ansehen gebracht und war seit kurzem Seniorpartner des Bankhauses Pilaster. »Ich dachte immer, ich wäre vom Pech verfolgt«, flüsterte sie Hugh zwischen zwei Gängen des Mittagessens zu. »Aber das stimmt nicht.« Sie legte ihm die Hand auf den Arm.
    »Das Glück meint es sehr gut mit mir.« Hugh kamen vor Rührung beinahe die Tränen. Da keine der anwesenden Damen Weiß oder Schwarz trug - das eine war der Braut vorbehalten, das andere wählte man zu Beerdigungen -, boten die Gäste einen recht bunten Anblick. Es war fast, als hätten sie sich für lebhafte, warme Farben - leuchtendes Orange, sattes Gelb, Himbeerrosa und Fuchsienrot - entschieden, um der Kälte des Herbstes entgegenzutreten. Die Männer waren, wie üblich, in Schwarz, Weiß oder Grau erschienen. Hugh trug einen schwarzen Gehrock mit Samtrevers und Samtaufschlägen, verstieß aber, wie immer, mit einer hellblauen Seidenkrawatte - der einzigen Extravaganz, die er sich gestattete - gegen die Konvention. Er war inzwischen eine solche Respektsperson, daß er sich manchmal nostalgisch an die Zeiten zurück erinnerte, da er noch als das schwarze Schaf der Familie gegolten hatte. Er trank einen Schluck von seinem Lieblingsrotwein, einem Chateau Margaux. Es war ein üppiges Hochzeitsmahl für ein besonderes Paar. Hugh war einerseits froh, daß er es sich noch leisten konnte, verspürte andererseits aber leichte Gewissensbisse, weil er soviel Geld ausgab, obwohl die Bank geschwächt war. Sie besaßen noch immer Santamaria-Hafenanleihen im Werte von einer Million vierhunderttausend Pfund sowie weitere Cordoba-Anleihen, deren Wert sich auf fast eine Million Pfund belief. Verkaufen konnten sie sie nicht, weil dies unweigerlich zu einem Preissturz geführt hätte, den Hugh mehr als alles andere fürchtete. Er würde mindestens ein Jahr brauchen, bis die Bilanzen wieder einigermaßen ausgewogen wären. Immerhin war es ihm gelungen, die unmittelbare Krise abzuwenden. Sie verfügten wieder über genug Bargeld, um auf absehbare Zeit die normalen Auszahlungswünsche der Kunden erfüllen zu können. Edward ließ sich nicht mehr in der Bank blicken, blieb aber formal noch bis zum Ende des Finanzjahres Teilhaber. Falls nicht irgendwo ein Krieg ausbrach und sie von Erdbeben, Seuchen und anderen unvorhersehbaren Katastrophen verschont blieben, bestand fürs erste keine Gefahr. Nach Abwägung des Für und Wider fühlte Hugh sich letztlich doch berechtigt, seiner einzigen Schwester eine teure Hochzeitsfeier auszurichten.
    Das festliche Ereignis kam der Bank sogar zugute. Denn daß man in der Santamaria-Angelegenheit über eine Million in den Sand gesetzt hatte, war in der

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