Die Pfeiler der Macht
anzulegen.«
»Und er hat euer Geld in Cordoba-Anleihen investiert.«
»Ach ja?«
»Was ist denn los, Hugh?« fragte Maisie. »So sag es uns doch, um Himmels willen!«
»Die Bank ist pleite.«
Maisies Augen füllten sich mit Tränen, doch sie weinte nicht um sich, sondern um seinetwillen. »O Hugh!« schluchzte sie. Sie wußte, wie furchtbar es für ihn war. Er hatte all seine Hoffnungen und Träume auf die Bank gesetzt. Ach, könnte ich doch einen Teil seines Kummers auf mich nehmen und ihm sein Leid ein wenig erleichtern, dachte sie.
»O Gott, das gibt eine Panik!« stöhnte Dan.
»Euer gesamtes Geld ist verloren«, sagte Hugh. »Wahrscheinlich werdet ihr die Klinik schließen müssen. Ich kann euch gar nicht sagen, wie entsetzlich leid es mir tut ...«
Rachel war vor Schreck leichenblaß im Gesicht. »Das ist unmöglich!« rief sie. »Wie kann unser Geld so einfach ... futsch sein?«
»Die Bank kann ihre Schulden nicht bezahlen«, antwortete Dan bitter. »Genau das versteht man unter Bankrott: Du schuldest den Leuten Geld und kannst sie nicht bezahlen.« Maisie sah plötzlich das Bild ihres Vaters vor fünfundzwanzig Jahren vor sich: Er hatte fast genauso ausgesehen wie Dan heute, und er hatte genau das gleiche über den Bankrott gesagt. Einen Großteil seines Lebens hatte Dan damit verbracht, Mittel und Wege zu suchen, um einfache Menschen vor den Folgen solcher Finanzkrisen zu bewahren.
»Vielleicht verabschieden sie jetzt endlich dein Bankgesetz«, sagte sie zu ihm.
»Aber was habt ihr denn mit unserem Geld getan?« fragte Rachel Hugh. Hugh seufzte. »Der Hauptgrund für die Katastrophe liegt in einer Entscheidung, die Edward als Seniorpartner getroffen hat. Es war ein Fehler, ein furchtbarer Fehler, bei dem er über eine Million Pfund verlor. Ich habe mich seither bemüht, den Schaden in Grenzen zu halten, aber heute hat mich das Glück endgültig verlassen.«
»Es ist für mich völlig unvorstellbar, wie so etwas geschehen konnte«, sagte Rachel.
»Einen Teil des Geldes werdet ihr vermutlich zurückbekommen, aber das wird mindestens ein Jahr dauern.«
Dan legte den Arm um Rachel, aber sie ließ sich nicht trösten.
»Und was geschieht mit all diesen armen Frauen, die bei uns Hilfe suchen?«
Hughs Betroffenheit machte Maisie angst. Am liebsten hätte sie Rachel den Mund verboten. »Ich hätte euch gern aus meiner eigenen Tasche bezahlt«, sagte Hugh, »aber auch ich habe alles verloren.«
»Aber es muß doch noch irgendeinen Ausweg geben«, insistierte Rachel.
»Ich habe alles versucht. Ich war gerade bei Ben Greenbourne. Ich bat ihn, die Gläubiger zu bezahlen und die Bank zu retten, aber er hat das abgelehnt. Der arme Kerl hat eigene Sorgen - seine Enkelin Rebecca ist anscheinend mit ihrem Freund durchgebrannt. Aber, wie dem auch sei - ohne seine Unterstützung ist überhaupt nichts zu machen.«
Rachel erhob sich. »Ich geh' jetzt am besten und rede mit mein e m Vater.«
»Und ich muß ins Unterhaus«, ergänzte Dan. Die beiden gingen. Maisies Herz drohte zu zerspringen. Sie war erschüttert und
entsetzt über die zu erwartende Schließung der Klinik und die Zerstörung ihres Lebenswerks. Doch nichts traf sie so sehr wie Hughs Schmerz. Sie dachte an die gemeinsame Nacht vor siebzehn Jahren nach den Rennen in Goodwood, und es kam ihr vor, als wäre es erst gestern gewesen. Damals hatte Hugh ihr seine Lebensgeschichte erzählt, und sie hörte wieder, wie er mit tieftrauriger Stimme vom Bankrott und Selbstmord seines Vaters berichtete.
Und als ob er glaubte, den Schmerz des Verlusts dadurch leichter ertragen zu können, hatte er zu ihr gesagt, er werde eines Tages der klügste, raffinierteste, umsichtigste und reichste Bankier der Welt sein ... Und vielleicht hatte er damit gar nicht so unrecht gehabt. Doch nun hatte ihn das gleiche Schicksal getroffen wie seinen Vater.
Sie sahen sich an, und Maisie erkannte in seinen Augen einen stummen Hilferuf. Langsam stand sie auf und ging zu ihm. Neben seinem Sessel blieb sie stehen, nahm seinen Kopf in die Hände und barg ihn an ihrem Busen. Zögernd legte er ihr den Arm um die Taille, berührte sie erst nur behutsam, dann zog er sie fest an sich. Und jetzt, endlich, konnte er weinen.
Nachdem Hugh gegangen war, begab Maisie sich auf einen Rundgang durch die Klinik. Auf einmal sah sie alles mit neuen Augen: die Wände, die sie eigenhändig gestrichen, die Betten, die sie in Trödelläden gekauft hatten; die hübschen, von Rachels Mutter
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