Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Brücke überquerten, die über die Gleise führte, erschien bereits der Zug.
    Ein Mann lehnte am Geländer und beobachtete die rasch näher kommende Bahn. Als sie an ihm vorbeikamen, drehte er sich um. Hugh erkannte ihn sofort: Es war Micky Miranda. Er hielt einen Revolver in der Hand. Danach ging alles entsetzlich schnell.
    Hugh stieß einen Schrei aus, der jedoch vom Lärm des Zuges verschluckt wurde. Micky zielte auf Tonio und feuerte aus nächster Nähe. Tonio taumelte und stürzte zu Boden. Micky richtete die Pistole auf Hugh, doch im gleichen Augenblick hüllte eine dichte Wolke aus Rauch und Wasserdampf, die aus dem Schornstein der Lokomotive quoll, die Brücke ein, so daß keiner der beiden mehr etwas sehen konnte. Hugh warf sich auf den schneebedeckten Boden und hörte zwei Schüsse, spürte aber nichts. Er rollte zur Seite, richtete sich auf und starrte in den Nebel. Der Rauch begann sich zu verflüchtigen. Hugh erkannte eine Gestalt im Dunst und stürzte auf sie zu. Micky entdeckte ihn und drehte sich um, aber es war zu spät. Hugh traf ihn wie ein Rammbock. Micky fiel hin. Die Pistole wurde ihm aus der Hand geschleudert und flog in hohem Bogen über das Brückengeländer auf die Bahnschienen. Hugh stolperte über Micky und rollte sich ab.
    Die beiden Männer rappelten sich auf, und Micky bückte sich, um seinen Spazierstock aufzuheben. Hugh stürzte sich erneut auf ihn und warf ihn zu Boden, wobei es Micky jedoch gelang, den Stock festzuhalten. Als Micky auf die Füße kam, holte Hugh zum nächsten Schlag aus. Aber er hatte sich seit zwanzig Jahren mit niemandem mehr geprügelt, und so verfehlte der Schlag sein Ziel. Micky schwang den Spazierstock und traf Hugh am Kopf. Es tat weh, und Micky schlug sofort noch einmal zu. Der zweite Hieb trieb Hugh zur Weißglut. Er brüllte vor Wut, stürzte sich auf seinen Widersacher und stieß ihm den Kopf ins Gesicht. Dann taumelten sie beide schweratmend zurück.
    Unten auf dem Bahnsteig ertönte ein Pfiff und kündete die bevorstehende Abfahrt des Zuges an. Panische Angst verzerrte Mickys Gesicht. Wahrscheinlich hatte er vor, mit dem Zug zu fliehen, dachte Hugh. Er kann unmöglich noch eine Stunde hier in der Nähe des Tatorts herumhängen ... Seine Vermutung erwies sich als richtig, denn Micky drehte sich in diesem Augenblick um und rannte los.
    Hugh spurtete hinterher.
    Micky war alles andere als ein guter Sprinter - unzählige durchzechte Nächte in den verschiedensten Hurenhäusern waren kein gutes Training. Aber um Hughs sportliche Fähigkeiten war es kaum besser bestellt, hatte er doch den größten Teil seines Erwachsenenlebens sitzend am Schreibtisch verbracht. Micky erreichte den Bahnhof, als der Zug sich gerade in Bewegung setzte. Atemlos hetzte Hugh hinter ihm her. Als die beiden auf den Bahnsteig rannten, rief ein verdutzter Bahnbeamter: »He, Sie da! Wo sind Ihre Fahrkarten?«
    Wie zur Antwort brüllte Hugh: »Mord! Mord!« Micky jagte über den Bahnsteig und versuchte, das Zugende zu erreichen. Hugh ignorierte, so gut es ging, die quälenden Seitenstiche, und es gelang ihm, den Abstand zu dem Fliehenden zu verkürzen. Auch der Bahnbeamte beteiligte sich jetzt an der Verfolgungsjagd.
    In diesem Moment erreichte Micky den hinteren Eingang des letzten Waggons, bekam einen Haltegriff zu fassen und schwang sich aufs Trittbrett. Mit einem Satz war Hugh bei ihm und erwischte ihn gerade noch an der Ferse, war jedoch nicht mehr imstande, fest zuzupacken. Seine Hand glitt ab. Der von hinten heranstürzende Bahnbeamte konnte unterdessen nicht mehr bremsen, stolperte über Hugh und fiel der Länge nach auf den Bahnsteig.
    Als Hugh wieder auf die Füße kam, war der Zug außer Reichweite.
    Verzweifelt starrte er ihm hinterher. Er sah noch, wie Micky die Tür öffnete, sich vorsichtig in den Waggon zwängte und die Tür wieder hinter sich zuzog.
    Der Bahnbeamte stand auf und schlug sich den Schnee von der Uniform. »Was, zum Teufel, war denn das?«
    Hugh beugte sich vornüber. Er keuchte wie ein löcheriger Blasebalg und war zu schwach, auch nur ein einziges Wort hervorzubringen. Als er wieder einigermaßen bei Atem war, sagte er:
    »Da hinten ist ein Mann erschossen worden.« Langsam kehrten seine Kräfte zurück. Er gab dem Mann einen Wink, ihm zu folgen, und führte ihn auf die Brücke, wo Tonio lag.
    Er kniete neben dem Leichnam nieder. Die Kugel hatte Tonio zwischen den Augen getroffen. Von seinem Gesicht war nicht mehr viel übrig. »Mein Gott, das sieht ja

Weitere Kostenlose Bücher