Die Pfeiler der Macht
kurzem Zögern kritzelte er die Zahlen auf, reichte den Zettel Tonio und steckte dessen Geld ein.
Die Männer holten aus, als wollten sie den Käfig mitsamt den Ratten in die Grube werfen. In letzter Sekunde öffnete sich eine mit einem Scharnier befestigte Klappe, und die Ratten flogen durch die Luft; sie quiekten schrill vor Entsetzen. April schrie erschrocken auf, und Micky lachte.
Mit tödlicher Konzentration machte sich der Hund an die Arbeit. Rhythmisch klappten seine Kiefer zusammen, als die Ratten auf ihn herabregneten. Er packte sich ein Tier, brach ihm mit einer ruckartigen Bewegung seines riesigen Kopfes den Hals, ließ den Kadaver fallen und schnappte sich das nächste. Der Blutgeruch war ekelerregend. Alle Hunde im Raum bellten wie wahnsinnig, und die Zuschauer tobten. Die Frauen kreischten angesichts des Blutbads, die Männer feuerten lauthals entweder den Hund oder die Ratten an. Micky Miranda lachte und lachte.
Die Ratten brauchten eine Weile, bis sie merkten, daß sie in einer Falle saßen. Einige von ihnen rannten an den Wänden der Grube entlang und suchten nach einem Fluchtweg; andere sprangen hoch und bemühten sich erfolglos, an den glatten Wänden Halt zu finden; wieder andere drängten sich zu einem dichten Knäuel zusammen. Ein paar Sekunden lang lief alles nach Geschmack des Hundes, und es gelang ihm, ein gutes Dutzend zu töten. Doch dann, wie auf ein geheimes Signal, änderten die Ratten ihr Verhalten. Sie stürzten sich auf ihren Widersacher, verbissen sich in seinen Beinen, seinen Lenden und seinem kurzen Schwanz. Einige sprangen ihm auf den Rücken und bissen ihn in Hals und Ohren, und ein besonders kühner Nager hackte seine Zähne in die unteren Lefzen und baumelte kurze Zeit an den mörderischen Kiefern, bis der Hund vor Wut aufjaulte und das Tier mit Wucht zu Boden schleuderte. Zurück blieb eine blutende Wunde. Der Hund wirbelte in schwindelerregender Hast durch die Grube und tötete eine Ratte nach der anderen, aber es waren immer ein paar Widersacher hinter ihm. Die Hälfte der Ratten war tot, als er zu ermüden begann. Die Zuschauer, die auf sechsunddreißig gesetzt hatten, zerknüllten oder zerrissen ihre Wettscheine. Wer auf eine niedrigere Zahl gesetzt hatte, feuerte die Ratten nun um so lauter an.
Der Hund blutete aus zwanzig oder dreißig Wunden, und der Boden des Kampfplatzes war glitschig von Blut und feuchten Rattenkadavern. Noch immer warf der Hund seinen schweren Kopf hin und her, noch immer zerknackte er mit seinem furchtbaren Maul die spröden Wirbelsäulen der Nager, aber er war längst nicht mehr so schnell wie zuvor, und seine Füße verloren auf dem schleimig- schmierigen Boden ihre Standfestigkeit. Jetzt, dachte Micky Miranda, jetzt wird es interessant... Die Ratten spürten die Schwäche des Hundes und wurden immer kühner. Hatte er eine von ihnen in den Fängen, sprang ihm eine andere an die Kehle. Sie wuselten zwischen seinen Beinen hindurch und gingen ihm an die Weichteile. Ein besonders großes und kräftiges Prachtexemplar grub seine Zähne in das linke Hinterbein und ließ nicht mehr locker. Der Hund drehte sich um, um sie zu packen, doch eine andere Ratte sprang ihm auf die Schnauze und lenkte ihn ab. Plötzlich gab das attackierte Bein nach. Die Ratte muß eine Sehne durchtrennt haben, dachte Micky. Der Hund lahmte nun und konnte sich nur noch mit Mühe umdrehen. Die Ratten schienen das sofort zu begreifen: Ein gutes Dutzend von ihnen attackierte nun den hinteren Teil seines Körpers. Müde schnappte er nach ihnen, müde brach er ihnen das Rückgrat, müde ließ er sie auf den blutverschmierten Boden fallen. Doch sein Bauch war nur mehr rohes Fleisch, seine Widerstandskraft gebrochen.
Ich habe gut geschätzt, dachte Micky, vielleicht bleiben tatsächlich sechs Ratten übrig ...
Noch einmal bäumte sich der Hund auf. Auf drei Beinen drehte er sich um und tötete vier Ratten in ebenso vielen Sekunden. Aber es war ein letztes Aufbegehren. Er ließ eine Ratte fallen, dann versagten ihm seine Beine den Dienst. Noch einmal drehte er den
Kopf und schnappte nach seinen Peinigern, diesmal jedoch ohne Erfolg. Sein Kopf sank zu Boden. Und schon begannen die Ratten, ihn aufzufressen. Micky zählte: Sechs waren übriggeblieben.
Er drehte sich nach seinen Begleitern um. Hugh sah krank aus. Edward sagte zu ihm: »Starker Tobak für deinen Magen, was?«
»Der Hund und die Ratten verhalten sich so, wie die Natur es vorgesehen hat. Was mich ankotzt, sind die
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