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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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verkauft«, erklärte Sir John.
    »Soll ich ihn Ihrem Konto gutschreiben lassen?«
    »Wie hoch wären die Zinsen?«
    »Zur Zeit vier Prozent.«
    »Das genügt, denke ich.«
    Hugh zögerte. Wenn Sir John sich überreden ließ, Rußland- Anleihen zu kaufen, so war es möglich, daß sich die Emission von einer leicht unterzeichneten in eine leicht überzeichnete verwandelte.
    Sollte er sie erwähnen? Dadurch, daß er Sir John ins Direktionszimmer geführt hatte, hatte er seine Befugnisse ohnehin schon überschritten. Er beschloß, das Risiko einzugehen. »Für russische Anleihen bekommen Sie zur Zeit fünf drei Achtel Prozent.« Sir John zog die Brauen zusammen. »Und das ginge jetzt gleich?«
    »Ja. Gestern war der letzte Zeichnungstag, aber für Sie ...«
    »Sind die Papiere sicher?«
    »So sicher wie die russische Regierung.«
    »Ich werd's mir durch den Kopf gehen lassen.« Hughs Eifer war geweckt. Er wollte die Sache zu einem erfolgreichen Abschluß bringen. »Wie Sie wissen, kann sich der Kurs morgen ändern. Der Preis schwankt, wenn die Papiere auf den freien Markt gelangen.« Er spürte, daß sein Übereifer ihm schaden konnte, und entschloß sich zu einem Rückzieher. »Ich werde jetzt gleich den Scheck Ihrem Konto gutschreiben. Über die Anleihen können Sie mit einem meiner Onkel sprechen, sofern Sie das wünschen.«
    »Einverstanden, Pilaster junior - und jetzt fort mit Ihnen!« Im Flur stieß Hugh auf Samuel. »Sir John Cammel ist in eurem Büro, Onkel«, sagte er. »Er stand in der Schalterhalle herum und war in schlechter Stimmung, darum bot ich ihm ein Glas Madeira an - ich hoffe, das war richtig.«
    »Sehr richtig«, erwiderte Samuel. »Ich kümmere mich um ihn.«
    »Er brachte diesen Scheck hier über einhundertzehntausend Pfund. Ich habe die Rußland-Anleihe erwähnt - sie ist um ein- hunderttausend unterzeichnet.«
    Samuel hob die Augenbrauen. »Ein bißchen voreilig, wie?«
    »Ich habe nur gesagt, er könne mit einem der Teilhaber darüber sprechen, wenn er einen höheren Zinssatz will.«
    »Na gut. Eigentlich kein schlechter Gedanke.« Hugh kehrte in die Schalterhalle zurück, suchte das Buch heraus, in dem Sir Johns Konto geführt wurde, trug die Einzahlung ein und brachte den Scheck zur Verrechnung. Dann begab er sich wieder in Mulberrys Büro im dritten Stock. Er lieferte seine Abrechnung über die russischen Anleihen ab, erwähnte die Möglichkeit, daß Sir John Cammel vielleicht den Rest kaufen werde, und setzte sich wieder an seinen Tisch.
    Ein Bote brachte ein Tablett mit Tee und Butterbroten herein - eine kleine Erfrischung, die allen Bankangestellten serviert wurde, die nach halb fünf noch an der Arbeit waren. Die meisten gingen, wenn es nicht viel zu tun gab, schon um vier Uhr. Das Bankpersonal galt als die Elite der Büroangestellten und wurde heftig beneidet vom Büropersonal der Kaufleute und Reeder, das nicht selten bis in die Abendstunden und mitunter sogar ganze Nächte hindurch arbeiten mußte.
    Etwas später kam Samuel herein und händigte Mulberry verschiedene Papiere aus. »Sir John hat die Anleihen gekauft«, sagte er zu Hugh. »Du hast eine gute Gelegenheit bestens genutzt - ich muß dich loben.«
    »Vielen Dank.«
    Die beschrifteten Tabletts auf Mulberrys Schreibtisch erregten Samuels Interesse. »Was ist das denn?« fragte er in leicht amüsiertem Tonfall. »Zur Erledigung durch den Bürovorsteher ... Bereits erledigt vom Bürovorsteher.«
    »Es dient dazu, ein- und ausgehende Vorgänge voneinander zu trennen«, antwortete Mulberry. »Auf diese Weise entstehen keine Verwechslungen.«
    »Gute Idee. Ich glaube, das mache ich auch.«
    »Offen gestanden, Mr. Samuel - der Einfall stammt von Mr. Hugh.«
    Samuels amüsierter Blick wandte sich Hugh zu. »Ich sehe, du engagierst dich, mein lieber Junge.«
    Hugh, der sich schon mehrfach hatte sagen lassen müssen, er trete ein wenig arrogant auf, hielt es für angebracht, sich bescheiden zu geben. »Ich weiß, daß ich noch eine Menge lernen muß.«
    »Nur keine falsche Bescheidenheit! Hör mal, Hugh. Wenn du aus Mr. Mulberrys Diensten ausscheiden solltest, welchen Posten hättest du dann gerne als nächsten?«
    Darüber mußte Hugh nicht lange nachdenken. Der begehrteste Posten war der eines Korrespondenzsekretärs. Die meisten Angestellten bekamen nur einen Teil der Transaktionen zu Gesicht - nämlich den, den sie selbst aufzeichneten. Der Korrespondenzsekretär entwarf die Briefe an die Kunden und konnte jeden einzelnen

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