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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Vollblüter auf, der gerade an Augustas Landauer vorbeitrottete. Das Pferd bäumte sich auf und warf seinen Reiter ab. Er stürzte unmittelbar vor Maisies Viktoria auf die Straße.
    Maisie zeigte sich der Situation gewachsen. Mit einer raschen Bewegung brachte sie die Ponys dazu, zur Straßenmitte hin auszuscheren. Doch geriet ihr Gefährt bei dem Ausweichmanöver direkt in die Bahn von Augustas Pferden. Der Kutscher sah sich zu einer heftigen Bremsung veranlaßt und stieß einen Fluch aus. Maisie brachte ihre Viktoria unmittelbar neben ihnen abrupt zum Stillstand. Aller Augen ruhten auf dem abgeworfenen Reiter. Er schien nicht verletzt zu sein. Ohne Hilfe kam er wieder auf die Beine, klopfte den Staub aus seinen Kleidern und lief fluchend seinem durchgegangenen Pferd hinterher.
    In diesem Moment erkannte Maisie Hugh und rief: »Wenn das nicht Hugh Pilaster ist!«
    Hugh errötete. »Guten Morgen«, grüßte er und wußte nicht, wie er sich verhalten sollte.
    Noch in derselben Sekunde begriff er, daß er einen schwerwiegenden Faux pas begangen hatte. In Gesellschaft seiner Tanten hätte er Maisie niemals begrüßen dürfen, war es doch undenkbar, ihnen eine solche Person vorzustellen. Er hätte Maisie schneiden müssen.
    Maisie gab sich allerdings gar nicht erst die Mühe, mit den Damen ins Gespräch zu kommen. »Wie gefallen Ihnen diese Ponys?« fragte sie Hugh. Ihren Streit schien sie vergessen zu haben. Die schöne, ungewöhnliche Frau, ihr geschickter Umgang mit Pferd und Wagen und ihr ungezwungenes Benehmen stürzten Hugh in tiefste Verwirrung. »Sie sind sehr hübsch«, sagte er, ohne die Tiere auch nur anzusehen. »Sie stehen zum Verkauf.«
    In eisigem Ton befahl Tante Augusta: »Hugh, sei so gut und sag dieser Person, sie möge uns passieren lassen.« Erst jetzt nahm Maisie von Augusta Notiz. »Halt's Maul, du alte Hexe«, sagte sie lässig.
    Clementine schnappte nach Luft, und Tante Madeleine stieß einen schrillen Schreckensschrei aus. Hugh fiel der Unterkiefer herab. Maisies fabelhafte Garderobe und die teure Equipage hatten ihn vergessen lassen, daß sie eigentlich ein Gossenmädchen war. Ihre Bemerkung war so ungeheuerlich ordinär, daß es selbst Augusta vorübergehend die Sprache verschlug. Noch nie hatte jemand gewagt, in diesem Ton mit ihr zu sprechen. Maisie gab ihr nicht die Zeit, sich von ihrem Schock zu erholen. Sie wandte sich wieder an Hugh: »Sagen Sie Ihrem Vetter Edward, er soll meine Ponys kaufen!« Dann schwang sie die Peitsche und fuhr davon.
    Augusta explodierte. »Wie kannst du es wagen, mich vor einer solchen Person bloßzustellen!« geiferte sie. »Wie kannst du es wagen, vor ihr den Hut zu ziehen!« Hugh glotzte Maisie noch immer hinterher. Ihr hübscher Rücken und der flotte Hut wurden immer kleiner und verschwanden schließlich aus seinem Blickfeld.
    Tante Madeleine stimmte in Augustas Lamento ein: »Wie ist es möglich, Hugh, daß du so eine Person überhaupt kennst? Das schickt sich nicht für einen jungen Mann aus gutem Hause! Und Edward hast du sie offenbar auch noch vorgestellt!« Es war umgekehrt gewesen - Edward hatte Maisie Hugh vorgestellt. Aber Hugh wollte seinen Vetter nicht anschwärzen - die Tanten hätten ihm ohnehin nicht geglaubt. »Ich kenne sie eigentlich nur ganz flüchtig«, sagte er.
    Clementines Neugier war geweckt. »Und wo, um alles in der Welt, hast du sie kennengelernt?«
    »In einem Lokal namens Argyll Rooms.«
    Augusta sah Clementine stirnrunzelnd an und sagte: »Solche Dinge bitte ich mir zu ersparen. Hugh, sag Baxter, er soll uns heimfahren.«
    »Ich geh' noch ein Weilchen spazieren«, sagte Hugh und öffnete den Schlag.
    »Du willst diesem Weibsbild nachlaufen!« fauchte Augusta. »Das verbiete ich dir!«
    »Fahren Sie zu, Baxter!« sagte Hugh und stieg die Stufen hinab. Der Kutscher schüttelte die Zügel, und die Räder setzten sich in Bewegung. Als seine erbosten Tanten davonrollten, lupfte Hugh höflich den Hut.
    Natürlich war noch nicht das letzte Wort gesprochen. Hugh sah einiges auf sich zukommen. Augusta und Madeleine würden Onkel Joseph von dem Vorfall erzählen, und in Kürze würden alle Teilhaber wissen, daß er, Hugh, mit Frauen aus der Gosse Umgang pflegte.
    Aber noch war Feiertag. Die Sonne schien, und der Park war voller froher, vergnügter Menschen. Über Augustas Empörung konnte er sich später noch den Kopf zerbrechen. Leichten Sinnes schlenderte er durch den Park. Bewußt hatte er die Gegenrichtung zu Maisie eingeschlagen. Im

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