Die Pfeiler der Macht
konnte es gewiß nicht m i t Edward und Micky Miranda aufnehmen. Außerdem wollte ich vermeiden, daß sie mei n e Klamotten auch noch ins Wasser s c hmissen. Du erinnerst Dich doch sicher noch an die Strafe für das Entweichen aus dem Arrest? Zwölf Hiebe mit dem Rohrstock. Ich gebe gerne zu, daß ich mich davor mehr fürchtete als vor allem anderen. Ich schnappte mir also meine Sachen und verdrückte mich, bevor die anderen mich bemerken konnten. A m oberen Rand des Steinbruchs habe ich mich noch einmal umgesehen. Was unterdessen geschehen war, weiß ich nicht, doch ich sah nun Tonio den Steilh a ng hinaufklettern. Er war nackt und hielt ein triefendes Kleiderbündel in der Hand. Edward schwamm auf ihn zu; er war offenbar hinter ihm her und hatte von Peter abgelassen. Peter war auch noch im Wasser. Er japste und prustete.
Ich dachte, Peter käme jet z t zu r echt, aber das war offensichtlich eine Fehleinschätzung. Er muß am Ende seiner Kräfte gewesen sein. Während Edward Tonio nachsetzte und Micky d i e beiden beobachtete, muß er ertrunken sein, ohne daß einer der anderen es bemerkte.
Das habe ich natürlich alles erst später erfahren. Ich ging in die Schule zurück und schlich mich auf mein Zimmer. Als die Lehrer anfingen, F ragen zu stellen, sch w or ich, ich hatte es den ganzen Nachmittag nicht verlassen. Und als schließlich die ganze gräßliche Geschichte herauskam, fehlte mir der Mut, zuzugeben, daß ich Zeuge des Geschehens war ... Ich habe w i rklich keinen Anlaß, auf mein damaliges Verhalten stolz zu s e in, Hugh! Aber es hat mich erl e icht e rt, e ndlich d ie Wahrheit loszuwerden ...
Hugh legte Albert Cam m els Brief beiseite und starrte aus dem Fenster seines Schlafzimmers. Der Brief erklärte gleichzeitig viel m ehr und viel weniger, als Albert ahnte.
Er bot eine Erklärung dafür, wie es Micky Miranda gelingen konnte, sich so eng an die Fa m il i e Pilaster anzuschließen. Micky hatte nach dem Ereignis alle Ferien m it Edward verbracht, und dessen Eltern waren sogar noch für seine Unkosten aufgekom m en. Er m ußte Augusta erzählt haben, d a ß Edward für den Tod Peters verantwortlich war. Das stand in krassem Gegensatz zu seiner Aussage vor dem Untersuchungsrichter, nach der Edward angeblich versucht hatte, den Ertrinkenden zu retten. Mit dieser Lüge hatte Micky d e r Fa m ilie Pilaster ei n en schi m p f lichen Skand a l e r spa r t. Augusta zeigte sich in ihrer Dankbarkeit überaus großzügig, m uß t e aber fortan auch m it der Sorge le b en, daß Micky sich eines Tages gegen sie stellen und die W ahrheit ausplaudern könnte. Hugh spürte ein kaltes Angstgefühl in der Magengrube. Albert Cam m el hatte unwissentlich enthüllt, wie e ng, finster und verdorben A ugustas Beziehung zu Micky war. Ein anderes Rätsel blieb ungeklärt. Hugh wußte etwas über Peter Middleton, was außer ihm kaum je m and e m bekannt war. Peter war ein s c hwächlicher Junge gewesen und galt bei den anderen als W a schlappen. Betroffen über seine schwachen Kräfte, hatte er sich einem Tra i ningsprogramm verschrieben, dessen Hauptdisziplin Schwim m en war. Stunde um S t unde zog Peter, in der Hoffnung, dadurch stärker zu werden, seine Bahnen durch den Teich. Geholfen hatte es nicht. Ein Dre i zehnjähriger bekom m t e r st dann breite Schultern und eine bre i te Brust, wenn er zum Mann heranwächst, und dieser Reifeproz e ß ließ sich nicht beschleunigen. Ein positives Ergebnis zeitigten seine B e m ühungen allerdings doch: Peter Middleton war im W asser bald gewandt wie ein Fisch. Er konnte bis zum Grund hinab tauchen, m i nutenlang die Luft anhalten, sich auf dem Rücken treiben lassen und unter W asser die Augen offenhalten. Es bedurfte eines ander e n Kalibe r s a ls Edward P ila s te r s, um Peter zu ertränken. Warum hatte er dann aber sterben m üssen?
Hugh war sich sicher, daß Albert Cammels Darstellung der W ahrheit e ntsprach - s oweit Alb er t sie kan n te. Aber es war eben nicht die volle W ahrheit. Es m ußte noch etwas anderes geschehen sein an je n em heißen Nach m itt a g im Bischo f s W äldchen. Ein schlec h ter S chwimmer hätte ei n em Un f all z u m Op f er f allen oder nach Edwards Schikanen die Kraft verlieren können. Doch Peter war m it ein paar derben Scherzen nic h t u m zubringen. W ar sein Tod aber kein Zufall, dann war er beabsichtigt. Und das war Mord. Hugh schauderte.
Nur drei Personen waren a m Tat o rt gewesen: Edward, Micky und Peter. Peter m ußte von Edward
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