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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Park wurden Runden gefahren - es war also gut möglich, daß er ihr noch einmal begegnete.
    Er wollte sich unbedingt ausführlicher mit ihr unterhalten und ihr, was seinen Vater betraf, den Kopf zurechtsetzen. Komisch war nur, daß er ihr ihre Vorwürfe gar nicht mehr übelnahm. Sie täuscht sich einfach, dachte er. Wenn ich es ihr erkläre, wird sie's schon begreifen ...
    Doch davon ganz abgesehen: Es war einfach aufregend, sich mit ihr zu unterhalten.
    Am Hyde Park Corner bog er in die nach Norden führende Park Lane ein. Immer wieder zog er den Hut und begrüßte Verwandte und Bekannte: Der junge William und seine Frau Beatrice rollten in einem Brougham vorbei, Onkel Samuel ritt auf einer braunen Stute, Mr. Mulberry war mit Frau und Kindern zu Fuß unterwegs. Es war gut möglich, daß Maisie ihre Fahrt am anderen Ende des Parks unterbrochen hatte; vielleicht befand sie sich aber auch schon auf dem Heimweg. Allmählich beschlich ihn das Gefühl, daß aus dem erhofften Wiedersehen nichts werden würde. Doch dann erblickte er sie.
    Maisie kam gerade aus der Anlage herausgefahren und überquerte die Park Lane. Die gelbbraune Seidenschleife um ihren Hals war unverkennbar. Sie bemerkte ihn nicht. Aus einer plötzlichen Eingebung heraus folgte er ihr über die Straße nach Mayfair. Er mußte rennen, um sie nicht aus den Augen zu verlieren. Schließlich erreichte sie das Gelände eines Pferdehändlers, brachte die Viktoria vor einem Stall zum Stillstand und sprang ab. Ein Pferdeknecht eilte herbei und half ihr beim Ausspannen.
    Schwer atmend holte Hugh sie ein. Er konnte sich nicht erklären, was in ihn gefahren war. »Hallo, Miss Robinson«, sagte er. »Hallo noch mal!«
    »Ich bin Ihnen gefolgt«, erklärte er überflüssigerweise. Sie sah ihn offen an. »Warum?«
    Unbedacht sprudelten die Worte aus ihm heraus: »Ich wollte nur wissen, ob Sie mal mit mir ausgehen wollen.« Sie neigte den Kopf zur Seite und bedachte mit leicht gerunzelter Stirn seinen Vorschlag. Ihre freundliche Miene deutete darauf hin, daß sie nicht abgeneigt war, und er rechnete schon fest mit einem Ja. Aber dann schienen ihre Neigungen mit praktischen Erwägungen in Konflikt zu geraten. Sie wandte ihren Blick ab, zog die Brauen ein wenig zusammen und rang sich schließlich zu einer Entscheidung durch.
    »Sie können sich mich nicht leisten«, sagte sie bestimmt, kehrte ihm den Rücken zu und verschwand im Stall.
     
     
     
    C A MM E L F A RM
    Kapkolonie Südafrika
    den 14. Juli 1873
     
    Lieber Hugh,
     
    prächtig, daß Du von Dir hast hö r en lassen! Hier draußen ist man ja ziemlich isoliert, Du kannst Dir also vorstellen, mit welchem Jubel hier ein langer, inhaltsreicher Brief aus der Heimat begrüßt wird. Mrs. Cammel - die e h renwerte Am elia Cla p ham, bevor sie mich geheiratet hat - war ganz, be s onders angetan von Deinem Bericht über die Löwin ... Ich weiß, es ist ein bißchen spät, das zu sagen, aber der Tod Deines Vaters war e i n grauenvoller Schock für mich. Schuljungen schreiben natürlich k e ine Beileidsbriefe. Zudem wurde Deine persönliche Tragödie ja auch noch dadurch überschattet, daß Peter Middleton am gleichen Tag e r trank. Aber glaub mir, viele von uns haben noch oft an Dich ged a cht und über Dich gesprochen, nachdem Du die Schule so plötzlich verlassen mußtest... Ich bin froh, daß Du mich nach Peter gefragt h a st, denn ich habe mich seit jenem Tag immer schuldig gefühlt. Ich h a be nicht genau gesehen, wie der arme Kerl gestorben ist, aber immerhin genug, um nur den Rest zusammenzureimen.
    Dein Cousin Edward war tatsächli c h, wie Du so bildhaft schreibst, ekelh a fter al s Aas. Dir gelang es zwar, den Großteil Deiner Kleider aus dem Wasser und vom Vorsprung zu angeln, aber Peter und Tonio waren nicht so schnell. I c h war damals am anderen Ende des Teichs, und ich glaube n i cht, daß E d ward und Micky mich ü b erhaupt gesehen haben. Oder sie erkannten m i ch vielleicht nicht. Jedenfalls haben sie mich niemals auf die Ereignisse angesprochen.
    Auf alle Fälle fiel Edward, nachdem Du abg e hauen warst, von neuem und noch schlimmer über Peter her. Er drückte ihm den Kopf unter Wasser und spritzte ihm ins G e sicht, während der arme Kerl doch bloß s e ine Klei d er aus dem Wasser fischen wollte.
    Mir war klar, daß Gefahr im Verz u g war, aber ich habe mich, wie ich fürchte, wie ein ausgemachter Feigling verhalten. Ich hatte natürlich Peter beistehen sollen, aber ich war ja kaum größer als er und

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