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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Cremorne Gardens war ein Treffpunkt der Unterklasse, und nicht nur das: Die Methodisten waren überzeugt, daß ein Ort wie dieser der Unmoral Vorschub leistete. Augusta würde, wenn sie ihm auf die Schliche kam, ihr Wissen rücksichtslos gegen ihn verwenden. Wenn Edward sich in dubiosen Etablissements leichte Mädchen suchte, war das eine Sache: Er war schließlich Sohn und Erbe. Bei Hugh, einem armen Schlucker ohne standesgemäße Ausbildung und Erziehung, war das etwas ganz anderes. Bei ihm rechneten alle damit, daß er ohnehin seinem Vaters nachgeriet - und der war bekanntlich ein Versager gewesen. Ihn in einem jener zuchtlosen Vergnügungsparks zu erwischen wäre Wasser auf ihre Mühlen: Seht her, wie es ihn hinunterzieht in die Gosse zu seinesgleichen, zu den kleinen Büroangestellten, den Handwerkern, den billigen Mädchen wie dieser Maisie ...
    Hugh befand sich an einem kritischen Punkt seiner beruflichen Laufbahn. Er stand kurz vor der Beförderung zum Sekretär - einem Posten, der ihm mit einhundertfünfzig Pfund Jahresgehalt mehr als das Doppelte dessen einbringen würde, was er zur Zeit verdiente. Ein Bericht über »liederliches Verhalten« konnte diese große Chance zunichte machen. Verstohlen sah er sich nach den anderen Männern um, die auf den gewundenen Pfaden zwischen den Rabatten hin und her flanierten, und die Furcht, einen Bekannten zu entdecken, ließ ihn nicht los. Es waren durchaus einige Herren aus besseren Kreisen zugegen, und nicht wenige von ihnen führten ein Mädchen am Arm. Doch alle waren sorgfältig bemüht, seinem Blick auszuweichen, so daß Hugh nach einer Weile den Schluß zog, daß sie ebenso auf Anonymität bedacht waren wie er selbst. Diese Erkenntnis stärkte sein Selbstvertrauen.
    Er war stolz auf Maisie. Sie trug ein blaugrünes, tief ausgeschnittenes Kleid mit Turnüre sowie ein keck auf ihre Hochfrisur plaziertes Matrosenhütchen und zog viele bewundernde Blicke auf sich.
    Nachdem sie an einer Ballettbühne, einem orientalischen Zirkus, einer amerikanischen Kegelbahn und verschiedenen Schießständen vorbeigekommen waren, betraten sie ein Restaurant, um dort zu essen. Für Hugh war dies eine vollkommen neue Erfahrung. Zwar wurden Restaurants immer beliebter, doch fanden sie ihre Kundschaft vor allem in den unteren Mittelschichten. Die Oberklasse konnte sich mit dem Gedanken, in aller Öffentlichkeit zu speisen, noch nicht befreunden. Junge Männer wie Edward und Micky gingen häufig auswärts essen, doch lief das bei ihnen unter der Rubrik »die Sause machen« und geschah nur, wenn sie entweder ein Flittchen auftreiben wollten oder aber bereits entsprechende weibliche Gesellschaft gefunden hatten. Während des Essens bemühte sich Hugh nach Kräften, nicht einzig und allein an Maisies Brüste zu denken. Der Ausschnitt ihres Kleides gewährte verlockende Einblicke; ihr Brustansatz war sehr blaß und mit Sommersprossen übersät. Ein einziges Mal in seinem Leben hatte er einen nackten Busen gesehen - damals in Nellys Bordell, und das war jetzt einige Wochen her. Berührt hatte er weibliche Brüste noch nie, und er fragte sich, ob sie fest waren wie Muskeln oder eher weich und schlaff. Und wie war es, wenn eine Frau ihr Korsett auszog - bewegten sich ihre Brüste beim Gehen, oder blieben sie steif? Und wenn ich sie berühre - geben sie dann nach, oder sind sie hart wie Kniescheiben? Ob Maisie mir erlaubt, ihre Brüste zu berühren? Manchmal hatte er sich schon vorgestellt, sie zu küssen, so wie der Mann im Bordell die Brüste der Hure geküßt hatte, aber das war ein sehr heimlicher Wunsch, dessen er sich schämte. Tatsache war, daß er sich im Grunde all seiner Wünsche dieser Art schämte. Es k a m ihm roh und ungehobelt vor, mit einer Frau an einem Tisch zu sitzen und die ganze Zeit nur an ihren nackten Körper zu denken, als ginge es ihm nur um das eine. Aber er konnte es einfach nicht ändern - schon gar nicht bei einem so verführerischen Mädchen wie Maisie. Sie saßen noch beim Essen, als in einem anderen Teil des Gartens ein Feuerwerk gezündet wurde. Der Lärm und die Lichtblitze erregten den Zorn der Löwen und Tiger in der Menagerie, die brüllend ihren Unmut kundtaten. Hugh erinnerte sich, daß Maisie im Zirkus gearbeitet hatte, und so fragte er sie, wie ihr das Leben dort gefallen habe.
    »Man lernt die Menschen sehr gut kennen, wenn man so eng mit ihnen zusammenlebt«, sagte sie nachdenklich, »und das ist einerseits gut und andererseits schlecht. Man findet

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