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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Solly, während Tonio verlor. Das Geld, das er von Tonio einnahm, zahlte er Solly aus. Niemand schöpfte Verdacht gegen Micky, dessen Vorrat an Goldsovereigns mehr oder weniger unverändert blieb.
    Tonio hatte zunächst den Löwenanteil seines nachmittäglichen Wettgewinns auf den Tisch gelegt, also annähernd hundert Pfund. Als diese auf ungefähr die Hälfte zusammengeschmolzen waren, erhob er sich, ging um den Tisch herum und sagte: »An dieser Seite klebt das Pech. Ich setz' mich neben Solly.« Das wird dir auch nichts helfen, dachte Micky. Die linke Seite gewinnen und die rechte verlieren zu lassen war auch nicht schwieriger. Aber es machte ihn etwas nervös, daß Tonio von »Pech« sprach. Nach Mickys Taktik sollte er sich nach wie vor als der große Sieger fühlen - obwohl er inzwischen Geld verlor. Ab und zu wich Tonio von seinem üblichen Wettverhalten ab, indem er fünf oder zehn Sovereigns auf eine Hand setzte anstatt nur zwei oder drei. In diesen Fällen ließ Micky ihn gewinnen, worauf Tonio seine Gewinne einstrich und freudestrahlend verkündete: »Heut' hab' ich Glück, ich weiß es genau!« In Wirklichkeit wurde sein Geldvorrat immer kleiner.
    Micky fühlte sich inzwischen sicherer. Während er mit flinken Fingern die Karten manipulierte, studierte er den Gemütszustand seines Opfers. Tonio sollte nicht nur blank sein, sondern mit geliehenem Geld weiterspielen. Er sollte Spielschulden machen, die er nicht begleichen konnte. Nur dies garantierte seinen gesellschaftlichen Ruin.
    Mit banger Erwartung beobachtete er, wie Tonio immer mehr Geld verlor. Zwar hatte Tonio einen gewaltigen Respekt vor ihm und ging normalerweise auf alles ein, was Micky ihm vorschlug, doch ein Idiot war er nicht. Es bestand durchaus noch die Möglichkeit, daß er sich kurz vor dem Absturz noch besann und aus dem Spiel ausstieg.
    Als Tonios Geld schließlich fast aufgebraucht war, machte Micky den nächsten Schritt. Er zog seine Zigarrendose heraus, öffnete sie und sagte: »Die sind von zu Hause, Tonio. Magst du eine?« Zu seiner Erleichterung ging Tonio auf das Angebot ein. Die Zigarre war ziemlich lang, so daß man eine gute halbe Stunde daran zu rauchen hatte. Tonio würde nicht gehen, ehe sie aufgeraucht war.
    Micky steckte sich selbst eine Zigarre an und bereitete den Todesstoß vor.
    Wenige Runden später war Tonio pleite. »Das war alles, was ich heute nachmittag in Goodwood gewonnen habe«, sagte er bekümmert.
    »Du solltest die Chance bekommen, es zurückzugewinnen«, sagte Micky. »Pilaster leiht dir sicher hundert Pfund.« Edwards Verblüffung war unverkennbar. Er hatte im Laufe des Abends eine Menge Geld gewonnen, und ein stattlicher Haufen Goldsovereigns lag vor ihm auf dem Tisch. Angesichts dieses Erfolges hätte eine Weigerung kleinlich gewirkt, weshalb er nach kurzem Zögern sagte:
    »Aber gewiß doch.«
    Solly intervenierte: »Es wäre vielleicht besser, wenn du jetzt Schluß machen würdest, Silva. Du hast den ganzen Tag gespielt und nichts dafür bezahlt. Das ist doch auch schon was.« Micky schalt Solly insgeheim einen gutmütigen Trottel. Wenn Tonio sich jetzt vernünftig verhielt, war der ganze Plan beim Teufel.
    Tonio zögerte. Micky hielt den Atem an.
    Aber es lag nicht in Tonio Silvas Natur, sich beim Spielen vernünftig zu verhalten. Er konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen, und so ging Mickys Rechnung auf. »Na schön«, sagte er. »Ich glaub', ich spiele weiter, bis ich mit der Zigarre fertig bin.« Micky atmete unhörbar auf.
    Tonio gab dem Ober einen Wink und bestellte Federhalter, Tinte und Papier. Edward zählte hundert Goldsovereigns ab, und Tonio unterschrieb den Schuldschein.
    Das Spiel ging weiter. Micky geriet allmählich ins Schwitzen. Konzentriert setzte er seine Manipulationen fort: Gelegentliche große Gewinne hielten Tonio bei Laune, während er unter dem Strich zusehends Geld verlor. Sein Vorrat war bereits auf fünfzig Pfund geschrumpft, als er sagte: »Ich gewinne nur bei hohem Risiko. Ich setze alles auf das nächste Blatt.« Selbst im Gowes Club war das ein bemerkenswert hoher Einsatz. Wenn Tonio verlor, war er ruiniert. Mehrere Clubmitglieder wurden aufmerksam und nahmen neben dem Tisch Aufstellung, um das Spiel zu beobachten. Micky teilte die Karten aus.
    Er sah Edward an, der links von ihm saß. Edward schüttelte den Kopf und gab ihm damit zu verstehen, daß er keine weitere Karte haben wollte.
    Solly zu seiner Rechten schüttelte ebenfalls den Kopf. Micky drehte

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