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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Sie gab ihnen etwas als Ausgleich für das, was sie von ihnen brauchte. Diesmal war alles ganz anders. Sie hatte von ihm berührt werden w ollen - und er war so höflich gewesen, daß er nichts tat, ohne zuvor dazu aufgefordert worden zu sein.
    Beim Tanzen hatte es angefangen. Bis dahin war ihr nicht bewußt gewesen, daß dieser Abend einen radikal anderen Verlauf nehmen würde als die anderen Abende, die sie in der Gesellschaft junger Männer aus der Oberschicht verbracht hatte. Hugh war charmanter als die meisten anderen, gewiß, und er sah gut aus in seiner weißen Weste mit der Seidenkrawatte. Er war wirklich ein netter Junge - aber eben nicht mehr.
    Dann, auf der Tanzfläche, waren ihr plötzlich andere Gedanken gekommen. Es wäre nett, ihn zu küssen, hatte sie sich gedacht, und später, als sie im Park spazierengingen und die anderen verliebten Pärchen um sich herum sahen, war aus der Vorstellung eine regelrechte Sehnsucht geworden. Für andere Männer waren das gemeinsame Abendessen und die Gespräche nichts weiter als öde Pflichtübungen, bevor sie zur Sache kamen. Sie konnten es kaum erwarten, ihre Begleiterin in einen dunklen Winkel zu bugsieren und anzugrapschen. Hugh dagegen war schüchtern und zurückhaltend gewesen.
    In anderer Hinsicht wiederum war er alles andere als schüchtern und zurückhaltend. Während der Randale hatte er keinerlei Furcht gezeigt. Und nachdem man ihn zu Boden gestoßen hatte, bestand seine einzige Sorge darin, daß ihr nicht das gleiche geschehen möge. Hugh war aus anderem Holz geschnitzt als die Durchschnittsstutzer, soviel stand fest.
    Als sie ihm schließlich klargemacht hatte, daß sie von ihm geküßt werden wollte, da war es wunderbar gewesen, herrlich, ganz anders als alle Küsse, die sie zuvor empfangen hatte. Und doch war Hugh weder geschickt noch erfahren - ganz im Gegenteil: Er war naiv und unsicher. Nur - warum hatte es ihr dennoch so viel Spaß gemacht? Und warum hatte sie sich plötzlich danach gesehnt, seine Hände auf ihren Brüsten zu spüren?
    All diese Fragen quälten Maisie nicht, sie machten sie lediglich neugierig und faszinierten sie. Der gemeinsame Gang durch das nächtliche London gefiel ihr. Ab und an spürte sie ein paar Regentropfen in ihrem Gesicht, aber der drohende Wolkenbruch blieb aus. Es wäre schön, wenn er mich bald wieder küssen würde, dachte sie.
    Sie erreichten Kensington Gore, wandten sich nach rechts und schlenderten südlich des Parks in Richtung Stadtmitte, wo Maisie wohnte.
    Gegenüber einer riesigen Villa, deren Front von zwei Gaslaternen beleuchtet wurde, blieb Hugh stehen und legte ihr den Arm um die Schultern. »Das ist das Haus meiner Tante Augusta«, sagte er. »Hier wohne ich.«
    Sie legte den Arm um seine Taille und starrte das Haus mit großen Augen an. Wie man wohl in solch einem Gebäude lebt? dachte sie und fragte sich, was sie mit so vielen Zimmern anstellen würde. Genügt es nicht, eine Schlafstatt zu haben und einen Herd, auf dem man sich etwas zu essen kochen kann? Gut, gegen den Luxus eines weiteren Zimmers, in dem man seine Gäste empfängt, ist sicher nichts einzuwenden ... Aber sonst? Maisie sah keinen Sinn darin, zwei Küchen zu haben oder zwei Wohnzimmer - schließlich konnte man sich nicht spalten und in mehreren Zimmern gleichzeitig aufhalten. Hugh und ich leben auf zwei verschiedenen Inseln, dachte sie. Uns trennt ein Ozean von Geld und Privilegien. Die Vorstellung war beunruhigend.
    »Ich kam in einer Hütte zur Welt, in der es nur einen Raum gab«, sagte sie.
    »Im Nordosten?«
    »Nein, in Rußland.«
    »Tatsächlich? ›Maisie Robinson‹ klingt nicht gerade sehr russisch.«
    »Bei meiner Geburt hieß ich Miriam Rabinowicz. Nach unserer Ankunft in England haben wir unsere Namen geändert.«
    »Miriam ...« sagte er sanft. »Der Name gefällt mir.« Er zog sie an sich und küßte sie. Maisies Bedenken verflüchtigten sich, und sie überließ sich ihren Gefühlen. Hugh war jetzt weniger zögerlich: Er wußte, was er wollte. Sie trank seine Küsse gierig, wie ein Glas kaltes Wasser an einem heißen Tag, und hoffte, er würde wieder ihre Brüste berühren.
    Hugh enttäuschte sie nicht. Einen Augenblick später fühlte sie seine Hand zärtlich über ihre linke Brust gleiten, und die Brustwarze versteifte sich fast sofort. Seine Fingerspitzen berührten sie durch die Seide ihres Kleides. Daß sich ihre Lust so deutlich manifestierte, war Maisie peinlich; Hugh dagegen entflammte es nur noch mehr.
    Nach

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