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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Feierlichkeit wie in einer Kirche, einem Präsidentenpalast oder einem Museum. Die Pilasters waren nichts als Geldverleiher, aber sie taten so, als handle es sich bei der Berechnung von Zinsen um eine edle Berufung wie das Priesteramt.
    Nach kurzer Zeit erschien Edward - mit blauem Auge und blessierter Nase.
    Micky zog die Brauen hoch. »Mein lieber Freund, was ist denn mit dir passiert?«
    »Ich hab' mich mit Hugh geprügelt.«
    »Weswegen?«
    »Er hatte eine Hure ins Haus gebracht. Ich hab' ihn deswegen zur Rede gestellt, und da ist er ausgerastet.« Aha, dachte Micky, vielleicht hat Augusta die Chance genutzt und Hugh rausgeworfen.
    »Und was ist mit Hugh?« fragte er. »Den wirst du in der nächsten Zeit nicht zu Gesicht bekommen. Sie haben ihn nach Boston geschickt.«
    Gutgemacht, Augusta, dachte Micky. Gar nicht übel, wenn sich die Probleme Hugh und Tonio an ein und demselben Tag lösen ließen.
    »Du siehst mir so aus, als könntest du eine Flasche Champagner und ein gutes Mittagessen vertragen«, sagte er. »Glänzende Idee.«
    Sie verließen die Bank und entfernten sich in westlicher Richtung. Es lohnte sich nicht, eine Droschke zu nehmen, denn da die Straßen noch immer von Schafen blockiert waren, kamen die Kutschen ohnehin nicht voran. Sie kamen am Fleischmarkt vorüber, dem Zielort der Herde. Der Gestank, der von den Schlachthöfen herüberdrang, war unerträglich ekelhaft. Durch eine Falltür wurden die Schafe in das unterirdische Schlachthaus geworfen. Beim Aufprall brachen sie sich die Beine und waren danach bewegungsunfähig, bis der Metzger kam und ihnen den Hals durchschnitt. Micky und Edward hielten sich ihre Taschentücher vors Gesicht.
    »Das reicht, um einem ein       für allemal den Appetit auf Hammelfleisch zu verderben«, meinte Edward.
    Um dir den Appetit aufs Mittagessen zu verderben, reicht es noch lange nicht, dachte Micky bei sich.
    Nachdem sie die City hinter sich gelassen hatten, hielten sie eine Droschke an und ließen sich zur Fall Mall fahren. Kaum war die Kutsche angerollt, setzte Micky zu seinem vorbereiteten Plädoyer an.
    »Ich kann diese Kerle nicht ausstehen, die über die schlechten Manieren anderer klatschen«, sagte er. »Ja«, erwiderte Edward ins Blaue hinein.
    »Nur, wenn Freunde davon betroffen sind, ist man doch mehr oder weniger verpflichtet, den Mund aufzumachen.«
    »Mmmm ...« Edward hatte noch immer keine Ahnung, wovon Micky überhaupt sprach.
    »Und es wäre mir absolut zuwider, wenn du glauben würdest, ich halte das Maul nur deshalb, weil er ein Landsmann von mir ist.«
    Nach einer kurzen Pause antwortete Edward: »Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich verstehe, worauf du hinauswillst.«
    »Ich rede von Tonio Silva.«
    »Ach ja. Ich nehme an, er kann seine Schulden bei mir nicht bezahlen.«
    »Totaler Blödsinn. Ich kenne seine Familie. Die sind fast so reich wie wir.« Die dreiste Lüge ging Micky leicht über die Lippen: Die Londoner hatten keinen blassen Schimmer von den wirtschaftlichen Verhältnissen dieser oder jener Familie in Südamerika. Edward reagierte überrascht: »Herr im Himmel! Ich dachte, genau das Gegenteil wäre der Fall.«
    »Ganz und gar nicht. Er kann sich solche Schulden leisten. Das macht die Sache ja so schlimm.«
    »Schlimm? Wie das?«
    Micky gab einen schweren Seufzer von sich. »Ich fürchte, er hat die Absicht, dir dein Geld einfach vorzuenthalten. Er läuft jetzt überall herum und prahlt, du wärst nicht Manns genug, ihn zum Zahlen zu bewegen.«
    Edwards Gesicht rötete sich.
    »Das sagt er? Nicht Manns genug? Teufel auch! Na, wart's ab, Bürschchen.«
    »Ich habe ihn gewarnt und ihm gesagt, er solle dich ja nicht unterschätzen. Du läßt dich nicht zum Narren halten, habe ich gesagt. Aber er zog es vor, nicht auf meinen Rat zu hören.«
    »So ein Halunke! Na schön, wenn er auf kluge Ratschläge nicht hören will, wird er die Tatsachen eben auf die harte Tour kennenlernen müssen.«
    »Es ist eine Schande!« sagte Micky. Edward schwieg. Er kochte vor Wut.
    Auch am Strand kam die Droschke nur schrittweise voran. Micky wurde nervös und ungeduldig. Tonio mußte längst im Club sein, und Edward war genau in der richtigen streitbaren Verfassung. Alles verlief plangemäß.
    Endlich hielt die Droschke vor dem Club. Micky wartete, bis Edward den Kutscher bezahlt hatte. Dann gingen sie hinein. Tonio begegnete ihnen bereits in der Garderobe, in einer dichten Traube von Clubmitgliedern, die hier ihre Hüte aufhängten. Micky

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