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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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doch zu dieser Moriskenfamilie, die erst seit Kurzem in der Calle de Mucho Trigo lebt, nicht wahr?«, fragte er hochmütig. Er reichte ihnen nicht einmal die Hand zum Gruß. Hernando und Ibrahim bejahten die Frage, und der Fremde musterte Hamid abschätzig, den er an seinem Brandzeichen zu erkennen schien: »Und was hast du mit ihnen zu schaffen?«
    »Exzellenz, wir stammen alle aus demselben Dorf«, antwortete Hamid demütig.
    »Ich bin Richter Pedro Valdés«, stellte der Mann sich vor. »Ich weiß nicht, ob euch die Nachbarn bereits von mir erzählt haben, aber meine Aufgabe ist es, euch alle zwei Wochen zu besuchen, um nachzusehen, wie ihr lebt und ob ihr euch an die Gesetze haltet. Ich gehe davon aus, dass ihr mir keine Probleme bereiten werdet, nicht wahr?« In dem Moment kamen Aischa und Fatima aus der Kirche, hielten allerdings ein paar Schritte Abstand zu ihnen. »Sind das eure Frauen?«, fragte der Beamte. Er wartete gar nicht erst die Antwort ab, sondern begutachtete Fatima, die neben Aischa noch winziger wirkte. »Das dürre Weib sieht ja ganz verhungert aus. Ist sie krank? Dann müsste ich sie in ein Hospital bringen.« Hernando und Ibrahim zögerten, sie hofften, der erfahrene Gelehrte werde für sie antworten. »Ist sie nun krank oder nicht?«
    »Nein … Exzellenz«, stotterte Hernando. »Der lange Weg … Der lange Weg hat ihr zugesetzt, aber sie hat sich schon ein wenig erholt.«
    »Das ist auch besser für sie. Denn in den Hospitälern der Stadt gibt es kaum noch freie Betten. Geh mit ihr in der Stadt spazieren. Die Sonne und die frische Luft werden ihr guttun. Erfreut euch am Tag des Herrn, und dankt ihm für seine Gnade. Der Sonntag ist ein Tag der Freude: An diesem Tag ist Unser Herr von den Toten auferstanden. Geh mit ihr spazieren«, forderte er Hernando noch einmal auf, ehe er weiterging. »Du bist doch der Sklave aus der Freudengasse, nicht wahr?«, fragte er Hamid noch im Weggehen.
    Der Alfaquí nickte, und der Richter schien sich auch dieses Detail im Geiste zu notieren. Dann eilte er zu einer Gruppe wohlhabender Händler und ihrer Frauen, die offensichtlich auf ihn wartete.
    »Los, nach Hause!«, zischte Ibrahim wütend, sobald der Mann außer Hörweite war.
    »Manchmal kommen seine Besuche ganz überraschend«, warnte ihn Hamid. »Es bereitet ihm offenbar ein besonderes Vergnügen …«
    »Meine Frau wird nicht mit dem dreckigen Nazarener durch die Stadt spazieren. Verstanden?«, polterte Ibrahim, ohne Hernando auch nur anzusehen.
    »Darum geht es doch nicht«, beschwichtigte ihn Hamid. »Wir müssen nun einmal so leben, wie sie es wollen. Nur wenn wir sie täuschen, können wir unseren Glauben bewahren.«
    Ibrahim überlegte eine Weile.
    »Sie geht mit dem Nazarener nicht vor die Tür«, sagte er mit einem scharfen Unterton.
    »Aber für die Christen ist er ihr Ehemann.«
    »Was willst du damit sagen, Hamid?«
    »Nenn mich Francisco«, sagte der Alfaquí entschieden. »Ich will gar nichts damit sagen – José.« Hamid hob die Stimme, um Ibrahims christlichen Namen deutlich auszusprechen. »So ist es nun einmal. Es war nicht meine Entscheidung. Bitte, bereite deinen Leuten nicht noch mehr Schwierigkeiten, José. Und du, Hernando«, sagte er an den jungen Mann gewandt, »denk daran, unserem Gesetz nach ist Fatima nicht deine Frau. Sie ist die Frau deines Vaters. Also verhalte dich auch so. Und jetzt macht endlich, was euch der Richter aufgetragen hat.«
    »Aber …«, begann Ibrahim erneut.
    »Ich will keinen Ärger mit dir, José. Wir haben es schon schwer genug. Jetzt geht«, forderte er Hernando und Fatima auf.
    Hernando spazierte also erneut durch die Straßen von Córdoba, diesmal allerdings in Begleitung einer schweigenden, niedergeschlagenen Fatima.
    »Ich vermisse den Kleinen auch«, sagte er einige Straßen weiter. Fatima gab keine Antwort. »Aber wie lange willst du so weitermachen? Du bist jung! Du kannst noch mehr Kinder bekommen!«
    Im selben Moment bemerkte er seinen Fehler. Fatima wurde augenblicklich noch langsamer.
    »Es … Es tut mir leid«, entschuldigte sich Hernando. »Alles tut mir so leid! Es tut mir leid, dass ich als Muslim auf die Welt gekommen bin. Der Aufstand tut mir leid, und der Krieg. Es tut mir leid, dass ich mich jemals nach Freiheit gesehnt habe. Es tut mir leid …«
    Hernando hielt inne. Ihr Spaziergang hatte sie in das Viertel Santa María in der Medina geführt, ein verschlungenes Gewirr aus Gassen und Sackgassen. Eine Gruppe Männer kam ihnen

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