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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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in den Straßen sein Gebäck verkaufte und dem das junge Paar aufgefallen war.
    Die Zeit des Abendgebets war vorüber, und die Händler, Reisenden, Soldaten, Abenteurer, Bettler oder einfach nur die Anwohner des quirligen Potro-Viertels aßen und tranken in den Gasthöfen und Wirtshäusern oder waren auf den Straßen in Gespräche vertieft, und in der Bordellgasse herrschte ein einziges Kommen und Gehen. Hernando wollte Hamid besuchen, aber er traf ihn nicht an, also schlenderte er allein weiter durch die Straßen.
    »Junge!« Hernando war so in seine Gedanken versunken, dass er nicht aufmerkte. »He, du da!«
    Als Hernando eine Hand auf seiner Schulter spürte, drehte er sich ruckartig um und sah in das Gesicht eines schmächtigen Mannes. Am Anfang konnte er kaum etwas erkennen, schließlich drang nur wenig Licht aus den Gasthöfen und Wirtshäusern auf die Straße, und die Zähne des Fremden waren so schwarz wie die Nacht um sie herum … Da erinnerte sich Hernando: Das war einer der Viehhändler, die bei der Calahorra-Festung mit Maultieren handelten. Hernando holte dort immer Mist für die Gerberei. Sie hatten begonnen, sich zu grüßen, wenn Hernando zwischen dessen Tieren nach Dung suchte.
    »Willst du dir zwei Blancas verdienen?«, fragte der Mann.
    »Was muss ich dafür tun?« Hernandos Tonfall verriet, dass er zu fast allem bereit wäre.
    »Komm mit.«
    Sie gingen durch die Calle de Badanas zum Guadalquivir. Der Mann sagte kein Wort, er stellte sich nicht einmal vor, und Hernando ging schweigend hinter ihm her.
    Zwei Blancas waren zwar ein Hungerlohn, aber so viel bekam er für zwei volle Tage Plackerei in der Gerberei. Am Ufer angekommen, schaute sich sein Begleiter nervös um.
    »Kannst du rudern?«, fragte der Mann und zeigte auf ein schäbiges kleines Boot, das versteckt am Ufer lag.
    »Nein«, gab Hernando zu, »aber ich kann …«
    »Egal. Steig ein«, forderte er ihn auf. »Dann rudere ich. Und du kannst lenzen.«
    Er sollte das Wasser aus dem Kahn schöpfen? Hernando wurde nachdenklich, als er ins Boot stieg. Sobald er die Planken betrat, wurden seine Füße nass.
    »Vorsicht«, warnte ihn der Viehhändler, »der Kahn verkraftet nicht so viel Geschaukel.«
    »Ich …«
    Er konnte nicht schwimmen!
    »Was hast du erwartet? Eine Galeere des Königs?«
    Der junge Mann sah auf das schwarze Wasser des Guadalquivir.
    »Wohin fahren wir?«, fragte Hernando, als sie vom Ufer abstießen.
    »Heilige Jungfrau! Nach Sevilla, wenn es beliebt. Dort legen wir dann erst mal einen Zwischenhalt ein und rudern dann gemütlich auf die andere Seite der Meerenge zu dem Freudenhaus, in das ich jeden Sonntag gehe. Halt den Mund, und tu endlich, was ich dir sage!«
    Der Guadalquivir sah ruhig aus. Das versuchte sich Hernando zumindest einzureden.
    »Und, wie viele Frauen gibt es in diesem Freudenhaus?«, fragte er im Spaß, als er endlich auf dem modrigen Holzbrett zu sitzen kam, das wohl in besseren Zeiten eine der beiden Ruderbänke gewesen war. Der Maultierhändler steuerte das andere Ufer an.
    »Glaub mir, es gibt genug für uns beide«, sagte der Mann und lachte leise. »Da, rechts von dir, ist der Topf.« Hernando tastete im Dunkeln, dann begann er, mit dem kleinen Gefäß Wasser aus dem Kahn zu schöpfen. Der Mann ruderte mit Bedacht und versuchte, keine Geräusche zu machen. Dabei sah er immer wieder beunruhigt zur römischen Brücke und zu den Wachen. »Es gibt dort Huren aus aller Herren Länder«, sagte er leise. »Auch gefangene Christinnen, wunderschön und wahre Meisterinnen der Liebeskunst.«
    Sie sinnierten weiter über die sagenhaften Frauen des imaginären Bordells, bis sie am anderen Ufer von einem Mann in Empfang genommen wurden. Es war so dunkel, dass Hernando dessen Gesichtszüge kaum erkennen konnte. Alles musste jetzt schnell gehen, in Windeseile tauschte ein Geldbeutel den Besitzer, und die beiden Männer luden ein Fass in den Kahn. Sie flüsterten einen Abschiedsgruß, und das Boot sackte bedrohlich in die Tiefe, sobald der Händler wieder hineingestiegen war.
    »Jetzt hast du alle Hände voll zu tun«, verkündete der Mann. »Denn wenn du jetzt nicht mit aller Kraft … Kannst du eigentlich schwimmen?«
    Die Hälfte des Rückwegs sprachen sie kein Wort mehr. Hernando spürte an seinen Füßen, wie immer mehr Wasser ins Boot drang. Der Topf war einfach zu klein! Er bekam Angst, vor allem, als der Mann ohne jede Rücksicht immer heftiger ruderte.
    »Du musst schneller lenzen!«, zischte der

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