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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Verantwortlichen für das Silber und einen für die täglichen Einkäufe sowie den Schreiber, die Kinderfrauen und die Hauslehrer. Das übrige Personal bestand aus Freien und Sklaven, unter denen es viele Morisken gab. Und schließlich gab es noch ein halbes Dutzend Knaben, die dem Herzog als Pagen dienten.
    Doña Lucía hatte angeordnet, dass Hernando umgehend in höfischen Umgangsformen unterwiesen werden solle. Im Hofzeremoniell nahmen vor allem die Tischmanieren einen besonders hohen Stellenwert ein. Anlass für diese Entscheidung der Herzogin war die erste Mahlzeit, die Hernando mit dem herzoglichen Paar, dem Kaplan und den elf Hidalgos eingenommen hatte. Hernando hatte neben dem Hausherrn gesessen und sich plötzlich mit Gabeln, Messern und Löffeln in den unterschiedlichsten Größen und Formen konfrontiert gesehen, zudem mit flachen und tiefen Tellern sowie kleinen Schüsseln, edlen Kristallgläsern und einfachen Trinkgefäßen aus Glas, mit Salzstreuern, Servietten sowie einer Wasserschale, die ihm ein Page reichte. Vor den spöttischen Blicken der Hidalgos und des Kaplans wollte Hernando diese Schale gerade an die Lippen führen und daraus trinken, als er verwirrt bemerkte, wie ihm der Herzog zuzwinkerte und sich in seiner Schale die Hände wusch.
    Doña Lucía war keineswegs bereit, solch fehlende Manieren an ihrem Tisch zu entschuldigen. Nach dieser Mahlzeit wurde der Moriske in ein kleines Privatgemach beordert, wo ihn das herzogliche Paar erwartete. Don Alfonso saß in einem Sessel und blickte verlegen zu Boden, anscheinend hatte er sich dem Willen seiner Gattin fügen müssen. Doña Lucía stand neben ihrem Ehemann und erwartete Hernando bereits.
    »Hernando, es ist unmöglich …!« Der Herzog räusperte sich, und Doña Lucía sprach in einem freundlicheren Tonfall weiter. »Her nando … Es wäre für den Herzog und mich eine große Freude, wenn du dich mit den hiesigen Umgangsformen und Tischsitten vertraut machen würdest.«
    Für diese Aufgabe wiesen sie ihm den schon betagten Hidalgo Don Sancho zu, einen geckenhaften Cousin des Herzogs, der diese Aufgabe nur widerwillig übernahm. Fast ein ganzes Jahr lang erhielt Hernando Unterricht von Don Sancho: im Umgang mit dem Besteck, im öffentlichen Auftreten, im Einhalten von Kleidungsvorschriften.
    Hernando ließ den täglichen Unterricht bei Don Sancho widerstandslos über sich ergehen. Zu der Zeit hatte ihn seine Melancholie schon so gleichgültig werden lassen, dass er über diese Behandlung, die ihn in den Stand eines Kindes zurückversetzte, nicht einmal nachdachte. Er gehorchte. Schließlich schlug ihm der Hidalgo eines Tages höchst erfreut vor, nun zum Tanzunterricht überzugehen.
    »Und Schritt«, krähte Don Sancho laut, während er affektiert durch den Saal stolzierte, in dem sie die höfischen Tänze einstudierten. »Floreta … und Sprung … Encaje … und die Campanela«, dozierte Don Sancho und hüpfte hölzern hin und her, um sich dann im Kreis zu drehen. »Und jetzt die Kapriole.« Hernando verließ wortlos den Saal.
    »Quatropeado«, hörte er den Hidalgo hinter sich trällern, »Giradas …«
    Noch am selben Tag gab Doña Lucía endlich nach und erklärte Hernandos Lehrzeit für beendet. Aber auch die neu errungenen Manieren änderten nichts an der Ablehnung und der stillen Verachtung, die Hernando entgegengebracht wurde, sobald Don Alfonso nicht zugegen war.
    An jenem Freitagabend, an dem Hernando Arbasia gestanden hatte, dass er Gott nicht in seinen Bildern finden konnte, wurde im Palast frisch gefangener Fisch gereicht. Hernando beteiligte sich nicht weiter an den Unterhaltungen, und die Tischgesellschaft schenkte Hernando ihrerseits ebenfalls keinerlei Beachtung. Er sehnte sich nach der Bibliothek.
    Als Arbasia Leonardo da Vinci zitiert und davon gesprochen hatte, dass man Gott in den Bildern finden könne, hatte Hernando ihn an ein früheres Gespräch mit Don Julián erinnert.
    »Trag vor! Dein Herr ist edelmütig wie niemand auf der Welt, er, der den Gebrauch des Schreibrohrs gelehrt hat.«
    »Was bedeuten diese Suren?«, hatte Hernando damals gefragt.
    »Diese Verse handeln von der Beziehung zwischen den Gläubigen und Gott durch die Schrift. Wir müssen die Offenbarung ehren. Mithilfe der Schrift können wir die Offenbarung – das Wort Gottes – sichtbar machen. Alle großen Kalligraphen haben dazu beigetragen, das Wort Gottes in Schönheit darzulegen. Die Gläubigen müssen die Offenbarung an den Gebetsstätten

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