Die Pfeiler des Glaubens
unbehaglich.
Noch am Morgen des Tages, an dem die Abendgesellschaft stattfinden sollte, konnte er einen Schlussstrich unter den Bericht ziehen, und in einem Begleitschreiben unterrichtete er den Herzog über seinen Aufenthalt bei Don Ponce de Hervás und dessen Gemahlin Doña Isabel. Mangels eines eigenen Siegels bat er den Richter, das Schriftstück zu verschließen, und da laut Don Ponce ohnehin ein Bote nach Madrid aufbrechen sollte, beauftragte er einen Diener mit der Weitergabe des Schreibens.
Das Fest sollte kurz vor Einbruch der Dunkelheit beginnen. Hernando und Don Sancho wurden auf Kosten ihres Gastgebers und dem Prunk des gesellschaftlichen Ereignisses entsprechend, neu eingekleidet. Der Hidalgo und Hernando leisteten der Bitte von Don Ponce Folge und standen am Eingang des Carmen, wo sie den Gästen vorgestellt werden sollten. Don Sancho konnte seine Aufregung nicht verbergen.
»Ach, hättest du doch tanzen gelernt«, warf er Hernando vor und überprüfte eitel sein Gewand.
»Und nun die Campanela«, äffte Hernando den Hidalgo nach und wagte einen affektierten Sprung.
»Die Kunst des höfischen …«, begann Don Sancho ernsthaft.
Leiser Applaus unterbrach die Ausführungen des Hidalgos.
»Kannst du tanzen?«
Hernando drehte sich um und sah Isabel auf sich zukommen, die noch immer belustigt Beifall klatschte. Statt ihres üblichen schwarzen Gewandes trug die junge Frau ein zweiteiliges Abendkleid aus dunkelgrünem Satin, der mit Stoffen in verschiedenen Grüntönen unterlegt war. Das verstärkte Mieder mit Halskrause, die den Hals bis zum Kinn verdeckte, lief spitz auf den Reifrock zu, der in der Taille ansetzte. Es zwängte ihre Brüste sogar noch mehr als sonst ein und verbarg die üppigen weiblichen Formen, die an den anderen Tagen noch zu ahnen waren. Ihre Wangen hatte sie mit roter Farbe betont, ihre Augen leuchteten und waren mit einer Antimonmischung umrandet. Eine kostbare Perlenkette vollendete ihre edle Erscheinung. Don Sancho wandte den Blick schnell ab und brummte sich selbst einen Tadel zu – seine Aufmerksamkeit für ihre Gastgeberin hatte die Grenzen der Höflichkeit überschritten. Dann kniff er Hernando in den Unterarm, um den Morisken auf sein ungebührliches Verhalten hinzuweisen, aber dieser bekam nicht einmal den Mund wieder zu: Er konnte seinen Blick einfach nicht von der eleganten Erscheinung vor ihnen abwenden.
»Kannst du tanzen?«, fragte Isabel noch einmal. Sie stand nun neben ihm.
»Nein«, brachte er verwirrt hervor. Er war vom Duft des Parfums betört, das diese bezaubernde Gestalt umgab.
»Ja, Hernando hat sich geweigert, tanzen zu lernen«, platzte der Hidalgo hervor, im Bemühen, dem Moment seinen Zauber zu nehmen. Ihm waren die argwöhnischen Blicke der Diener nicht entgangen, die in bunte Livreen gekleidet die Gäste erwarteten.
Isabel senkte bei Don Sanchos Einmischung leicht den Kopf und lächelte mild. Sie stand nur noch einen Schritt von Hernando entfernt.
»Das ist sehr bedauerlich«, flüsterte die Frau. »Bestimmt wäre es für viele Damen ein Vergnügen, wenn du sie heute Abend zu einem Tanz auffordern würdest.«
»Don Ponce!«, rief der Hidalgo verzückt. Isabel drehte sich beunruhigt um. »Ach, ich dachte, ich hätte den Richter gesehen«, entschuldigte sich Don Sancho, als er Isabels fragenden Blick bemerkte.
»Entschuldigt bitte«, erwiderte Isabel leicht verwirrt. »Ich muss vor der Ankunft unserer Gäste noch einige Dinge erledigen.«
»Du kannst eine Dame unmöglich derart unverhohlen anstarren!«, schalt ihn Don Sancho, als Isabel einige Schritte entfernt war. »Sie ist immerhin die Gemahlin des Richters!«
Hernando reagierte mit einer unbeholfenen Geste. Auf was hoffte er eigentlich? Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass er sich zum ersten Mal seit Jahren wieder verzaubert fühlte.
Hernando und Don Sancho absolvierten die Begrüßungszeremonie an der Seite des Richters und seiner Gemahlin und ließen die Vorstellung der mehr als einhundert Gäste über sich ergehen, die der Einladung des reichen und bedeutenden Juristen von Granada gefolgt waren: Kollegen, Domherren, Inquisitoren, Priester und Mönche, der Corregidor von Granada und einige Veinticuatros, Notare, Vertreter der verschiedensten Ritterorden, hochrangige Adlige sowie Hidalgos. Hernando nahm die Glückwünsche und Dankesbekundungen all dieser Menschen geduldig entgegen. Don Sancho wich ihm dabei keinen Moment von der Seite und versuchte vergeblich, selbst mit diesen
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