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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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hatte geduckt vor dem Richter gestanden, sich bei seinen Aussagen gewunden und die bleichen Finger ineinander verschlungen.
    »Hure!«, flüsterte Don Ponce in die Dunkelheit hinein.
    Seine Ehefrau benahm sich wie eine gewöhnliche Dirne im Freudenhaus! Er wusste, wovon der Diener gesprochen hatte: Es ging hier um die verbotene sinnliche Lust, die er selbst immer wieder im Bordell suchte. Noch stundenlang zermarterte er sich den Kopf. Er sah Isabel vor sich: eine obszöne, grell geschminkte und stark parfümierte Frau, die ihren Körper diesem verdammten Schurken hingab, der ihn mit Küssen und Liebkosungen bedeckte. Im Hurenhaus hatte er wegen der Ähnlichkeit mit Isabel ein blondes Mädchen für den Zweck gewählt, und nun erlebte ausgerechnet ein Moriske genau die Lust mit seiner Gattin, die er nicht mit ihr erfuhr. Der Richter war kurz davor, beide auf der Stelle umzubringen.
    Doch im Morgengrauen, als die kühle Nachtluft aus dem Garten Don Ponces verschwitzten Körper kühlte, entschied er sich gegen die drastische Maßnahme. Wenn er Isabel tötete, würde er nicht nur die beträchtliche Mitgift verlieren, mit der die Familie Los Vélez seine Frau ausgestattet hatte, weitaus schlimmer wäre, dass er dann auch seinen Einfluss im Umfeld des Monarchen und in den diversen Rätekammern einbüßen würde. Darauf konnte und wollte er wahrlich nicht verzichten. Unter dem Schutz eines so mächtigen Adelshauses wie der Los Vélez zu stehen war eine große Gunst. Die Ehre als Banner ins Feld zu führen, das konnten sich nur die sehr Reichen, die sehr Armen oder die Unvernünftigen erlauben, und der Richter zählte zu keiner dieser drei Kategorien. Isabel als Schützling des Marquis von Los Vélez des Ehebruchs zu bezichtigen, erschien ihm ein zu gewagtes, wenn nicht gar unsittliches Vorhaben. Doch den andauernden Ehebruch, noch dazu in seinem eigenen Haus, durfte er keinesfalls dulden! Dieser verdammte Mistkerl! Er hatte diesen Morisken wie einen Hidalgo behandelt, er hatte ihm zu Ehren eine Abendgesellschaft mit Tanz und Musik gegeben … Und jetzt konnte er sich nicht einmal an ihm rächen, ohne dass diese – an sich gesetzestreue – Tat zu peinlichen Kommentaren führte. Der Moriske war für alle ein Held! Er galt als der Christenretter! Und noch dazu war er ein Günstling des Herzogs von Monterreal …
    Als die ersten Sonnenstrahlen auf seinen Schreibtisch fielen, stand die Entscheidung des Richters fest: Er behauptete, Isabel leide an Fieber, und verbannte seine Frau auf ihr Zimmer, bis noch am selben Morgen in höchster Eile eine Cousine von Don Ponce in Erscheinung trat: Doña Ángela, eine strenge, sauertöpfische Witwe, die Isabels Bewachung übernahm, kurz nachdem sie die Türschwelle des Carmen überschritten hatte.
    Nach einer Unterredung mit dem Richter machte sich Doña Ángela sofort an die Arbeit, und Isabels junge Zofe verschwand noch am selben Tag – später erzählte jemand, man habe sie des Diebstahls bezichtigt und in die Kerker des Obergerichts geworfen. Am Nachmittag ließ die Witwe jenes Dienstmädchen, das den Moriskensklaven zum Beischlaf » nach Maurenart « aufgefordert hatte, unter dem Vorwand auspeitschen, es habe ihr nicht die gebührende Achtung entgegengebracht. Bei einem anderen Diener wies sie an, einen Teil seines Lohnes einzubehalten, weil er angeblich nicht zu ihrer Zufriedenheit arbeitete.
    Innerhalb eines einzigen Tages hatten sämtliche Bedienstete die eindeutige Botschaft des Richters und seiner Cousine verstanden, konnten aber nichts dagegen unternehmen. Wenn sie nicht ausdrücklich gekündigt wurden, durften sie ohne Don Ponces Einverständnis den Carmen laut Gesetz nicht verlassen, um in einem anderen Haushalt zu arbeiten. Bei Zuwiderhandlung gab es zwanzig Tage Gefängnis und ein Jahr Verbannung. Sollte jemand ohne die Zustimmung des Richters gehen, konnte er nur in ein anderes spanisches Reich ziehen oder sich als Tagelöhner verdingen. Aber da es im Haus des Richters nie an Essen mangelte …
    Selbst Don Sancho und Hernando entging der allgemeine Aufruhr nicht, allerdings sorgte Doña Ángela auch persönlich dafür, dass ihr strenges Regiment publik wurde, und noch am Abend ihrer Ankunft, kurz vor Sonnenuntergang, zwang sie Isabel, ihr Schlafgemach zu verlassen. Die junge Frau musste in Begleitung der Witwe – wie sie ganz in Schwarz gekleidet – vor aller Augen durch die Gartenanlagen des Carmen spazieren. Hernando sollte mit eigenen Augen sehen, dass er sich der

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