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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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recht.«
    Rafaela schenkte ihm ein dankbares Lächeln.
    »Es ist der Wille Gottes, dass sich unsere Familie trennt«, sprach er weiter, als er sich wieder gefasst hatte. »Ihr Kleinen bleibt bei eurer Mutter und Onkel Miguel hier in Córdoba. Die Größeren reisen mit mir in die Barbareskenstaaten. Lasst uns alle beten«, bei den Worten sah Hernando zu Rafaela, »lasst uns alle zu Abrahams Gott beten, zu dem Gott, der uns eint. Mögen seine Güte und Barmherzigkeit uns eines Tages wieder zusammenführen. Betet zur Jungfrau! Bittet in euren Gebeten immer auch Maria um Hilfe!«
    Dann bemerkte er, dass Muqlas blaue Augen auf ihm ruhten. Der Junge war erst fünf Jahre alt, dennoch hatte er ihre aussichtslose Lage erkannt.
    Am Abend setzte sich Hernando zu Rafaela neben den Brunnen im Patio. Die Nachtluft war eiskalt und der Himmel über ihnen sternenklar. Hernando rief die älteren Geschwister zu sich, um ihnen den Grund für die Trennung der Familie zu erläutern.
    »Die Christen erlauben nicht, dass eure Mutter mit uns reist, weil sie Altchristin ist. Und eure Geschwister müssen hierbleiben, weil sie jünger als sechs Jahre sind. Ihr seid alle getauft, aber sie gehen davon aus, dass die älteren Kinder für das Christentum für immer verloren sind. Das ist der Grund für die Trennung.«
    »Lasst uns lieber alle zusammen fliehen!«, forderte Amin unter Tränen. »Mutter, komm mit uns. Bitte!«
    »Aber das wird der Bruder deiner Mutter, der Jurado, niemals zulassen«, wandte Hernando ein.
    »Und warum nicht?«
    »Mein Sohn, es gibt Dinge, die kannst du noch nicht verstehen.«
    Amin sagte nichts mehr. Er versuchte, seine Tränen zu unterdrücken, immerhin war er der Älteste der Geschwister. Aber in dieser Nacht suchte auch er die Nähe seiner Mutter. Laila saß Rafaela zu Füßen. Hernando betrachtete die drei: Rafaela hielt die Hand ihres Erstgeborenen, zugleich strich sie Laila übers Haar. Dieser Moment war unwiederbringlich. Wie viele solcher Momente waren ihm im Lauf der Jahre entgangen, die er in der Bibliothek zugebracht hatte, um dort für das ersehnte Zusammenleben der Religionen zu kämpfen?
    Da fielen ihm plötzlich die alten Wiegenlieder wieder ein, die ihm seine Mutter bei den wenigen Gelegenheiten vorgesungen hatte, in denen sie ihm ihre Liebe offen hatte zeigen können, und er stimmte die ersten Töne an. Amin und Laila sahen überrascht auf. Rafaela versuchte, sich das Beben ihres Kinns nicht anmerken zu lassen. Hernando lächelte seine Kinder liebevoll an. Dann blickte er in den Himmel, lauschte dem Plätschern des Wassers im Brunnen und summte ein Wiegenlied nach dem anderen.
    Als die Kinder schließlich in ihren Betten lagen, saßen die beiden schweigend beisammen.
    »Ich lasse dir ausreichend Geld zukommen«, versprach Hernando, nachdem sie einige Zeit geschwiegen hatten. Rafaela wollte etwas sagen, aber er bat sie mit einer Geste zu schweigen. »Mein Landbesitz und das Haus fallen an die Krone, du hast den Ausrufer ja selbst gehört. Die Pferde werden gepfändet, um die Schulden zu bezahlen. Sonst haben wir nichts mehr, und du bleibst hier mit den drei Kindern zurück, die du allein ernähren musst.« Diese Tatsache laut auszusprechen machte sie noch wirklicher, fühlbarer und ungeheuerlicher.
    Rafaela seufzte schwer. Sie konnte nicht zulassen, dass ihr Mann in diesem Moment zusammenbrach.
    »Mach dir um uns keine Sorgen«, flüsterte sie und schmiegte sich an ihn. »Wie willst du mir Geld zukommen lassen? Du musst dich doch selbst mit den beiden Großen durchschlagen. Was wirst du tun? Willst du Pferde zureiten? In deinem Alter?«
    »Zweifelst du etwa an meinen Fähigkeiten?« Hernando spannte seine Muskeln an und versuchte, unbeschwert zu klingen. Rafaela zwang sich zu einem Lächeln. »Nein. Ich glaube, ich werde dort keine Pferde zureiten. Diese kleinen Araberpferde sind vielleicht für die Wüste geeignet, aber sie sind ganz anders als spanische Rassepferde. Ich spreche Hocharabisch, ich kann lesen und schreiben, Rafaela. Das kann ich wirklich sehr gut. Außerdem wird Gott mich führen, da bin ich mir sicher. Der Schreiber genießt bei den Muslimen ein hohes Ansehen.«
    Da konnte sie nicht mehr. Den ganzen Tag hatte sie sich vor den Kindern zusammengerissen und ihre eigenen Ängste unterdrückt. Aber jetzt, im Dunkel der Nacht, ließ sie ihrer Verzweiflung freien Lauf.
    »Sie bringen alle um, die in den Barbareskenstaaten landen! Und wen sie nicht töten, den schicken sie als Sklaven auf die

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