Die Pfeiler des Glaubens
…«
»Ich habe dir doch gesagt, dass es nichts wert ist. Du darfst Córdoba nicht verlassen.«
Der Soldat trampelte auf den Papierfetzen herum.
»Geh ins Haus zurück«, wies ihn der andere an und drohte mit dem Schwert.
Hernando ging zu Fuß zu seinem Haus zurück, sein Pferd führte er. Im Stalltor, das immer noch offen stand, erwartete ihn Miguel, der die Szene mit angesehen hatte.
Er wollte über einen Brief mit den Gefährten in Granada in Kontakt treten, aber er wusste nicht, wie. Die meisten Maultiertreiber – also die Morisken aus Valencia, Kastilien, aus der Mancha und der Extremadura – hatte man bereits ausgewiesen, und die Maultiertreiber der übrigen Reiche durften ihre Tätigkeit hier nicht ausüben.
»Jedes Mal, wenn ich das Haus verlasse, werde ich gefilzt«, gestand ihm Miguel entrüstet. »Rafaela wird überallhin verfolgt. Es ist einfach unmöglich …«
»Warum treten sie denn nicht mit mir in Verbindung?«, klagte Hernando. Er klang verzweifelt. »Sie müssen doch wissen, dass mein Gesuch abgelehnt wurde.«
»Alle, die zu diesem Haus wollen, müssen zuvor die Kontrollen der Männer des Jurados passieren«, versuchte Miguel ihn zu beschwichtigen. »Jeder Versuch ist zwecklos.«
Andererseits war sich Hernando durchaus darüber im Klaren, dass weder Don Pedro noch einer der beiden Übersetzer es riskieren würden, ihn persönlich aufzusuchen. Er wusste, dass erst im letzten Jahr ein Buch erschienen war – Alter und Glanz Granadas –, dessen Autor Francisco Bermúdez de Pedraza ein Loblied auf den Stammbaum der Familie Granada Venegas verfasst hatte. Darin wurde sogar behauptet, diese Familie könne ihren Stammbaum bis zu den Westgoten zurückverfolgen. Eines der bedeutendsten muslimischen Adelshäuser! Was für eine Ironie! Das Buch – das die königliche Zensur problemlos überwinden konnte – versicherte, dass einem Vorfahren von Don Pedro, Sidi Yahyah, nach der Einnahme der Stadt Granada durch die Katholischen Könige Jesus Christus höchstpersönlich in Form eines wundersamen Kreuzes erschienen sei und dass er ihn aufgefordert habe, sich zur Religion seiner westgotischen Vorfahren zu bekennen. Die Granada Venegas wurden ihrem Wappenspruch untreu – dem » la ghaliba illa llah « der Nasriden, ihrem Motto » Es gibt keinen Sieger außer Gott « – und tauschten ihn gegen das überaus christliche » servire Deo regnare est « , also » Gott dienen, heißt herrschen « . Wer würde schon wagen, die Reinblütigkeit einer Familie anzuzweifeln, die wie der heilige Paulus durch die göttliche Hand erwählt worden war?
»Sie haben längst für ihre eigene Rettung gesorgt«, flüsterte er. »Aber so ein einfacher Moriske wie ich bedeutet ihnen nichts.«
Hernandos Geld ging ebenso zur Neige wie die Bestände in der Vorratskammer. Die Pächter brachten nicht die festgelegten Mengen Obst und Gemüse, und Rafaela hatte Probleme, Essen zu beschaffen. Niemand gab ihr Kredit, weder Christen noch Morisken. Die Schwierigkeiten des Alltags und der Hunger ihrer Kinder schienen ihr jedoch plötzlich jene Kräfte zu verleihen, die ihrem Mann zusehends fehlten.
»Verkauf die Pferde zu jedem Preis, den sie dir geben«, ordnete Hernando eines Tages Miguel an, als Muqla vor Hunger weinte.
»Das habe ich bereits versucht«, gestand dieser zu seiner Überraschung. »Niemand kauft sie. Ein Händler meines Vertrauens hat mir versichert, dass ich nicht einmal eine Handvoll Maravedíes für sie bekäme. Der Herzog von Monterreal hat es verboten. Niemand will sich mit einem spanischen Granden anlegen, der noch dazu ein Veinticuatro ist.«
Hernando schüttelte den Kopf.
»Vielleicht trauen sie sich wieder, wenn das alles hier vorbei ist«, versuchte er sich selbst Trost zuzusprechen, »und dann kann Rafaela sie gut verkaufen.«
»Ich glaube nicht«, wandte Miguel ein. Hernando sah ihn verzweifelt an. Was konnte jetzt noch kommen? »Señor, wir können schon seit einiger Zeit nichts mehr bezahlen, weder das Stroh noch die Gerste, weder den Schmied noch den Geschirrmacher, und auch nicht die Löhne der Stallburschen und der Bereiter. Sobald du weg bist, werden die Gläubiger über uns herfallen und eine Frau … ganz allein … Hast du das nicht bedacht?«
Hernando gab keine Antwort. Was sollte er tun? Wie sollten sie dieser aussichtslosen Lage entkommen?
Miguel wandte den Blick ab. Wie hatte sich sein Herr das vorgestellt? Wie, wenn nicht mit Schuldenmachen, hätte er das Gehöft und die Pferde
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