Die Pfeiler des Glaubens
ist die Kriegsbeute des Königs«, sagte Hernando entschieden, als er die begehrlichen Blicke bemerkte.
Ein Mann wollte sich selbst davon überzeugen und näherte sich den Quersäcken, aber Hernando zückte den Krummsäbel, und der neugierige Moriske hielt wieder Abstand. Nachdem sie Hernandos Worte vernommen hatten, liefen einige Morisken los, um ihrem König die gute Nachricht zu überbringen.
Als sie schließlich auf die Passhöhe kamen, auf der das inzwischen erheblich dezimierte Moriskenheer ein einfaches Feldlager errichtet hatte, wurden sie von Aben Humeya und den Monfí-Anführern bereits erwartet. Hinter ihnen standen die Soldaten, Frauen und Kinder, denen die Flucht gelungen war. Etwas abseits des Königs konnte Hernando seinen Stiefvater ausmachen.
Aben Humeya war überraschend prunkvoll gekleidet. Stolz stand er an der Spitze seines Volkes und beobachtete die Neuankömmlinge. Niemand kam Hernando entgegen. Er führte seine kleine Schar weiter, und als sie nahe genug waren, sahen die Soldaten, dass die Gerüchte stimmten: Der Junge führte tatsächlich den Kriegsschatz der Muslime mit sich. Der König applaudierte, und gleich darauf brachen alle Morisken in Jubel aus.
Hernando wandte sich zu Aischa und Fatima um, die ihm mit Handzeichen bedeuteten, vorweg zu gehen.
»Hernando, das ist dein Triumph, genieß ihn«, rief ihm seine Mutter zu.
Als er im Lager ankam, musste er plötzlich loslachen, er konnte nicht anders. Die Leute jubelten ihm zu! Die Leute, die ihn sonst immer nur als Nazarener beschimpft hatten, jubelten ihm jetzt zu! Wenn Hamid das miterleben könnte … Er berührte andächtig den Krummsäbel an seinem Gürtel.
König Aben Humeya wies ihnen eines der vielen behelfsmäßigen Zelte zu, die sie mit Ästen und Planen errichtet hatten. Sofort kam Ibrahim zu ihnen. Der König belohnte den Jungen mit zehn Dukaten in silbernen Acht-Reales-Münzen aus dem Kriegsschatz, die sein Stiefvater gierig anstarrte, und lud ihn zum Abendessen in sein Zelt ein. Zudem erhielt Hernando einen prächtigen Turban sowie eine fahlgelbe Marlota, die mit dunkelvioletten Blumen und Rubinen bestickt war. Reichlich ungeschickt versuchte er das neue Gewand anzuziehen. Fatima saß auf einem der Ledersäcke und sah ihm belustigt dabei zu. Nach dem Abendgebet nahm Aischa den kleinen Humam auf den Arm und verließ mit ihren beiden Söhnen ohne weitere Erklärung die einfache Behausung. Hernando war der verschwörerische Blickwechsel zwischen den beiden Frauen entgangen: Aischa, die Fatima ermutigte, und Fatima, die einwilligte.
»Das hier ist mir einfach zu groß«, jammerte Hernando und zupfte an den überlangen Ärmeln der Marlota.
»Sie steht dir hervorragend«, log Fatima. Sie stand auf und rückte das Gewand an seinen Schultern zurecht. »Du siehst aus wie ein Fürst.«
Hernando konnte Fatimas Hände selbst durch die reiche Edelsteinstickerei hindurch auf seinen Schultern spüren und sog ihren süßen Duft ein. Er wollte … Er hätte sie gern berührt und ihre schlanke Taille umfasst, aber er wagte es nicht. Fatima spielte noch einige Augenblicke mit gesenktem Blick an der Marlota herum, drehte sich dann um und hob den kostbaren Turban vorsichtig auf. Der Kopfschmuck war aus mit edlen Goldstickereien durchwirkter roter Seide und mit Federn geschmückt. Der Federschaft war mit Smaragden und kleinen Perlen verziert, die eine alte Weisheit formten.
»Was steht da?«, fragte Fatima.
»Tod verheißt ewige Hoffnung«, las Hernando.
Fatima stand jetzt nah vor ihm, stellte sich auf die Zehenspitzen und krönte ihn mit dem Turban. Er spürte den sanften Druck ihrer weichen Brüste an seinem Körper und erstarrte. Ein heißer Schauer lief ihm über den Rücken, als Fatimas Hände über seine Wangen zum Hals glitten und dort innehielten.
»Ich habe einen Tod beweint«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Lass mich wieder Hoffnung finden. Du hast mich schon zweimal gerettet.« Hernando war verwirrt, er konnte sich nicht rühren. »Dieser Krieg … Vielleicht schenkt Gott mir einen Neubeginn«, hauchte sie und legte ihren Kopf an seine Schulter.
Hernando nahm all seinen Mut zusammen und schloss sie in die Arme, da blickte Fatima auf und küsste ihn auf die Wange. Ihre Lippen berührten sanft sein Gesicht, immer wieder, bis sie schließlich die seinen fanden. Hernando schloss die Augen und zog Fatima fester an sich, als sich ihr beider Atem beschleunigte. Sie küssten sich leidenschaftlich, und Fatima strich ihm zärtlich
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