Die Pfeiler des Glaubens
Familie auf. Er schlief im Freien, und abgesehen von einem kurzen Gespräch am ersten Morgen, als Aischa ihm Frühstück gebracht hatte, sprachen weder sie noch Fatima ein einziges Wort mit ihm.
»Du bist einfach so verschwunden«, hatte ihm seine Mutter vorgeworfen. Hernando setzte zu einer Entschuldigung an, aber Aischa schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab. »Du bist einfach abgehauen. Und die Wollust deines Vaters … Du weißt, wie er ist. Fatima war deinem Stiefvater schutzlos ausgeliefert. Wie ein Feigling hast du sie im Stich gelassen … Und mich.«
»Ich bin nicht abgehauen! Der König hat mir einen wichtigen Auftrag erteilt. Ibrahim wusste Bescheid, und er hat mir versprochen, es dir auszurichten!«, erklärte Hernando. »Und was Fatima angeht … Das habe ich geklärt. Der König hat sein Wort zurückgenommen: Fatima muss Ibrahim nicht heiraten.«
Aischa schüttelte langsam den Kopf, sie presste die Lippen fest zusammen, und ihr Kinn bebte, als sich ihre Augen mit Tränen füllten.
Hernando schwieg. Damit hatte er nicht gerechnet.
»Du weißt doch gar nicht, wovon du sprichst!«, jammerte Aischa.
Als Ibrahim kurz darauf heftig auf sie einprügelte, weinte Aischa nicht mehr. Es war das Erste, was Ibrahim nach seiner Rückkehr tat – noch dazu im Beisein von Fatima, der Jungen und einiger Morisken, die sich mit ihnen die wenigen Lebensmittel teilten. Hernando sah, wie seine Mutter hinfiel, zückte den Krummsäbel und lief auf seinen Stiefvater zu.
»Nein, Hernando! Er ist mein Ehemann!«, rief Aischa.
Ibrahim und sein Stiefsohn starrten sich lange an. Schließlich sah Hernando beschämt zu Boden. Genau dieses Verhalten erinnerte ihn an seine Kindheit, und zu seinem Leidwesen fühlte er sich angesichts der Wut seines Stiefvaters so ohnmächtig wie damals. Der kräftige Maultiertreiber nutzte den Moment und versetzte ihm einen heftigen Faustschlag. Dann stürzte er sich auf Hernando und prügelte wie von Sinnen auf ihn ein. Hernando wehrte sich nicht. Besser, er bekam Ibrahims Wut zu spüren als seine Mutter.
»Komm Fatima bloß nicht zu nahe!«, zischte ihm Ibrahim hasserfüllt zu. »Sonst kriegt deine Mutter meine Fäuste erst richtig zu spüren. Hast du verstanden? Der König mag deine Dienste zu schätzen wissen, du verfluchter Christenbastard, aber kein Mensch wird es wagen, mir zu sagen, wie ich meine eigene Frau zu behandeln habe. Und ich sage dir ein für alle Mal: Ich will dich hier nicht sehen.«
Fest stand, dass Aben Humeya eine gewisse Zuneigung für den jungen Maultiertreiber entwickelt hatte. Nach dem Überfall der Christen auf Mecina hatte sich der König nach Hernando erkundigt. Er hatte ihn zu sich kommen lassen und war erfreut, dass er die Flucht aus Mecina gut überstanden hatte. Er hatte ihn auch nach Fatima gefragt – worauf Hernando eine unverständliche Antwort nuschelte, die Aben Humeya aber mit Schüchternheit verwechselte. Danach beauftragte er ihn, die Tiere zu versorgen.
»Wir brauchen dein Wissen jetzt mehr denn je«, sagte der König. »Habe ich dir nicht gesagt, dass unsere Männer wiederkommen werden. Erinnerst du dich?«
Und so war es. Hernando konnte feststellen, dass immer mehr Pferde hinzukamen. Die Morisken kehrten zu ihrem König in die Berge zurück und schworen ihm Treue bis in den Tod.
»Der Marquis von Mondéjar ist als Generalkapitän des Königreichs abgesetzt worden. Man hat ihn an den Hof gerufen«, erklärte ihm Gironcillo eines Tages. Hernando beschlug gerade seinen Fuchs. »Die Amtsschreiber und Juristen haben also doch noch gewonnen. Sie sind es, die uns unser Land weggenommen und sich beim König über die Milde des Marquis beschwert haben. Sie wollen uns jetzt endgültig vernichten!«
Hernando bat Gironcillo, ihm das Hufeisen zu reichen.
»Wer befehligt die christlichen Truppen jetzt eigentlich?«, fragte er, während er das Hufeisen mit nur wenigen Schlägen aufnagelte.
Gironcillo beobachtete schweigend die geschickten Bewegungen des jungen Mannes.
»Don Juan de Austria«, antwortete Gironcillo, nachdem Hernando fertig war. »Er ist ein Sohn Kaiser Karls, also ein Halbbruder von König Philipp. Ein tapferer, aber auch sehr hochmütiger Mann. Und es heißt, dass die Tercios und die Galeeren aus Neapel nach Spanien verlegt werden. Es wird also ernst.«
Hernando legte das Werkzeug beiseite und stellte sich zu dem Monfí. Trotz der eisigen Kälte stand ihm der Schweiß auf der Stirn.
»Aber wenn es ernst wird, warum kehren unsere
Weitere Kostenlose Bücher