Die Pferde vom Friesenhof 02 - Wilde Jagd am Meer
war nicht Jettes Art herumzudrucksen, wenn ihr etwas auffiel. Und beim genauen Vergleich der fünf schwarzhaarigen Mädchen fiel ihr wirklich etwas auf. Jette verzog das Gesicht. »Wir haben falsch gedacht«, sagte sie scharfsinnig. »Was an Charlotte so ungewöhnlich ist, sind gar nicht ihre Haare, sondern ihre knallgrünen Augen. Die fallen jetzt erst recht auf.«
Sogleich starrten alle Charlotte an. Jette und ihre Beobachtungsgabe! Tatsächlich traf sie den Nagel auf den Kopf: Charlottes grüne Augen waren der Knackpunkt. Nun hatten sie ein neues Problem.
Mutlos ließ sich Charlotte auf den Hocker fallen. »Es geht nicht. Ihr habt alle nur Ärger durch mich. Ich kann ja schlecht für den Rest der Ferien mit Augenklappen herumlaufen. Ich fahre lieber nach Hause. Das ist besser für alle.«
»Kommt gar nicht in Frage«, protestierte Katharina.
»Meinst du, ich habe mir meine Haare umsonst abschneiden lassen? Nee, jetzt bleibst du bis zum Schluss.« Vanessa rückte mit einer typischen Vanessa-Idee heraus. »Wir legen dir Muschelschalen auf die Augen und Nellys Hund führt dich durch die Gegend.« Begeistert von ihrem Einfall sprang Vanessa um Charlotte herum. Charlotte rang sich ein schiefes Lächeln ab. »Ja, cool. Das ist besonders lustig beim Reiten. Ich höre schon Herrn Eichhorn rufen: >Magic und Leon bitte angaloppieren! <«
Danach hagelte es massenhaft verrückte Vorschläge. Schließlich rettete Jette die Situation. »Wozu gibt es farbige Kontaktlinsen?« Sie war stolz auf ihren Vorschlag. »Wir verwandeln Charlotte so lange, bis nicht mal ihre Eltern sie erkennen. Hoffentlich kriegen sie keinen Herzstillstand, wenn sie dich sehen, Charlotte.«
Trick in Blau
»Nein, das darf nicht wahr sein«, flüsterte Meike Eichhorn mit geweiteten Augen. »Sagt mir bitte, dass ich träume.«
Am Morgen nach der Haaraktion stand Frau Eichhorn in der Tür des Esszimmers. Die Reitermädchen saßen in Reithosen und T-Shirts an den Tischen und strichen sich Brötchen. Als ihre Ferienmutter hereinkam, senkten sie die Blicke.
Meike Eichhorn ließ den Griff des Rollwagens los, auf dem Kakao, Milch und Tee standen, und schlug die Hände vors Gesicht.
Aus halb geschlossenen Lidern blinzelten die Mädchen über ihren Tellern nach oben.
Natürlich wussten alle, was Frau Eichhorn auf die Palme trieb: Fünfmal »Tropennacht« in den Haaren, dazu dreimal Stehmähnen.
Klara sprang auf und hakte ihre Mutter unter. »Keine Panik, Mama. Nur eine Wette. Die Haarfarbe ist in vier Wochen wieder ausgewaschen.«
»In vier Wochen?« Meike Eichhorn schnappte nach Luft. »Der Ferienkursus ist in ein paar Tagen vorbei. Was glaubst du, was ich von den Eltern zu hören bekomme?« Frau Eichhorn beugte sich über den Shettytisch und betrachtete Lisa. »Lisa, du mit Stehmähne, meine Güte.« Dann fiel ihr Blick auf Charlotte am Friesentisch. »Oh Gott, du auch. Deine schönen Haare. Das gibt Ärger. Wie konntet ihr nur?«
Lea kam um den Tisch herum. »Mama, bleib locker.« Sie legte ihrer Mutter den Arm um die Schultern. »Nicht aufregen. Du wirst noch stolz auf uns alle sein.«
»Stolz? Bist du eigentlich noch bei Verstand, Lea?« Verärgert machte sich Meike Eichhorn aus Leas Arm frei. »Solche merkwürdigen Scherze zerstören unser Ansehen als Reiterhof.«
»Wir machen keine Scherze«, widersprach Klara. »Ein Angebot, Mama: Wenn du dich in einer Woche noch über uns ärgerst« - nach Charlottes Abreise konnte Klara ihr ja die Wahrheit erzählen -, »kannst du Lea und mir das Taschengeld streichen. Für sechs Wochen.« »Zwei«, sagte Lea vorsichtshalber.
Der Reitkursus lief an diesem Vormittag in gereizter Stimmung ab. Jedenfalls, was Reitlehrer Eichhorn betraf. Auch er war sehr erzürnt über seine Töchter. Dass Lea mitunter über die Stränge schlug, wusste er. Aber Klara! Wie konnte seine vernünftige, große Tochter Klara zulassen, dass sich die Mädchen heimlich ihre Haare färbten? Und ratzekahl abschnitten?
Dr. Eichhorn gab kurze Kommandos und war einsilbig. Er wunderte sich, wie gut gelaunt seine Reiterinnen beim Unterricht mitmachten. Eigentlich müssten sie zerknirscht sein, fand er. Aber keins der Mädchen wirkte schuldbewusst. Im Gegenteil! Sie feixten und flüsterten. Wie sollte Dr. Eichhorn auch wissen, dass sich alle diebisch auf den Abschiedstag freuten? Dann konnten sie endlich ihr großes Geheimnis lüften. Die Eichhorns würden sich wundern, wisperten sie sich gegenseitig zu, wie gut der ganze Ferienkursus
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