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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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er es ist oder nicht. Du hältst dich an diesem Glauben fest, weil du nichts dringender brauchst als jemanden, an den dein Herz sich schmiegen kann, wenn es von all den Schwierigkeiten umzingelt ist, die du in den nächsten Monaten und Jahren noch zu meistern hast .
    »Was macht dich denn so zornig?«, fragte sie. »Dass Marquard euch hintergangen hat? Er ist ein alter Mann, und er hatte Angst, den einzigen Sinn wieder zu verlieren, den sein Leben plötzlich bekommen hatte.«
    »Ich weiß«, sagte er rau.
    »Was ist es dann?«
    Er starrte unverwandt den Galgenberg und Godefroys zusammengebrochene Konstruktion auf seiner Kuppe an. »Ich habe so viele Freunde verloren, dass ich den Gedanken nicht ertragen konnte, auch Godefroy verloren zu haben.«
    »Freunde verloren?«, wiederholte sie. »Bei den Kreuzzügen …?«
    Er wandte den Kopf und sah ihr in die Augen.
    »… bei den Kreuzzügen … gegen … Albi?«, tastete sie sich vor. »Carcassonne? Bezers? Montségur?«
    »Ja«, sagte er einfach. »Und bei so vielen anderen Gelegenheiten.«
    »Walter und Godefroy … sind sie auch …?«
    »Ketzer?« Er lachte unlustig. »Nein. Godefroy ist ein Johanniter, und Walter ist ein Engländer. Kein Mensch weiß, woran ein Engländer glaubt.«
    »Ich ahnte, dass Godefroy dem Hospitalerorden angehört. Niemand sonst ruft den heiligen Johannes von Alexandria an. Ich dachte, er habe den Orden verlassen und sei …«
    »Ketzer geworden?«
    » Erleuchtet worden«, sagte sie und schob den Unterkiefer vor. »Wenn du willst, dass ich mich von dir abwende, musst du schon andere Dinge sagen.«
    »Zum Beispiel?«
    Zum Beispiel, dass du vergessen hast, dass du mich je gekannt hast , riefen ihre Gedanken. Sie bemühte sich, nichts auf ihren Zügen erkennen zu lassen.
    Er seufzte. »Warum wendet Ihr Euch nicht ab, Schwester Elsbeth?«
    »Wer bist du, Rogers?«
    Nach einer sehr langen Pause sagte er: »Ich bin der Sohn von Ramons Trencavel, dem Erben von Bezers, Albi und Carcazona, dem letzten Verteidiger des Glaubens an Licht und Reinheit.« Er lächelte schwach. »Für Euch … bin ich der Teufel, wenn Ihr Eurem Glauben treu seid.«
    »Deine Mutter war damals so stolz auf dich.«
    Das zynische Lächeln erstarb auf seinem Gesicht. »Was?«, japste er, völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. »Meine Mutter?«
    Sie trat einen Schritt auf ihn zu. Fassungslos sah sie sich selbst dabei zu, wie sie seine Hände nahm. »Ich habe ihn nie vergessen«, flüsterte sie. Ihre Gedanken riefen: Halt den Mund, um Gottes willen. »Ich habe ihn jeden Tag geschmeckt, und ich habe ihn jede Nacht gefühlt.« Gleich wirst du ihm sagen, dass du ein halbes Dutzend Mal die Sünde der Selbstbefleckung begangen hast, seit er hier angekommen ist , heulten ihre Gedanken. Und davor ein paar Jahre nicht!
    Seine Augen waren weit.
    »Colnaburg«, sagte er. »Du warst im Dom.«
    Sie nickte.
    »Du hast neben meiner Mutter und meiner Schwester gestanden. In vorderster Front. Als die Soldaten anrückten …«
    Sie nickte.
    »Du bist …« Er suchte nach Worten.
    »Ich bin hier«, sagte sie. »Hier. Neben dir.«
    Sie sah die Ratlosigkeit in seinem Gesicht, und dahinter den gleichen Wunsch, der sie beseelte. Küss mich , dachte sie. Küss mich und lass mich in die Sünde stürzen. Ich verbrenne mit Lust, wenn du nur mit mir brennst .
    »Du bist …«
    »Bitte …«, hörte sie sich flüstern.
    »Du bist eine Zisterzienserin«, sagte er und trat einen Schritt zurück. War sie vorhin fassungslos gewesen, dass sie nach seinen Händen gegriffen hatte, fühlte sie jetzt mit noch größerer Fassungslosigkeit, wie er sich ihrer Berührung entzog. »Ich bin ein Ketzer. Es gibt nichts, was uns verbindet – bis auf eines …«
    »Der Kuss«, stieß sie verzweifelt hervor. »Der Kuss verbindet uns.«
    »… die Überzeugung, dass die Vereinigung von Mann und Frau eine Sünde ist und weitere Sünde gebiert.«
    »Aber … aber … Rogers!« Es wäre nicht so schlimm gewesen, wenn sie in seinen Augen nicht die gleiche Not gesehen hätte, die sie nun erfasste. »Ich …«
    Er hob eine Hand. »Sag es nicht. Sag es nie!«
    »Aber ich …«
    »Was damals im Dom in Colnaburg passiert ist … das waren nicht Schwester Elsbeth von den Zisterzienserinnen und Rogers von den Ketzern. Das waren …«
    »Das waren unsere Herzen, die sich nicht darum scheren, was man unseren Köpfen zu glauben befohlen hat!«
    Er schnaubte.
    »Rogers!« Sie ergriff erneut seine Hände und hielt sie

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