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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Feuer der Inquisition die armen Seelen retten konnte.
    11.
SIPONTUM
     

     
    Rudolf von Habisburch dachte, dass ein weniger harter Mann als er wahrscheinlich abergläubisch geworden wäre. Er hätte geargwöhnt, ein Fluch lasse ihn den schlimmsten Moment in seinem Leben immer wieder aufs Neue durchleiden.
    Er jedoch, Rudolf von Habisburch, wusste, dass dem nicht so war. Das Einzige, das sich wiederholte, war das ganz und gar beschissene Wetter in Süditalien, wenn der Herbst in den Winter überging. In dieser Hinsicht glichen die Tage hier auf Sizilien tatsächlich jenem einen Tag in Apulien vor zwei Jahren, an dem ein Regensturm die letzte Wärme des Jahres, das Leben von Kaiser Federico und Rudolfs Pläne davongeweht hatte.
    Nicht ganz. Seine Pläne waren weniger davongeweht als vielmehr -getragen worden, auf dem besten Pferd, das er jemals besessen hatte, und im Kopf eines lächerlichen Grünschnabels namens Hertwig von Staleberc.
    Hertwig war tot. Seine ganze Sippschaft war tot. Und Rudolfs Zukunft war es auch.
    Er konnte ebenso gut abreisen und König Konrad allein lassen in seinem unsichtbaren, unhörbaren Konflikt mit seinem Halbbruder Manfredo, die einander umschlichen und sich gegenseitig nicht zu schaden versuchten und doch beide wussten, dass nur einer von ihnen das Erbe ihres Vaters antreten konnte. Für den jungen König und seinen Hof wäre er erledigt gewesen, aber wenn er sein Lebensziel nicht erreichte, war er ohnehin erledigt, also was sollte das alles?
    Der Regen wehte durch die Fensteröffnung. In einer Art perverser Wut hatte er darauf verzichtet, den Rahmen mit der aufgespannten Schweinsblase in die Öffnung zu stellen. Die Lache unter dem Fenster wurde immer größer. Er hoffte, dass sie irgendwann so groß wurde, dass sie die Burg verschlang, dann die Stadt, und am Ende ganz Sizilien.
    Sein Knappe kam herein, sah das offene Fenster, eilte hinzu, stellte den Rahmen in die Öffnung und verkeilte ihn. Rudolf hätte ihn am liebsten mitsamt dem Rahmen hinausgeworfen. Der Knappe wandte sich um mit dem Gesichtsausdruck eines Mannes, der seinen Herrn soeben bei einer Torheit ertappt und sie unauffällig berichtigt hat und sich nun eher vergeblich bemüht, nicht so zu wirken, als glaube er, ohne ihn gehe es nicht.
    »Ein Bote ist angekommen, Herr Rudolf«, sagte der Knappe.
    Rudolf sah nicht auf. »Eine neue Einladung, dem fruchtlosen Katz-und-Maus-Spiel der jungen Könige zu folgen?«
    »Ich weiß nicht, Herr. Er kommt aus Brugg.«
    »Aus Brugg? Was in aller Welt …?«
    »Soll ich ihn heraufholen, Herr?«
    »Was? Steht er noch nicht vor der Tür? Bist du verrückt? Ich will den Mann auf der Stelle sprechen!«
    Der Bote entpuppte sich als Lombarde, der aus Milan stammte und nur die allernötigsten Kenntnisse der deutschen Sprache besaß. Rudolf erdolchte seinen Knappen mit den Blicken, doch ihm war klar, wie das Missverständnis zustande gekommen war. Gabriel hatte den Mann gesandt, und als Beauftragter des Pfarrers von Brugg hatte er sich gegenüber dem Knappen legitimiert. Rudolfs Knappe konnte nicht ahnen, dass die Aufgaben Hochwürden Gabriels nicht allein seelsorgerischer Natur waren. Rudolf teilte nur die Geheimnisse mit ihm, die er ihm partout nicht vorenthalten konnte.
    Der Bote warf dem Knappen einen Seitenblick zu. Rudolf schickte den jungen Mann hinaus und empfand hämische Freude angesichts dessen beleidigter Überraschung. Dann nahm er das mehrfach in Leder und Wachstuch geschlagene und mit einem versiegelten Band verschlossene Wachstäfelchen entgegen, das der Bote ihm überreichte.
    Als er es öffnete, fiel ein zusammengefalteter Fetzen Tuch heraus. Er trug die Farben Rot und Silber, und auf dem Silber ein Hermelinmuster. Rudolf starrte den Fetzen an. Aufregung erfasste ihn, die so groß war, dass er beinahe aufgesprungen wäre. Er holte Luft und versuchte zu entziffern, was Gabriel in das Wachs gekratzt hatte.
    Der junge Hermelin ist eingefangen .
    Der Bote verneigte sich, aber der Graf von Habisburch starrte durch ihn hindurch. Rogers de Bezers war endlich sein Gefangener. Die Befehle, die er Gabriel gegeben hatte, waren klar: Rogers war nach Brugg zu bringen und einzukerkern, bis er, Graf Rudolf, selbst dort eintraf. Rudolf schnaubte. Ihm wurde klar, dass er schon zu diesem Zeitpunkt geahnt hatte, dass er König Konrad untreu werden und ihn in Sizilien verlassen würde. Andererseits … eine Reise durch ganz Italien zurück in die Heimat mitten in den Winter hinein? Würde er

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