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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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ineinander verkeilt. Sie setzte sich auf den Boden und starrte das Malheur an, die Nässe ignorierend, die durch den Stoff ihrer Kutte drang. Was hatte sie falsch gemacht, dass dies passiert war? Hätten sie den Bewuchs des Steinbruchs nicht einfach in den See fallen lassen, sondern einzeln bergen sollen? Aber dann würden sie wahrscheinlich immer noch damit beschäftigt sein. Hätten sie den Steinbruch gar nicht roden sollen? Aber dann wären sie niemals an die Steine gekommen. Hätte, hätte, hätte … wenn man ganz zum Anfang zurückging, stieß man unweigerlich auf die Frage: Hätten sie und die anderen niemals hierherkommen sollen?
    Und Rogers nie kennenlernen? , fragte ihr Herz.
    Auch er hat mich verlassen.
    Aber seine Liebe hat er dir dagelassen.
    Was hilft sie mir, wenn ich ihn nicht habe?
    Ach, du Kleingeist, warum weinst du um eine Liebe, die vergangen ist? Weine um die, die nie eine solche Liebe erfahren haben.
    Elsbeth trocknete wütend ihre Tränen und versuchte, die Blockade mit ihren Blicken in Brand zu setzen.
    Als sie die Stimmen hörte, die sich dem Damm näherten, stand sie auf. Wilbrand kam herauf, gefolgt von Meffridus Chastelose und den vier Männern, die der Notar gestern auf die Baustelle gebracht hatte. Wilbrand war so erregt, dass er sich beim Reden verschluckte.
    »Diese … diese Männer hier … haben sich angeboten, auf das Holz hinauszugehen und es zu beseitigen!«, haspelte der Baumeister.
    Elsbeth sah von einem zum anderen und zwang sich, den Jubel zu unterdrücken, der in ihr aufstieg. »Weshalb?«, fragte sie stattdessen.
    Man konnte Wilbrand ansehen, dass er von der Frage schockiert war. Der eine der Männer, der eine Augenklappe trug und eine gebrochene Nase hatte, sagte leidenschaftslos: »Weil wir Arbeit brauchen, Schwester.« Er warf einen so kurzen Blick zu Meffridus Chastelose, dass ein weniger aufmerksamer Beobachter als Elsbeth ihn nicht wahrgenommen hätte.
    »Wo kommt ihr her?«
    »Aus Ebra, Schwester.«
    »Und dort haben sie keine Arbeit mehr für euch?«
    »Nicht über den Winter.«
    »Was seid ihr? Zimmerleute? Maurer?«
    »Hilfsarbeiter.«
    Elsbeth wies auf die Handgelenke des Mannes. »Wozu hast du die Fesseln getragen?«
    Der Mann stutzte einen Moment und starrte mit seinem einen Auge auf die Narben, die seine Handgelenke zierten. Die Gefühle, die über seine Züge huschten, nahmen Elsbeth den Atem. Im nächsten Augenblick war sein Gesicht wieder unbewegt.
    »Die Männer waren Fronarbeiter«, sagte Meffridus sanft. »Was ihn betrifft – nicht ganz freiwillig.«
    »Warum haben unsere Brüder sie dann gehen lassen, Meffridus?«
    Meffridus lächelte. »Auch Fronarbeiter müssen essen, Schwester, selbst wenn sie keine Arbeit haben.«
    Wieder erfolgte ein kurzer Blickwechsel zwischen dem einäugigen Mann und dem Notar. Welche Abmachung habt ihr beide getroffen? , dachte Elsbeth.
    »Wozu die ganzen Fragen, Schwester?«, erkundigte sich Wilbrand. »Sie wollen uns helfen, ist Euch das nicht klar?«
    »Bei einer Aufgabe, die lebensgefährlich ist«, erwiderte Elsbeth.
    »Wir sind einiges gewöhnt«, sagte der Einäugige mit einem Ausdruck, der wahrscheinlich ein Lächeln hätte sein sollen, aber ein Zähnefletschen war.
    Elsbeth nickte. »Wie hast du dein Auge verloren?«, fragte sie dann.
    Der Mann hob, ohne zu zögern, seine Binde. Elsbeth schluckte angesichts des rosigen Narbengewebes. »Ungelöschter Kalk«, sagte er. »Ich wusste nicht, wie man damit umgeht.«
    »Und deine Nase?«
    »Jemand wusste nicht, wie er mit mir umgehen sollte.«
    Einer der anderen drei Männer fuhr sich mit dem Daumen über den Hals und grinste.
    »Wie lautet dein Name?«
    Wenn Elsbeth erwartet hatte, dass der Mann erneut zu Meffridus hinübersah, war sie getäuscht. »In Ebra nennen sie mich Drüsselstosz«, sagte der Einäugige. Der Fronarbeiter mit den beredten Händen vollführte eine neue Geste: Er drückte mit den Händen seine Nase auf die Seite, bis sie so schief und eingedrückt wirkte wie die des Einäugigen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass der Mann blendend ausgesehen hätte, wenn die Verletzungen nicht gewesen wären.
    »Wie hat deine Mutter dich genannt?«
    »Wenn sie glücklich war: mein kleiner Liebling«, sagte Drüsselstosz kalt.
    »Und deine Kameraden? Wie heißen die?«
    »Was immer Ihr mir sagt, werde ich an sie weitergeben.«
    »Können wir endlich anfangen, Schwester Elsbeth?«, fragte Wilbrand ungeduldig. »Wenn es erst zu frieren beginnt, lässt sich das Holz

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