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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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unter den Hufen von Rudolfs Pferd hindurch und stürzten sich auf ihre Ordensschwester, als diese Anstalten machte, den Gefangenen nach draußen zu folgen. Sie hielten sie zurück.
    In der Apsis krabbelte der Pfarrer im Ornat eines Prälaten zwischen den Kämpfenden herum auf der Suche nach Deckung. Jemand trat ihm auf die Finger. Er jaulte auf. Ein Soldat stolperte und fiel auf ihn und riss ihm einen weiten Ärmel seines Prachtgewandes ab, als er wieder auf die Füße sprang. Der Pfarrer jaulte noch viel lauter. Er schaffte es unter den Altar und schmiegte sich dort an den Toten mit dem fast abgetrennten Kopf.
    Das Falchon des einen Muskelmannes hackte einem Soldaten einen Arm ab, und dieser ging zu Boden, plötzlich grau im Gesicht, wo er sich wand und helles Blut an die Apsiswand spritzte. Einer der Messbesucher taumelte über einen anderen und fiel der Länge nach in einen Ständer mit Kerzen und Tranlampen. Sein Mantel stand auf einmal in Flammen, und er begann zu brüllen und sich auf dem Boden zu wälzen. Rauch und Funken stoben von ihm auf. Es wurde noch düsterer in der Kirche.
    Dann war Gabriel unter den Kämpfenden, ein Akrobat zwischen Klumpfüßen, eine Schlange unter Schildkröten, ein effizienter Killer zwischen panisch herumhackenden Narren. Was er tat, sah wie eine Abfolge von Drehungen und Pirouetten aus, von Sprüngen und Verneigungen, ein Tanz, der ihn innerhalb weniger Herzschläge vom Rand der Apsis bis vor die Sakristeitür brachte, wo die meisten der Soldaten und die beiden Muskelmänner von seinem Auftauchen vermutlich völlig überrascht waren. Er hatte seinen Bogen weggeworfen und trug ein gekrümmtes Schwert mit einer schlanken Klinge wie ein Muselmane, das Rudolf schon an ihm gesehen hatte, als er und seine Kameraden noch zu fünft und Rudolfs tödlichste Waffe überhaupt gewesen waren. Er duckte sich unter einem Hieb des Falchons hindurch, neigte sich beiseite, als die breite Klinge mit einer Rückhandbewegung wieder auf ihn zuzuckte, drehte sich einmal um sich selbst und war wieder außer Reichweite, als das Falchon senkrecht auf ihn hinunterschlug. Das verdickte Ende des Haumessers prallte auf den Boden und schlug Funken. Auf einmal war es in der freien Hand Gabriels. Der vormalige Besitzer des Falchons brach dort zusammen, wo vorher seine Waffe aufgetroffen war, mit einem erstaunten Gesichtsausdruck, der sich einmal änderte, als sein Kopf ungebremst auf den Boden prallte. Er war bereits tot. Die beiden Klingen in der Hand, schwang sich Gabriel unter einem ungeschickten Angriff eines von Rudolfs Soldaten auf den überlebenden Muskelmann hindurch. Die Klingen wirbelten durch das Chaos. Die Axt flog davon und fegte die liturgischen Gefäße vom Altar, dann sackte ihr Träger nicht anders zusammen als sein Kumpan.
    Gabriel hielt sich nicht auf. Er setzte über die beiden Toten hinweg, riss die Sakristeitür wieder auf und stürmte hindurch, beide Waffen in der Faust. Rudolf bekam endlich sein Pferd unter Kontrolle und trieb es mit wenigen Sätzen in den Altarraum. Die Kirche hinter ihm lag in absolutem Chaos und erinnerte an Fresken vom Jüngsten Tag, auf denen Christus die Seligen von den Verdammten schied. Dies hier war die Seite mit den Verdammten. Körper wanden sich, Menschen schrien, es stank nach Blut und Schweiß, Rauch hing unter der Decke. An der Seite drängten sich die restlichen Nonnen um eine blonde Schönheit in teuren Pelzen, die sich mit bleichem Gesicht in eine Ecke drängte und das Pandämonium anstierte. Einen winzigen Moment lang drang der Gedanke durch Rudolfs Wut, dass ein ähnlicher, nur noch viel schlimmerer Anblick sich damals im Hildeboldsdom geboten hätte, wenn er nicht gekommen wäre.
    Gabriel kam zurück in die Kirche und schlug die Sakristeitür hinter sich zu. Er ließ das Falchon fallen und steckte keuchend die gekrümmte Muselmanenklinge ein. Dann rief er Rudolf zu: »Er ist verschwunden. Bei der Dunkelheit und dem Regen draußen könnte er überall sein.«
    Rudolf nickte. »Treibt sie alle draußen zusammen. Alle. Die gesamte Stadt.«
    »Wo, Erlaucht? Die Gassen sind zu eng, und der Platz vor dem Rathaus ist zu unüber …«
    »Im Kreuzgang des neuen Klosters«, sagte Rudolf.
    24.
WIZINSTEN
     

     
    Rogers sah mit einer Mischung aus Furcht und Befriedigung, wie Rudolfs Pläne sich zu einem Albtraum entwickelten. Der Graf hatte drei Männer in der Kirche verloren. Der Soldat, dem der eine von Meffridus’ Leibwächtern den Arm abgehackt hatte, war

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