Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
Vom Netzwerk:
gewesen?
    »Sariz!! Adaliz!!«
    »Ramons …«
    Er keuchte und stolperte in die Richtung, aus der das Flüstern gekommen war, prallte an die gegenüberliegende Mauer des Ganges, tastete sich an ihr weiter, folgte dem Knick der Mauer, wusste, dass er wieder in der Zisterne war. Er folgte dem Verlauf der Wand. Sobald er um die Ecke gekommen war, wurde die Strömung schwächer.
    »Ramons …«
    Er gelangte bei Adaliz und Sariz an. Mit fliegenden Fingern fuhr er über ihre Formen. Adaliz war eiskalt und offensichtlich besinnungslos, aber er spürte das Zittern, mit dem ihr Körper sich gegen das Erfrieren wehrte. Sariz umklammerte seine suchende Hand mit kalten, schwachen Fingern.
    »Wasser …«, flüsterte Sariz. »Es steigt …«
    »Ich weiß, ich weiß! Ich hole euch hier raus!«
    Er zerrte seine Frau auf die Beine. Sie knickten ihr ein, aber dann schaffte sie es, sich gegen die Wand zu lehnen. Das Wasser lief Ramons mittlerweile oben zu seinen wadenhohen Stiefeln hinein. Es stieg mit bestürzender Schnelligkeit, auch wenn hier die Strömung kaum zu spüren war. Die Zisterne war jetzt erfüllt von Gurgeln und Seufzen und Brausen. Er bückte sich und zog Adaliz auf die Beine. Sie lallte etwas, doch sie konnte sich nicht aufrecht halten und kam auch nicht weit genug zu Bewusstsein. Ramons hielt sie mit einem Arm fest.
    Er tastete nach oben, bis er den Ring fand, an dem die Fußkette Adaliz’ befestigt war. Er zog daran. Er versuchte sie aus dem Stein herauszuwinden. Er riss an den Ketten. Er stemmte sich mit einem Fuß an die Wand und zog daran, doch alles, was er erreichte, war, dass er abrutschte und Adaliz loslassen musste und der Länge nach ins Wasser fiel. Etwas berührte ihn sanft – der Leichnam von Bruder Azrael, den das Wasser vom Boden gehoben hatte. Es war, als zupfe der Tote an seiner Kleidung, um ihn zu holen. Als Ramons sich aufrappelte, ging ihm das Wasser bereits bis über die Knie. Der Tote trieb frei in dem langsamen Strudel, den das durch die Zisterne fließende Wasser bildete. Erneut zerrte er seine Tochter aus dem kalten Nass.
    »Die Fußfessel!«, hauchte Sariz. Ramons tastete herum, bis er Adaliz’ widerstandsloses Bein hochheben konnte. Sie sank über seine Schulter. Er packte die Kette und versuchte, die Kettenglieder und die Schelle auseinanderzuziehen. Seine Adern traten hervor. Die Kette gab nicht nach. Er stöhnte vor Entsetzen und beginnender Panik. Sariz begann langsam an der Wand nach unten zu rutschen.
    »Rette dich«, wisperte sie mit klappernden Zähnen.
    »Ich lasse euch nicht im Stich!«, heulte Ramons auf und zerrte und riss erneut wie ein Rasender an Adaliz’ Kette.
    »Lass Rogers nicht im Stich …«, sagte Sariz.
    Ramons blickte in ihr totenbleiches Gesicht, in ihre müden, resignierten Augen. »Nein«, flüsterte er. »Nein, nein, nein …«
    Das Wasser ging ihm jetzt bis zu den Oberschenkeln und war tief genug, um einen Sog zu entwickeln. Ramons taumelte. Er packte fester zu, als Adaliz abzurutschen drohte. Seine Kräfte schwanden, und schon begannen auch seine Zähne zu klappern. Bruder Azraels kopfloser Leib stupste ihn sanft. Hinter ihm wütete und platschte und spritzte das Wasser, das sich in der Zisterne drehte wie ein Mahlstrom.
    Plötzlich wurde ihm bewusst, dass ein Licht da sein musste, wenn er das Antlitz seiner Frau sehen konnte. Er spähte über die Schulter.
    Eine triefende, grinsende Gestalt mit einer blutenden Wunde auf der Stirn stand neben ihm, hielt eine Laterne in die Höhe, hob mit der anderen Hand eine schwere Holzfälleraxt aus dem Wasser und holte aus.
    33.
PORTA COELI
     

     
    »Der See kommt runter!«, schrie Wilbrand, als Rogers und Walter den Bürgermeister verständnislos anstierten. »Der Damm ist gebrochen!«
    Elsbeth sprang auf. Ihre Blicke kreuzten sich mit denen Rogers’.
    »Das Kloster!«, keuchte Rogers.
    »Die Leute!«, rief Elsbeth.
    Wer sich von Rudolfs Soldaten nicht ergeben hatte, lag reglos im Schlamm. Zwei der Soldaten knieten in einer Ecke, blutig geschlagen und die Arme seitlich ausgestreckt zum Zeichen, dass sie kapituliert hatten. Die ehemaligen Geiseln hatten Everwins und Wilbrands Warnrufe gehört und innegehalten. Hundert Augenpaare hingen weit aufgerissen an Elsbeth. Und dann schrie eine Frau auf, als plötzlich ein Schwall Wasser vom Durchlass zur Kirche her in den Kreuzgang schwappte. Der Lärm des Getümmels hatte bislang alle anderen Geräusche übertönt. Jetzt hörte man das Brausen und Donnern, das sich

Weitere Kostenlose Bücher