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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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»So weit wollen wir es doch nicht treiben, mein Junge. Der Mann, der dieses Wappen trägt, ist es, der mich beauftragt hat.«
    Rogers starrte das halb zerrissene Banner an. Ein flammendroter Löwe war darauf zu sehen. Sein Herz schlug nun so schnell, dass er keine Luft mehr bekam. Plötzlich warf er sich herum, machte einen Satz zum Zelt hinaus und stieß mit al-Mala’ika zusammen. Der Mann stellte ihm ein Bein, rang ihn zu Boden, verdrehte seinen Arm. Rogers ächzte und erstarrte in al-Mala’ikas erbarmungslosem Griff.
    »Sinnloser, sinnloser Stolz«, murmelte Al-Mala’ika. Einen lähmenden Moment lang dachte Rogers, das Messer des Mannes in der Kniekehle zu spüren und den Schmerz der lebenslangen Verkrüppelung. Doch dann wurde er nur auf die Beine gestellt und zu einem Pflock gezerrt, an dem eine Kette angebracht war.
    »Fessle ihn und lass ihn bewachen«, rief Guilhelm von drinnen. »Eine Nacht im Freien schadet ihm nicht.«
    11.
WIZINSTEN
     

     
    Das Getrommel und Gepfeife des Hochzeitszuges vermischte sich mit dem Rauchgeruch aus den Kaminen und dem Gestank der Fackeln und füllte die Düsternis der Mühlgasse. Sowohl Rudeger als auch Johannes Wilt hatten es sich nicht nehmen lassen, den Weg durch die unmittelbare Nachbarschaft zu wählen. Die Bewohner hier, vor allem die im südlichen Teil der Gasse, die sich ansonsten dicht an die Stadtmauer gedrängt vom Rathaus bis zum Kloster im Nordwesten der kleinen Stadt hinzog, sollten sehen, dass man es zu etwas bringen konnte, selbst wenn man in diesem Teil Wizinstens lebte. Die Mühlgasse war den Handwerksbetrieben vorbehalten; nicht den eindrucksvollen, wie dem Schmied oder den Zimmerleuten, sondern den Kupferschlägern, Gerbern, Walkern, Riemenschneidern, Beutelmachern, Schustern und dergleichen. Dicht beim alten Mühltor, das jetzt das Rathaus beherbergte, hatte eine Mühle gestanden, die man bei der Stadterweiterung versetzt hatte und die sich jetzt direkt neben dem Neutor über der Stelle erhob, wo der Stadtgraben wieder auf den Lauf der Swartza traf. Sie hatte der südlichen Mühlgasse dennoch einen schlechten Ruf verliehen – wo Mühlen standen, ging es nie mit rechten Dingen zu, und ein Müller war entweder mit dem Teufel im Bund oder ein ganz normaler Betrüger. Die nördliche Mühlgasse genoss demgegenüber ein etwas höheres Ansehen, was damit zu tun hatte, dass sie direkt vor dem Klostertor endete; wie im Übrigen auch die Klostergasse – die Hauptstraße Wizinstens – und die Fischergasse, die noch schäbigere Häuser besaß.
    Johannes Wilts Haus stand im nördlichen Teil der Mühlgasse, nur durch die alte Werkstatt vom Haus Rudegers getrennt. Sie waren bei weitem die erfolgreichsten Unternehmen der Gasse, und so war der Weg des Brautpaares von der Hochzeitsfeierlichkeit bis hin zu ihrem nun gemeinsamen Heim beinahe obligatorisch. Den Nachbarn musste vor Augen geführt werden, dass es angebracht war, Neid zu empfinden.
    Constantia nickte hierhin und dorthin. Ihr Gesicht wirkte hochmütig, doch das lag nur daran, dass ihre einzige Empfindung Angst war und dass sie krampfhaft versuchte, dies zu verbergen.
    Die Feier war ohne weitere Zwischenfälle zu Ende gegangen. Irgendwann war Meffridus Chastelose verschwunden, nicht ohne sich ausgesucht höflich zu verabschieden, und Constantias Beklommenheit über seine Anwesenheit hatte sich gelegt. Das hatte einer neuen Sorge Raum gegeben, sich zu entfalten – der Sorge vor der Hochzeitsnacht.
    Das Problem war technischer Art, aber es hatte nichts mit dem »Wie« zu tun. Constantia hatte von ihrer Mutter eine reichlich konfuse Aufklärung über die Vorgänge im Ehebett erhalten, doch zu diesem Zeitpunkt hatte sie schon längst gewusst, was Guda auf gewundenen Pfaden und mit einer Menge verunglückter Vergleiche zu schildern versuchte. Obwohl sie seit Jahren Abstand zu den anderen jungen Mädchen in der Mühlgasse bewahrt hatte, waren einige Freundschaften doch nicht ausgeblieben, und junge Mädchen fanden immer einen Weg, der elterlichen Aufsicht zu entkommen und im Sommer in einem ausgehöhlten Heuschober versteckt Informationen auszutauschen. Wie ging das mit dem Küssen? Wo berührte man sich, um die Sünde der Selbstbefleckung zu begehen? Wie hatte das Ding des Knechts ausgesehen, heimlich beobachtet, als dieser gegen einen Baumstamm pinkelte? Und wie hatte es sich angefühlt, nachdem der Knecht die verstohlene Beobachterin entdeckt und eingeladen hatte, dem Augenschein etwas Praxis

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