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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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hätte, und er wusste, dass sein Vater, Graf Ramons, der gleiche Sturkopf gewesen wäre. Es war keine wirkliche Schande für einen Ritter, zu drei Vierteln gelähmt oder zu vier Fünfteln tot zu sein. Eine Schande hingegen war es, wenn man sich aufgrund seines Zustands in einem Karren transportieren ließ. Rogers hatte von Männern gehört, die noch von den Wägen heruntergekrochen waren, auf denen man sie zu einem Arzt hatte bringen wollen, und lieber neben dem Weg gestorben waren.
    Noch etwas war zur Gewohnheit geworden – das Reisen in einem großen Verband. Zwei Reisegruppen hatten sich ihnen angeschlossen, obwohl Guilhelms Truppe so schnell unterwegs war, dass sie die beiden Gruppen eingeholt hatten. Die neuen Weggefährten, denen nach kurzem Palaver erlaubt worden war, sich anzuschließen, nahmen das erhöhte Tempo ohne Murren in Kauf. al-Mala’ikas Männer sahen so aus, als würden sie mit jeder Gefahr fertig, die ihnen begegnete, und wer lange genug auf den Straßen der Welt unterwegs war, der war an merkwürdigere Dinge gewöhnt als an einen fetten Mann, der in einem Holzgerüst auf einem Pferdesattel hin und her schaukelte und einen verwahrlosten Gefangenen mit sich führte.
    Tatsächlich hatten die Anführer der beiden Gruppen ebenfalls Gefangene bei sich. Rogers bedauerte, dass er keine Möglichkeit hatte, mit ihnen zu sprechen. Die Gefangenen der einen Gruppe waren Walter Longsword und Godefroy Arbalétrier, die Gruppe selbst bestand aus dem Perser und seinen Leibwächtern. Wie es schien, hatten die Vorfälle in dem Dorf, das zwei Tagesreisen hinter ihnen lag, den Perser darin bestärkt, dass er aus seinen Vorzeigeobjekten weiteren Gewinn schlagen konnte. Immerhin gab es nun eine neue Geschichte zu erzählen – dass die Franken derartige Ungeheuer waren, dass einer von ihnen sich befreit und in einem Dorf ein Blutbad angerichtet hatte. Zweifellos hatte er bereits Ketten bereitgelegt, in denen Walter und Godefroy von nun an präsentiert wurden und noch größere Aufmerksamkeit erregten. Rogers bedauerte von Herzen, seinen ehemaligen Kameraden unfreiwillig diese zusätzliche Unbequemlichkeit angetan zu haben, und wünschte sich, er hätte wenigstens mit ihnen sprechen können. Die Gefangenen wurden separat gehalten, aber wenigstens konnten sie sich ab und zu Blicke zuwerfen. Zu seiner Beschämung las Rogers in den Augen Walters und Godefroys mehr Sorge um ihn, als die Männer für sich selbst spürten. Es verursachte ihm einen Kloß im Hals und eine widersinnige Sehnsucht danach, weiterhin mit ihnen zusammen eines der Schaustücke des Persers zu sein.
    Dass die zweite Reisegruppe möglichst für sich blieb, erleichterte Rogers insgeheim, obwohl er sich wegen seiner Feigheit Vorwürfe machte. Aber was hätte er schon tun können? Diese Gruppe bestand aus dem Kaufmann, der Alice de Chacenay gekauft hatte, und seinen Begleitern. Alice war die einzige Frau. Rogers wollte gar nicht wissen, was in dem Zelt, das Alices Herr ein Stück abseits aufzuschlagen pflegte, Nacht für Nacht geschah.
    Er sah auf, als al-Mala’ika das Pferd neben das seine lenkte. Der Mann musterte ihn. Rogers sah zu seinem Horror, dass er in der rechten Hand ein kleines Messer hielt.
    »Es heißt, hier treiben sich Räuberbanden herum«, erläuterte al-Mala’ika. »Falls wir überfallen werden, könnte dich das auf dumme Gedanken bringen. Daher ist es das Beste, ich schneide dir wirklich die Kniekehlen durch, dann kannst du wenigstens nicht weglaufen. Ich habe bereits mit Guilhelm darüber gesprochen.« Al-Mala’ika zeigte ein Grinsen, das keinerlei Freude widerspiegelte.
    Es ist nicht nötig! , wollte Rogers rufen. Ich kann mein Ehrenwort geben, dass ich nicht fliehen werde! Stattdessen hörte er, wie sein Mund sagte: »Pass auf, dass du dich nicht in den Finger schneidest. Das kann sich leicht entzünden unter diesen Umständen, und dann müssen wir dich am Ende noch pflegen.«
    »Von Guilhelm habe ich mir sagen lassen, dass euresgleichen versucht, immer ernst und würdig aufzutreten. Du scheinst mir ein bisschen aus der Art geschlagen.«
    »Du scheinst mir ein bisschen respektlos dafür, dass Guilhelm dein Herr ist. Ist euresgleichen nicht immer so besonders höflich zu Höherstehenden?« Rogers machte eine unbeholfene Geste mit seinen gefesselten Händen.
    Al-Mala’ika vollführte die Geste so, wie es sich gehörte, und lächelte. »Herr«, sagte er. »Effendi. Aa. Bey. Pascha. Sire. Seigneur. Mossenher. Mylord. Majestät. Der

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