Die Pforten der Ewigkeit
gleichzeitig.
»Wir fränkischen Ungeheuer sind schwer totzukriegen«, antwortete Rogers in der Sprache des Mannes.
Godefroy starrte dem Mann genauer ins Gesicht, musterte seine hatta , den bunten Mantel, die teuren Stiefel, das Waffenarsenal in seinem Gürtel. »Hol mich der Teufel«, stieß er hervor.
»Wollt ihr da unten bleiben, oder beehrt ihr uns mit eurer Anwesenheit, fränkische Ungeheuer?«, fragte der vermeintliche Dorfheld.
Sie krochen unter dem Wagen heraus. Bis auf Guilhelm waren alle Verteidiger tot. Alice de Chacenays Besitzer war von einem halben Dutzend Pfeile an die Wagenseite genagelt worden. Dass er nach seinem Schwert gegriffen hatte, musste ein letzter Todesreflex gewesen sein. Die Angreifer waren ein knappes Dutzend, doch dann kam noch eine Handvoll aus der sich langsam senkenden Staubwolke herbei und führte Pferde an den Zügeln. Über einem der Pferde lag etwas wie ein vollgestopfter Sack und jammerte schrill. Walter und Godefroy sahen sich an und grinsten. Der Jammerlappen war der persische Händler. Die Angreifer zerrten ihn vom Sattel und ließen ihn ungerührt neben Guilhelm auf den Boden plumpsen.
Die Banditen machten keinerlei Anstalten, Rogers’, Walters und Godefroys Fesseln zu lösen. Als Rogers die zusammengebundenen Hände nach einem Schwert ausstreckte, grinste der vor ihm stehende Bandit nur und trat die Waffe weg.
»Ich schätze, ihr habt uns befreit«, sagte Rogers zum Anführer der Banditen.
»Ich schätze, wir haben euch übernommen«, erwiderte dieser und fuhr mit dem Finger über eines der Bänder, die die Handgelenke der Männer an das Wagenrad fesselten. »Eine Transaktion, wenn du so willst.«
Der Perser blickte auf und begann erneut zu klagen. Einer der Banditen bückte sich, packte ihn an den Haaren und zog seinen Kopf zurück. Der Perser verstummte. Seine Augen traten aus den Höhlen. Ein Messer presste sich an seine Kehle.
»Was sollen wir mit ihm tun?«, fragte der Anführer der Banditen.
»Verschont ihn«, sagte Rogers. »Irgendwie verdanken wir ihm letztlich unser Leben.«
Der Perser sank erleichtert wimmernd zu Boden. Der Anführer der Banditen hob erneut eine Braue. Rogers wies auf Guilhelm.
»Er hatte eine Bedeckung von fast einem Dutzend Männern dabei, unter dem Kommando eines Kerls, der sich al-Mala’ika nannte.«
Der Anführer der Banditen zuckte mit den Schultern. »Die wir nicht erwischt haben, sind auf der Straße davongeritten, so schnell sie konnten.«
Seine Männer hatten damit begonnen, die Waffen der Toten einzusammeln und die Leichen nach Wertsachen zu durchsuchen. Guilhelm ächzte leise, verbiss sich aber jedes Wort.
»Mein Name ist Rogers; meine Gefährten sind Walter Longsword und Godefroy Arbalétrier«, sagte Rogers und deutete eine Verbeugung an. Der Anführer der Banditen gab seinen Blick halb amüsiert, halb überheblich zurück und schwieg. Rogers zuckte mit den Schultern. »Ich kann dich natürlich auch ›He, du da‹ nennen oder dich mit irgendeinem fränkischen Schimpfnamen belegen, den du nicht verstehst.«
»Ich kann dir auch die Zunge herausschneiden lassen, um dem vorzubeugen.«
»Stimmt«, sagte Rogers. »Das kannst du natürlich tun.«
»Meine Männer nennen mich Abu Turab.«
Rogers dachte ein paar Herzschläge lang nach. »›Der Vater des …‹«
»Staubs«, sagte Abu Turab und grinste.
Rogers musterte die Lederlappen an den Stiefeln der Banditen. »Wie passend.«
Abu Turab deutete auf den Wagen. »Was ist da drin?«
Rogers zögerte nur kurz. »Eine Frau«, sagte er dann. »Sie war die Sklavin von ihm dort. Er hat sie in dem Dorf gekauft, in dem du uns gesehen hast. Sie ist eine Adlige aus meinem Volk und hierhergekommen, um ihren Mann aus der Gefangenschaft der Mameluken zu befreien.«
»Ich hatte erwartet, dass du lügen würdest, Franke.«
»Ich hatte erwartet, dass du das erwarten würdest, Vater des Staubs.«
Sie sahen sich an. Abu Turab lachte plötzlich. »Wir sind euch seit gestern gefolgt und haben euch beob…«
Der Bandit verstummte. Seine Männer strafften sich. Rogers hörte es auch – das Donnern von Pferdehufen, das sich näherte.
»Al-Mala’ika!«, stieß er hervor.
14.
AUF DER STRASSE NACH DAMIETTA
Es war beinahe wie ein schlechter Traum, in dem sich immer die gleichen Abläufe wiederholten. Die Banditen zogen ebenso wie vorher Guilhelm einen Verteidigungsring um den Wagen, und Rogers, Walter und Godefroy nahmen erneut Deckung darunter. Diesmal waren sie nicht
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