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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Narren zu töten. Tot wären wir dann beide. Und was hätte irgendjemand davon?«
    Der Wachhauptmann kämpfte mit sich.
    »Ich gewähre allen freien Abzug. Bis auf Graf Anshelm und seinem Sohn Hertwig.«
    Der Wachhauptmann schwitzte. Seine Blicke flackerten zu Anshelm und zurück.
    »Graf Anshelm ist nicht mehr der Herr. Ich bin jetzt der Herr. Entscheide dich!«
    Die Armbrust zitterte. Endlich sank der Lauf nach unten. »Ich muss die Herrin fragen«, presste der Wachhauptmann hervor.
    »Tu das«, erwiderte Rudolf und machte eine elegante Handbewegung.
    Der Wachhauptmann verschwand vom Wehrgang. Rudolf wandte sich an den Sergeanten, ohne sich umzusehen. »Fessle den Grafen und bring ihn in mein Zelt. Und sieh zu, dass der Wachhauptmann den morgigen Sonnenaufgang nicht mehr erlebt. Niemand nennt mich einen ehrlosen Hund.«
    »Er wird den heutigen Sonnenuntergang nicht mehr erleben, Herr.«
    »Sehr engagiert. Du wirst es weit bringen.«
    Die Sonne stand noch immer hoch, als die Besatzung der Burg aus dem Tor trat, angeführt von Gräfin Jonata. Ihre beiden Töchter folgten ihr, und diesen wiederum die Kinder der Bediensteten und der Burgknechte. Das Gesinde machte den Abschluss, und die Wachen schritten links und rechts daneben her, wie Schäferhunde, die eine Herde zusammenhalten. Die Bogenschützen hatten die Sehnen ausgehakt, die Armbrüste wurden entspannt in den Händen getragen, die Schwerter steckten in den Scheiden. Gräfin Jonata war offenbar gewillt, einen letztmöglichen Zwischenfall unter allen Umständen zu vermeiden.
    Rudolf war überrascht, wie viele Menschen tatsächlich die Belagerung durchgestanden hatten. Insgeheim fragte er sich, ob er bei einer Erstürmung Stalebercs nicht den Kürzeren gezogen hätte. Die Gräfin stellte sich vor ihm auf und sah ihm in die Augen. Er verbeugte sich, so elegant er konnte.
    »Wenn Ihr nicht meinen Mann in der Gewalt hättet und wenn es nicht wegen der Kinder wäre …«, begann sie kalt.
    »Ich weiß, ich weiß, Teuerste – dann hättet Ihr Euch nie ergeben. Ich freue mich, dass die Vernunft gesiegt hat.«
    »Wo ist mein Mann?«
    »Er … unterstützt mich noch eine Weile bei der Übernahme meines neuen Besitzes.« Rudolf wies auf die Burg, in die bereits die ersten seiner Männer spazierten, mit misstrauischen Blicken und die Bogen schussbereit. »Ihr werdet ihn bald wiedersehen.«
    »Ich würde Euer Ehrenwort verlangen, aber ich ahne, dass Ihr diesen Begriff nicht kennt.«
    »Ihr unterschätzt mich, Teuerste«, sagte Rudolf. Er sah sich demonstrativ suchend um. »Wo ist Euer Sohn?«
    »Ihr wisst, dass er nicht hier ist.«
    »Ich weiß, was jeder mir zu sagen versucht, und ich weiß, was ich mit eigenen Augen gesehen habe. Ich weise Euch darauf hin, dass meine Männer den versteckten Ausgang durch die Höhle am Fuß des Berges schon vor Wochen gefunden und besetzt haben und dass die Burg Tag und Nacht unter Bewachung stand, seit ich hier bin. Hertwig kann sich vielleicht irgendwo in einem geheimen Raum verstecken, aber wenn er nicht herauskommt, wird er dort drin verhungern und verdursten. Ich schlage ihm vor, er stellt sich wie ein Mann.«
    »Schon wieder etwas, von dem Ihr keine Ahnung habt.«
    Rudolf zog es vor, nicht zu antworten. Seine Rechte klammerte sich um den Griff seines Schwertes, das noch immer in der Scheide steckte, damit sie keine Gelegenheit bekam, Gräfin Jonata ins Gesicht zu schlagen. Die Gräfin sah in Rudolfs Augen und dann auf seine weißen Knöchel, dann lächelte sie geringschätzig. »Mein Sohn ist nicht hier.«
    Rudolf hatte nicht erwartet, dass es einfach sein würde, aber er erkannte nun, dass er gehofft hatte, Hertwig würde ihm weitere Mühen ersparen. Für den Mann und das Geheimnis, das er mit sich trug, hatte Rudolf gegen jedes Reichsgesetz verstoßen, den Frieden gebrochen, Unsummen von Geld ausgegeben und einen Besitz erobert, der ihn nicht interessierte und um den er sich niemals kümmern würde. Sein Hass auf Hertwig von Staleberc verkrampfte all seine Muskeln, und dahinter lauerte der ewige, absolut blinde, größte Hass von allen, der Hass auf einen toten Mann, der ihn noch auf dem Sterbebett übertölpelt hatte.
    »Ich will Euch erzählen, wie es war, als Kaiser Federico starb«, flüsterte er erstickt. »Vielleicht wisst Ihr es ja schon von Eurem Sohn, aber ich will es Euch von meiner Warte aus schildern.«
    Er schluckte unwillkürlich, weil Gefühle in ihm aufwallten, die es unmöglich machten, weiterzusprechen. Gräfin

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