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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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brutal war. Das Haltetau begann sich bereits aufzufasern.
    »Hast du sie ans Ziel gebracht?«, fragte Rudolf.
    Der Sergeant nickte. Seine Tunika war nass, als habe er sie schmutzig gemacht und dann irgendwo mit Wasser gesäubert.
    »Auslösen«, sagte Rudolf.
    »Wie bitte, Herr?«
    »Löst die Blide aus.«
    Der Sergeant zuckte mit den Schultern, dann trat er neben die riesige Schleuder und schlug den Haltebolzen, der das Tau hielt, aus der Verankerung. Das Gegengewicht kam herab, der Arm schwang herum, die Schlinge löste sich, ein grob zubehauener Stein flog durch die Dämmerung und traf genau den Tisch mit den zwei Hockern, die immer noch vor der Burgmauer standen. Splitter wirbelten durch die Luft, Staub explodierte in die Höhe. Der Stein sprang davon und gegen die Mauer. Es war ein Schlag, den man bis in die Eingeweide spürte. Wo der Tisch gestanden hatte, war ein flacher Krater, darum herum Bruchstücke, auf die der Staub niedersank.
    »Ziehen wir ab«, sagte Rudolf. »Unsere Arbeit hier ist beendet.«
    4.
IN DEN HASSBERGEN
     

     
    Es hatte dreier Wochen Vorbereitung bedurft, bis Elsbeth und Reinhild wieder aus Papinberc aufbrechen konnten. Diesmal waren sie froh um den Wald, unter dessen Dach sie marschierten. Der Besitz von Hedwigs Familie lag drei Tagesreisen von Papinberc entfernt, weit nördlich von Wizinsten in den Haßbergen. Die Landschaft stieg von Papinberc her flach an und bestand, anders als der Steygerewalt, aus vielen aufeinanderfolgenden und ineinander verschachtelten, sanften Höhenrücken, deren Kuppen und Nordhänge mit dichtem Wald bestanden waren. Eine Vielzahl von Bächen floss hindurch. Die vielen Dörfer und Weiler hatten dafür gesorgt, dass es jede Menge Stege über diese Bäche gab, so dass die Straße sich auf halber Höhe die Hänge entlangschlängelte, statt wie im Steygerewalt jede Steigung und jedes Gefälle mitnehmen zu müssen, um den Wasserläufen auszuweichen. Der Wald wiederum war Hochwald, auf dessen Boden Moospolster gigantische Teppiche bildeten und die Luft kühlten; der Schatten war licht, und Hunderte von übereinandergerutschten, moosbewachsenen und von Bäumen bestandenen Basaltblöcken bildeten Rastplätze, an denen man sowohl vor der Sonne als auch vor Regen geschützt war.
    Selbst die Gruppe Benediktinermönche, die auf der Reise von Papinberc zum Kloster Sankt Peter und Paul in Coburc waren und denen sich Elsbeth und Reinhild angeschlossen hatten, schienen es nicht eilig zu haben, die Gegend zu verlassen, und die Behäbigkeit ihrer Wanderung begann Elsbeth nach dem Mittag des zweiten Tages auf die Nerven zu gehen. Sie war erleichtert, sich von den Brüdern verabschieden zu können, auch wenn es bedeutete, dass sie den größten Teil des dritten Tages alleine unterwegs waren. Die Gegend wurde hier einsamer, die Felsblöcke höher und der Wald dichter, und an manchen Stellen sahen die Felsformationen aus, als wären sie Burgen aus grauer Vorzeit, in denen die Opferfeuer der heidnischen Priester gebrannt hatten und wo man zu den Geistern der Quellen und Bäume gebetet hatte anstatt zu Jesus Christus. Die Straße war holprig und hatte sich da und dort über Hunderte von Schritten als Hohlweg in den Boden eingegraben, so dass es den beiden Nonnen schien, als wären sie plötzlich winzig geworden und müssten sich unter den Wurzeln der Bäume hindurchkämpfen. Die Luft war stickig in den Hohlwegen; in den Rillen der Straße trocknete das Wasser niemals ganz aus. Manche der Pfützen wimmelten von Leben, andere waren vollkommen still und spiegelten die Baumkronen weit, weit über ihnen, so dass sie wie Löcher in der Realität wirkten.
    »Ich bin froh, dass wir heute Nacht bei Hedwigs Familie ein Dach über dem Kopf bekommen«, sagte Reinhild. »Stimmt es wirklich, dass Hedwigs Vater so wohlhabend ist?«
    »Er ist einer der wenigen freien Edelmänner in dieser Gegend, soweit ich weiß. Die meisten sind Ministerialen oder Lehensnehmer des Bistums Virteburh, aber Hedwigs Familie ist über Generationen hinweg kaisertreu geblieben, obwohl das restliche Land hier eigentlich dem Bischof von Virteburh gehört. Eine solche Stellung kann man nur behaupten, wenn man über sehr viel Mittel verfügt.«
    »Was ist ihr Vater für ein Mann?«
    »Ich habe ihn nie kennengelernt.«
    »Wie weit ist es noch?«
    »Unsere Mutter Oberin hat gemeint, wir müssten die Burg in zweieinhalb Tagen erreichen können. Rechnen wir die Langsamkeit unserer Brüder in benedicto mit ein, der wir die

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