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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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die jedesmal einen tiefen, die dicke, warme Luft durchdringenden Ton von sich gab. Er hockte mit geschlossenen Augen da, und ein angedeutetes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als würde er träumen, aber der Rhythmus blieb immer derselbe.
    Neben ihm stand ein weiterer Mann in Militärkluft, der in der rechten Hand eine lange Peitsche hielt. Als er mich sah, starrte er mich finster an und ließ seine Peitsche durch die Luft knallen, als wolle er mich damit beeindrucken. Die Sklaven in seiner Nähe zuckten zusammen, einige stöhnten auf, als wenn eine Welle von Schmerz über sie hinweg gespült wäre.
    Ich hielt mir die Decke vor Mund und Nase, um den Gestank abzumildern. Wo das Licht der Laternen durch das Gewirr von Bänken und angeketteten Gliedmaßen drang, erkannte ich eine trübe Brühe aus Kot, Urin, Erbrochenem und faulen Essensresten, die durch die Bilge schwappte. Wie konnten die Männer das nur ertragen? Gewöhnten sie sich mit der Zeit daran, wie sie sich an Hand- oder Fußfesseln gewöhnten? Oder ekelte es sie noch immer genauso an wie mich in diesem Moment?
    Es gibt orientalische Sekten, die für die Schatten der Missetäter einen Ort ewiger Strafe postulieren. Ihre Götter geben sich nicht damit zufrieden, einen Menschen auf dieser Welt leiden zu sehen, sie verfolgen ihn auch in der nächsten noch mit Folter und Feuer. Davon weiß ich nichts, doch ich weiß, wenn es auf dieser Welt einen Ort der Verdammnis gibt, dann den Rumpf einer römischen Galeere, wo Männer sich im Gestank ihres eigenen Schweißes, ihres Erbrochenen und ihrer Exkremente zu Krüppeln schuften und sich gegen den manischen, endlosen Pulsschlag der Trommel abquälen. Zum bloßen Treibstoff reduziert, ausgebrannt, leergesaugt und gedankenlos weggeworfen zu werden, muß mindestens so grausam sein wie eine Strafe, die sich ein Gott ausdenken konnte.
    Man sagt, daß die meisten Männer nach drei bis vier Jahren auf der Galeere sterben, Glücklichere auch schon früher. Ein Gefangener oder ein des Diebstahls für schuldig befundener Sklave wird lieber in den Minen arbeiten oder als Gladiator im Cirkus kämpfen, als auf einer Galeere zu dienen. Von all den grausamen Todesurteilen, die einen Menschen treffen können, gilt der Sklavendienst auf einer Galeere als das brutalste.
    Der Tod kommt gewiß, aber erst nachdem das letzte bißchen Kraft aus dem Körper eines Menschen herausgepreßt, sein letzter Rest an Würde von Qual und Verzweiflung abgeschliffen ist.
    Auf einer Galeere werden Menschen zu Monstern. Manche Kapitäne lassen die Positionen der einzelnen Sklaven nie rotieren. Ein Mensch, der Tag für Tag, Monat für Monat auf der selben Seite rudert, entwickelt, vor allem, wenn er an den großen Rudern eingesetzt wird, auf einer Seite des Körpers gewaltige Muskeln, die im Vergleich zu seiner anderen Körperhälfte völlig unverhältnismäßig wirken. Gleichzeitig wird er aus Mangel an Sonnenlicht blaß wie ein Fisch. Gelingt einem solchen Mann die Flucht, ist er an seiner Mißbildung jederzeit mühelos zu erkennen. Ich habe einmal beobachtet, wie ein Trupp privater Wachleute einen solchen Mann in der Subura nackt und schreiend aus einem Bordell zerrte. Eco, damals noch ein kleiner Junge, war entsetzt und brach, nachdem ich ihm die Sache erklärt hatte, in Tränen aus.
    Auf Galeeren werden Menschen jedoch auch zu Göttern.
    Crassus, falls er tatsächlich der Eigentümer dieses Schiffes war, achtete darauf, seine Rudersklaven rotieren zu lassen, oder er verbrauchte sie einfach schneller als die meisten anderen, denn ich konnte keine mißgebildeten Körper erkennen. Statt dessen sah ich junge Männer mit gewaltigen Brustkörben, Schultern und Armen und dazwischen auch einige ältere Überlebende mit noch massigeren Körpern - eine Mannschaft bärtiger Apollos mit dem einen oder anderen ergrauten Hercules, zumindest vom Hals an abwärts. Denn darüber waren ihre Gesichter nur allzu menschlich, verhärmt von Sorge und Leid.
    Als ich meinen Blick von Gesicht zu Gesicht wandern ließ, wandten die meisten Männer die Augen ab, als würde mein Blick sie genauso verletzen wie ein Schlag des Einpeitschers. Einige wagten es jedoch, ihn zu erwidern. Ich sah Augen stumpf von endloser Arbeit und Monotonie, Augen voller Neid auf einen Mann, der die schlichte Freiheit besaß, nach Belieben umherzulaufen, sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen oder sich nach Verrichtung der Notdurft zu säubern. In manchen Augen lag auch lauernde Angst oder

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