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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Schlauch gewässerten Wein und eine harte Brotkruste vor -, aber der Besitzer dieses Schiffes hat immer nur das Beste auf Lager oder das, was ihm die Händler als das Beste verkaufen, sprich das Teuerste. Nach dem Essen kannst du dann wieder ein langes Verdauungsschläfchen halten.« Er lachte. »Das solltest du auch, denn wenn du aufbleibst, stehst du ohnehin nur im Weg rum. Passagiere auf einem Schiff sind ziemlich nutzlos. Es gibt für sie nichts zu tun. Du kannst dir also ruhig vorstellen, du wärst ein Getreidesack, dir ein stilles Plätzchen suchen und Schimmel ansetzen. Jetzt komm.«
    Indem er das Thema gewechselt hatte, hatte Marcus Mummius sich um das Eingeständnis herumgedrückt, daß das Ziel unserer Fahrt tatsächlich Baiae war, und ich sah keinen Sinn darin, ihn in diesem Punkt weiter zu bedrängen. Ich wußte es bereits, und mittlerweile beschäftigte mich eine weit wichtigere Frage. Ich begann nämlich einen Verdacht zu hegen, wer mein mysteriöser Auftraggeber war. Wer konnte sich derart aufwendige Transportmittel für einen kleinen Mietling überhaupt leisten, noch dazu einen so übel beleumundeten wie Gordianus den Sucher? Pompejus hätte die entsprechende Finanzkraft sicherlich aus einer bloßen Laune heraus aufbringen können, aber Pompejus war in Spanien. Wer sonst also, wenn nicht der Mann, der als der reichste lebende Römer galt oder sogar der reichste Römer aller Zeiten... Aber was konnte Marcus Licinius Crassus von mir wollen, wo er doch ganze Städte voll Sklaven besaß und sich die Dienste jedes Freien leisten konnte, den er sich nur wünschte?
    Ich hätte Mummius mit weiteren Fragen bedrängen können, doch ich entschied, seine Geduld fürs erste genug auf die Probe gestellt zu haben. Ich folgte ihm nach oben an die Nachmittagssonne, und mit der kräftigen Seeluft stieg mir der Duft von geröstetem Lamm in die Nase. Mein Magen knurrte wie ein Löwe, und ich ließ meine Neugier Neugier sein, um einen weit drängenderen Hunger zu stillen.
    Wenn Mummius glaubte, daß mich die untätige Reise auf der Furie langweilen würde, irrte er, zumindest solange es noch hell war. Die sich fortwährend verändernde Küste Italiens, die über uns kreisenden Möwen, die Arbeit der Matrosen, das Spiel des Sonnenlichts auf dem Wasser, die Fischschwärme direkt unter der Wasseroberfläche, die frische, strenge Seeluft, die nicht mehr nach Sommer, aber auch noch nicht nach Herbst schmeckte - all das war mehr als genug, um mich zu beschäftigen, bis die Sonne unterging.
    Eco war regelrecht in Bann geschlagen. Alles faszinierte ihn. In der Dämmerung gesellte sich ein Delphinpaar zu uns und schwamm bis weit nach Einbruch der Dunkelheit neben unserem Schiff, immer wieder aus dem gischtigen Kielwasser herauf- und aufs neue hinabtauchend. Manchmal schienen sie zu lachen wie Menschen, und Eco imitierte das Geräusch, als spräche er ihre geheime Sprache. Als sie schließlich ein letztes Mal in der Gischt verschwanden, ging er lächelnd zu Bett und schlief sofort ein.
    So viel Glück war mir nicht vergönnt. Nachdem ich fast den ganzen Tag über geruht hatte, stand mir eine schlaflose Nacht bevor. Eine Weile genoß ich den Blick auf die im Schatten liegenden Küstenstriche und das Glitzern der Sterne auf dem Wasser ebenso sehr wie am hellen Nachmittag, aber dann wurde der Abend kühler, und ich legte mich in mein Bett. Marcus Mummius hatte recht: Es war zu weich, oder die Decke war zu kratzig, das blasse Sternenlicht, das durch das Bullauge fiel, zu hell, oder die Nachahmungen des Delphinlachens, die Eco im Schlaf von sich gab, quälten meine Ohren. Ich konnte jedenfalls nicht einschlafen.
    Und dann hörte ich die Trommel. Das Geräusch kam von irgendwo unten, ein hohler, dröhnender Schlag, langsamer als mein Puls, aber genauso regelmäßig. In der Nacht zuvor war ich zu erschöpft gewesen, ihn zu bemerken, aber jetzt konnte ich ihn nicht mehr überhören. Es war der Trommelschlag, der die Rudersklaven unter Deck zur Arbeit antrieb und den Rhythmus vorgab, der das Schiff näher und näher nach Baiae brachte. Je mehr ich versuchte, das Geräusch zu Ignorieren, desto lauter schien es durch die Planken zu dringen, dumpf pochend, wummernd und dröhnend. Je länger ich mich hin und her wälzte, desto weiter wich der ersehnte Schlaf.
    Ich ertappte mich bei dem Versuch, mich an das Gesicht von Marcus Licinius Crassus zu erinnern, den reichsten Mann Roms. Ich hatte ihn hundertmal auf dem Forum gesehen, doch seine Züge

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