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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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von uns erlernten und tradierten Wissens.«
    »Auf meinen Reisen bin ich selbst solchen Kräutern begegnet oder habe davon gehört. Ophiusa, Thalassaegle, Theangelis, Gelotophyllis, Mesa -«
    Sie schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht. »Ophiusa stammt aus dem fernen Äthiopien, wo man es Schlangenkraut nennt; man sagt, es sei so schrecklich anzusehen wie die Visionen, die es heraufbeschwört. Für derlei Horror hat die Sibylle keine Verwendung. Thalassaegle ist genauso exotisch und herb; ich habe gehört, daß es nur entlang des Indus wächst. Alexanders Männer nannten es >Meeresleuchten< und machten die Erfahrung, daß es sie wirr reden und blendende Visionen erleben ließ. Theangelis kenne ich. Es wächst in den Hochlagen Syriens, Kretas und in Persien; die Magi tauften es den >Boten der Götter< und trinken es, um die Zukunft vorherzusagen. Gelotophyllis gedeiht in Baktrien, wo es die Eingeborenen Lachblätter nennen; es erhellt nicht, sondern berauscht nur. Glaube mir, du hast keines der erwähnten Kräuter inhaliert.«
    »Und was ist mit Mesa? Eine Art Hanfpflanze, soweit ich weiß, mit einem starken Aroma -«
    »Du bringst mich noch zur Verzweiflung, Gordianus. Willst du deine Zeit und deinen Atem verschwenden, nur um deine eitle Neugier zu befriedigen?«
    »Du hast recht, Iaia. Dann kannst du mir vielleicht sagen, warum du in der ersten Nacht meines Aufenthalts in der Villa diese häßliche kleine Statue in mein Bett gelegt hast.«
    Sie schlug die Augen nieder. »Das war eine Prüfung, die nur eine Initiierte verstehen könnte.«
    »Doch ungeachtet dessen, wie diese Prüfung im einzelnen funktioniert, habe ich sie bestanden.«
    »Ja.«
    »Und dann hast du mir eine Nachricht hinterlassen, in der du mir geraten hast, die Sibylle zu konsultieren.«
    »Ja.«
    »Aber warum?«
    »Die Sibylle war bereit, dich zu Zenos Leiche zu führen.«
    »Weil die Sibylle dachte, daß ich annehmen könnte, daß Alexandros demselben Schicksal zum Opfer gefallen und seine Leiche vom See verschlungen worden war? Diese Möglichkeit habe ich tatsächlich erwogen; schließlich waren zwei reiterlose Pferde zum Stall zurückgekehrt. Ich hätte heimkehren, Crassus Bericht erstatten und ihm raten können, die Suche nach Alexandras abzublasen.«
    »Und warum hast du das nicht getan?«
    »Weil ich beobachtet hatte, wie Dionysius Olympias gefolgt war, und gesehen hatte, wie Olympias mit einem leeren Korb von der Meereshöhle zurückkehrte. Da kam mir zum ersten Mal der Gedanke, daß sich Alexandras hier in Cumae versteckt halten könnte. Aber sag mir eins, Iaia, hast du mich zu Zenos Leiche geführt, um mich von meiner Fährte zu locken?«
    Iaia breitete die Hände aus. »Die Wege der Sibylle sind verschlungen; selbst wenn der Gott die Wünsche eines Bittstellers erfüllt, tut er es nicht immer so wie erwartet. Du hättest annehmen können, daß Alexandras tot ist, und mit dieser Hypothese weiterarbeiten können. Stattdessen sitzt du hier unter einem Dach mit ebenjenem Alexandras. Wer weiß schon, ob nicht gerade das die Intention der Sibylle war, obwohl auch ich es nicht erwartet habe?«
    Ich nickte. »Dann wußtest du also von Zenos Schicksal und wo man ihn fnden konnte. Wußte Olympias es auch?«
    »Ja.«
    »Und trotzdem wirkte sie ehrlich schockiert, als wir Zenos Überreste gefunden haben.«
    »Sie wußte von seinem Schicksal, hatte jedoch im Gegensatz zu mir die Leiche noch nicht gesehen. Ich wollte auch nicht, daß sie sie sieht; ich hatte gedacht, daß ihr ohne sie zum Averner See hinabsteigen würdet. Doch sie kam mit euch und warf das, was von Zeno noch übrig war, in den See; zweifellos ebenfalls im Einklang mit dem göttlichen Willen.«
    »Und vermutlich war es auch der göttliche Wille, der Alexandras in der Mordnacht vor deine Tür führte?«
    »Vielleicht sollten wir Alexandras für sich selbst sprechen lassen«, sagte Iaia mit einem Seitenblick auf den jungen Thraker. »Berichte Gordianus, was in der Nacht, in der dein Herr ermordet wurde, im Haus vorgefallen ist.«
    Alexandras errötete, entweder weil er es nicht gewohnt war, vor Fremden zu sprechen oder in Erinnerung an jene Nacht.
    Olympias rückte näher an ihn heran und legte ihre Hand auf seinen Unterarm. Ich wunderte mich über die unbefangene Art, in der sie in Gegenwart eines römischen Bürgers Vertraulichkeiten mit einem Sklaven austauschte. In der Meereshöhle hatte ich sie beim Geschlechtsakt überrascht, und sie hatte kein bißchen verlegen reagiert;

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