Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
Vom Netzwerk:
liegen sehen und mir gebracht.«
    »War es der Umhang deines Mannes?«
    Gelina runzelte die Stirn. »Ich weiß es nicht. Schwer zu sagen, wie er ursprünglich einmal ausgesehen hat; ohne genaues Hinsehen hätte man nicht mal sagen können, daß es ein Umhang ist - völlig zerknittert und steif von getrocknetem Blut, verstehst du?« Sie atmete tief ein. »Es ist schlichte Wolle, dunkelbraun gefärbt, fast schwarz. Kann schon sein, daß er Lucius gehört hat; er hatte viele Umhänge. Er könnte jedem gehören.«
    »Mit Sicherheit nicht. War es der Umhang eines reichen Mannes oder eines Sklaven? War er alt oder neu, edel verarbeitet oder billig?«
    Gelina zuckte die Schultern. »Das kann ich nicht sagen.«
    »Ich muß diesen Umhang sehen.«
    »Natürlich. Du kannst Meto später danach fragen. Ich könnte den Anblick jetzt nicht ertragen.«
    »Das verstehe ich. Nur noch eins: War auf dem Boden um die Wunde viel Blut oder wenig Blut?«
    »Ich glaube - nur ein wenig. Ja, ich kann mich erinnern, daß Ich mich gefragt habe, wie eine so schreckliche Wunde so wenig bluten konnte.«
    »Dann können wir vielleicht schlußfolgern, daß das Blut an dem Stück Stoff von Lucius Licinius stammt. Was kannst du um sonst noch sagen?«
    Gelina schwieg lange. Ich sah, daß ihr eine unangenehme, unvermeidbare Erklärung bevorstand. »An dem Morgen, an dem man Lucius tot aufgefunden hat, fehlten zwei Haussklaven, sind seither auch nicht wieder aufgetaucht. Aber ich kann einfach nicht glauben, daß einer von beiden etwas mit Lucius Ermordung zu tun hat.«
    »Wer sind diese Sklaven?«
    »Sie heißen Zeno und Alexandros. Zeno ist - oder war – der Buchhalter und Sekretär meines Mannes. Er erledigte die Korrespondenz, führte die Bücher, verwaltete dies und das. Er war seit mehr als sechs Jahren bei Lucius, seit Crassus uns unterstützt und unser Glück sich gewendet hat. Ein gebildeter griechischer Sklave, ruhig und bedachtsam, sehr sanft, mit einem weißen Bart und einem zerbrechlichen Körper. Ich hatte immer gehofft, daß Zeno, sollten wir je einen Sohn haben, sein erster Tutor sein würde. Es ist schlicht unvorstellbar, daß er Lucius ermordet haben soll. Der Gedanke, daß er irgend jemanden töten könnte, ist geradezu grotesk.«
    »Und der andere Sklave?«
    »Ein junger Thraker namens Alexandros. Wir haben ihn vor vier Monaten als Stallknecht auf dem Markt in Puteoli gekauft. Er konnte fantastisch mit Pferden umgehen. Außerdem konnte er lesen und einfache Summen bilden. Zeno rief ihn hin und wieder in die Bibliothek meines Mannes, damit er für ihn etwas addierte oder Briefe kopierte. Alexandros hat schnell gelernt, er ist sehr intelligent. Er hat nie irgendwelchen Unmut geäußert. Ich hatte im Gegenteil den Eindruck, daß er einer der glücklichsten Sklaven in unserem Haus war. Ich kann nicht glauben, daß er Lucius ermordet hat.«
    »Und trotzdem sind beide Sklaven seit der Mordnacht verschwunden?«
    »Ja, ich kann es mir auch nicht erklären.«
    Mummius, der bisher geschwiegen hatte, räusperte sich. »Da ist noch etwas. Das verräterischste Indiz von allen.« Gelina wandte den Kopf ab und nickte resigniert. Sie machte ihm ein Zeichen weiterzusprechen. »Jemand hat in den Boden zu Lucius Füßen mit einem Messer sechs Buchstaben eingraviert. Reichlich unbeholfen und flüchtig, aber man kann sie deutlich lesen.«
    »Und was steht dort?« fragte ich.
    »Der Name eines berühmten griechischen Dorfes«, sagte Mummius finster. »Obwohl ein Neunmalkluger wie du auch annehmen könnte, daß, wer immer für die Kritzelei verantwortlich ist, keine Zeit mehr hatte, das Wort fertigzuschreiben.«
    »Was für ein Dorf? Ich verstehe nicht.« Mummius tunkte einen Finger in seinen Pokal und schrieb Buchstaben in geraden und zackigen Linien blutrot auf die Marmortischplatte:
    SPARTA
    »Ich verstehe«, sagte ich. »Ein griechisches Dorf.« Entweder das oder eine hastige, unterbrochene Huldigung für den Koalier entlaufenen Sklaven und Mörder ihrer Besitzer, ein Gruß für den entflohenen thrakischen Gladiator Spartacus.
    SECHS
    »Und in jener Nacht hat niemand etwas gehört oder gesehen?«
    »Nein«, erwiderte Gelina.
    »Aber wenn der Name Spartacus unvollendet geblieben ist, scheint das doch darauf hinzudeuten, daß der oder die Täter gestört wurden und geflohen sind; sehr seltsam.«
    »Vielleicht sind sie grundlos in Panik geraten«, meinte Mummius.
    »Vielleicht. Fehlte am nächsten Morgen außer den beiden Sklaven sonst noch etwas im

Weitere Kostenlose Bücher