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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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nicht erkennen, doch ihre Stimme strahlte eine freundliche Wärme aus. »Marcus«, sagte sie und hob ihren rechten Arm in einer Geste des Willkommens.
    Mummius trat auf die Terrasse, nahm ihre Hand und verbeugte sich. »Dein Gast ist eingetroffen.«
    »Das sehe ich. Genaugenommen sind es sogar zwei. Du mußt Gordianus sein, den sie den Sucher nennen?«
    »Ja.«
    »Und er dort?«
    »Mein Sohn, er heißt Eco. Er kann nicht sprechen, aber er hört sehr gut.«
    Sie nickte kurz und bedeutete uns, Platz zu nehmen. Nachdem sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten, erkannte ich ihre asketischen, beinahe harten Gesichtszüge - ein kräftiges Kinn, hohe Wangenknochen und eine hohe Stirn -, die durch tiefschwarze Augenbrauen und Wimpern sowie den Blick ihrer weichen grauen Augen abgemildert wurden. Mit Rücksicht auf ihre Witwenschaft war ihr schwarzes, an den Schläfen leicht ergrautes Haar nicht aufwendig frisiert, sondern nur schlicht aus dem Gesicht gebürstet. Sie war vom Hals bis zu den Füßen in eine schwarze Stola gehüllt, die unterhalb ihrer Brüste und in der Hüfte lose gegurtet war. Ihr Gesicht war wie die Aussicht hinter ihr, eher stolz als liebenswert, lebhaft und doch von gelassener Weltabgewandtheit. Sie sprach in ruhigen, gemessenen Sätzen und schien jeden Gedanken sorgfaltig abzuwägen, bevor sie ihn aussprach.
    »Mein Name ist Gelina, Tochter des Gaius Gelinus. Meine Mutter war eine Cornelierin und entfernt verwandt mit dem Diktator Sulla. Die Gelinier sind vor langer Zeit aus dem kampanischen Binnenland nach Rom gekommen. Im Bürgerkrieg starben etliche von ihnen im Kampf für Sulla und gegen Marius und Cinna. Wir sind eine stolze Familie, wenngleich weder wohlhabend noch besonders fruchtbar. Es sind nicht mehr viele von uns übrig.«
    Sie hielt inne, um an einem silbernen Pokal zu nippen, der auf dem Tisch neben ihr stand. Der Wein war fast schwarz und legte einen dunkelroten Glanz auf ihre Lippen. Sie wies auf weitere Becher, die bereits für uns gefüllt worden waren.
    »Ohne nennenswerte Mitgift«, fuhr sie fort, »durfte ich mich glücklich schätzen, einen Mann wie Lucius Licinius heiraten zu können. Es war unsere freie Entscheidung, keine von unseren Familien arrangierte Ehe. Das war noch vor Sullas Diktatur, mußt du wissen, während der Kriege; die Zeiten waren grausam und die Zukunft sehr ungewiß. Unsere Familien waren gleichermaßen verarmt und daher von der Partie wenig begeistert, aber sie erteilten trotzdem ihre Zustimmung. Es tut mir leid, sagen zu müssen, daß unsere zwanzigjährige Ehe kinderlos geblieben ist, außerdem war mein Mann keineswegs so wohlhabend, wie du beim Anblick dieses Hauses möglicherweise vermuten würdest. Aber auf unsere eigene Art waren wir durchaus von Erfolg und Wohlstand gesegnet.«
    Sie begann gedankenverloren und wie zur Ankündigung eines Themenwechsels die Falten ihres Gewandes zu ordnen.
    »Du fragst dich bestimmt, woher ich von dir weiß, Gordianus. Ich habe durch einen gemeinsamen Freund von dir erfahren, Marcus Tullius Cicero. Er spricht in den höchsten Tönen von Dir. «
    »Tut er das?«
    »Ja. Ich habe ihn erst im vergangenen Winter kennengelernt, als Lucius und ich bei einem Abendessen in Rom zufällig neben ihm saßen. Ein überaus charmanter Mann.«
    »Eine Eigenschaft, die ihm immer wieder zugeschrieben wird«, stimmte ich ihr zu.
    »Ich habe ihn nach seiner juristischen Karriere gefragt -Männer reden immer gerne über ihre Karrieren«, sagte Gelina
    »Normalerweise höre ich nur mit halbem Ohr hin, aber irgend etwas an seiner Art hat mich veranlaßt, ihm aufmerksam zu lauschen.«
    »Man sagt, er sei ein packender Redner.«
    »Oh, das ist er gewiß. Du hast ihn doch sicher auch schon von der Rostra auf dem Forum sprechen hören?«
    »Oft genug.«
    In der Erinnerung versunken, hatte Gelina die Augen halb geschlossen und sah so erhaben aus wie der Vesuv direkt über ihrem Kopf. »Ich fand seine Geschichte über Sextus Roscius wirklich fesselnd; ein wohlhabender Bauer, der angeklagt war, seinen eigenen Vater ermordet zu haben, bat Cicero um rechtlichen Beistand, als ihm sonst niemand mehr helfen wollte. Es war sein erster Mordfall, und wie ich höre, hat er seinen Ruf begründet. Cicero hat mir erzählt, daß ihm ein Mann namens Gordianus, genannt der Sucher, geholfen hat. Du warst ihm von unschätzbarem Wert - mutig wie ein Adler und störrisch wie ein Maulesel, hat er gesagt.«
    »Hat er das? Nun ja, das ist acht Jahre her. Ich war damals

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