Die Pforten Des Hades
dem? Sie scheint einen eigenen Plan zu verfolgen, aber zu welchem Ziel, und warum spielt sie ihre Rolle hinter einem Schleier aus Heimlichtuerei und Magie?«
Ich streckte meine Arme und Beine und fühlte mich auf einmal schwer wie Blei. Eco ließ sich aufs Bett fallen, das Gesicht zur Wand gedreht. »Wir sollten hier nicht länger rumliegen«, murmelte ich. »Wir haben so wenig Zeit, ich habe immer noch nicht mit Sergius Orata, dem Geschäftsmann, gesprochen. Oder auch mit Dionysius. Wenn ich den Philosophen nur einmal in einem ungeschützten Moment überraschen könnte...«
Ich schloß die Augen - nur für einen Moment, so dachte ich. Um mich herum schien das ganze Zimmer müde zu seufzen. Im obersten Stock der Villa gelegen und mit einem Ostbalkon ausgestattet, fing es die Hitze des Morgens ein und staute sie den ganzen Tag über, doch jetzt begannen die Wände, ihre Wärme abzugeben. Durch das Fenster drang eine kühle Brise und erfüllte die Luft. Die ins Bett gedrückte Rückseite meines Körpers fühlte sich behaglich warm an, während meine Hände und Füße ein wenig fröstelten. Ich hätte eine leichte Decke gebrauchen können, doch ich war zu müde, mich darum zu kümmern. Ich lag auf dem Bett, erschöpft, aber gleichzeitig hellwach für jeden Sinneseindruck, und fing nichtsdestoweniger an zu dösen.
Der Traum begann in dem Bett, auf dem ich mich ausgestreckt hatte, nur daß es in meinem Haus in Rom zu stehen schien, denn ich lag auf der Seite, und Bethesda drückte sich mit dem Gesicht zu mir an mich. Mit geschlossenen Augen ließ ich meine Hände über ihre warmen Hüften gleiten und weiter ihren Bauch hinauf, erstaunt darüber, daß ihr Körper noch immer so fest und üppig war wie an jenem Tag, als ich sie in Alexandria entdeckt hatte. Sie schnurrte wie eine Katze, als ich sie berührte, und preßte ihren Körper gegen meinen, bis ich spürte, wie ich zwischen meinen Beinen fast schmerzhaft steif wurde. Ich wollte in sie eindringen, doch sie erstarrte und stieß mich weg.
Ich öffnete meine Augen und sah nicht Bethesda, sondern Olympias, die mich mit kühler Verachtung musterte. »Wofür hältst du mich«, flüsterte sie herablassend, »für eine Sklavin, die du jederzeit so benutzen kannst?« Sie erhob sich vom Bett und stand nackt im weichen Licht, das von der Terrasse hereinfiel. Ihr Haar fiel wie ein goldener Lichterglanz um ihr Gesicht; die vollen, geschmeidigen Rundungen und delikaten Höhlen ihres Körpers vereinigten sich zu einer Schönheit, die anzusehen fast unerträglich war. Ich streckte die Hand nach ihr aus, doch sie wich zurück. Ich dachte, sie wollte mich necken, doch auf einmal bedeckte sie ihr Gesicht mit den Händen und lief, die Tür hinter sich zuschlagend, weinend aus dem Zimmer.
Ich erhob mich aus dem Bett und folgte ihr. Mit einer plötzlichen Vorahnung öffnete ich die Tür und spürte den Atem heißer Luft auf meinem Gesicht. Die Tür führte nicht in einen Flur, sondern auf eine Felsterrasse oberhalb des Averner Sees. Ich wußte nicht, ob es Tag oder Nacht war; alles war von einem grellen blutroten Glanz erleuchtet. Auf der Kante der Felsterrasse saß ein in einen purpurroten Militärumhang gehüllter Mann auf einem niedrigen Stuhl. Er beugte sich vor, sein Kinn auf die Hand gelegt und den Ellenbogen auf sein Knie gestützt, als beobachte er den Fortgang einer Schlacht im Tal. Ich blickte über seine Schulter und sah, daß der See ein einziges Flammenmeer war, von einem Ufer bis ans andere gefüllt mit sich windenden Körpern von Männern, Frauen und Kindern, die bis zur Hüfte in dem brennenden Schlamm feststeckten. Sie hatten ihre Münder schmerzverzerrt aufgerissen, doch die Entfernung dämpfte ihre Schreie, so daß es klang wie das Rauschen des Meeres oder das Raunen einer Menschenmenge in einem Amphitheater. Sie waren zu weit entfernt, um ihre Gesichter deutlich erkennen zu können, und doch meinte ich, unter ihnen den Sklavenjungen Meto und den jungen Apollonius auszumachen.
Crassus drehte sich um. »Römische Gerechtigkeit«, sagte er mit grimmiger Zufriedenheit, »und es gibt nichts, was du dagegen tun kannst.« Er sah mich seltsam an, und mir wurde bewußt, daß ich nackt war. Ich drehte mich um, um auf mein Zimmer zurückzukehren, doch ich konnte die Tür nicht finden. In meiner Verwirrung trat ich zu nah an den Abgrund. Die Kante des Felsens begann zu bröckeln und nachzugeben. Crassus schien nicht zu bemerken, wie ich nach hinten taumelte und noch im Fallen
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