Die Pforten des Todes - Historischer Kriminalroman
Schmiede. Kurz darauf war er wieder da und erklärte: »Ich nehme ihnen das Zaumzeug und die Sättel ab und bringe sie auf die Weide dort drüben. Sättel und Zaumzeug werde ich verbergen, bis ihr sie wieder braucht.«
»Großartig.«
Spöttisch blickte der Schmied auf den jungen Krieger. »Das eine lass dir gesagt sein: Dein Bemühen, nicht aufzufallen, machst du selbst zunichte, wenn du nicht deinen Goldreif abnimmst und deine vornehme Kleidung unter einem Umhang aus grobem Zeug verbirgst.« Eadulf hingegen beruhigte er: »Unter den vielen Mönchen, die durch den Ort laufen, wirst du kaum auffallen, selbst wenn du die römische Tonsur trägst und nicht die hier übliche nach Art des heiligen Johannes. Aber ein Krieger aus der Leibgarde des Königs von Cashel erregt sofort Aufsehen.«
»Da muss ich dir recht geben«, meinte Gormán betreten und hatte im Nu den Halsreif abgenommen und in seiner Satteltasche verstaut. Rasch löste er einen Umhang aus seiner Verschnürung, schüttelte ihn aus, warf ihn sich um die breiten Schultern und schloss die Lederbänder unterm Kinn.
Eadulf bewunderte seine Geschicklichkeit, wandte sichaber sogleich wieder dem Schmied zu. »Uns ist aufgefallen, dass auf dem Fluss heute weder Boote noch Lastkähne unterwegs sind. Wie wir hörten, wird hier im Ort ein Fest gefeiert. Liegt es vielleicht daran?«
»Lady Gelgéis hat Bauern, Händler und die Bewohner von Durlus zu einem großen Fest auf ihre Festung geladen. Sie feiern Erntedank, denn sie haben eine gute Ernte eingebracht. Deshalb werdet ihr kaum Leute im Ort antreffen. Die meisten sind auf das Fest gegangen.«
»Und du bist nicht dort oben?«
»Ich muss einen dringenden Auftrag erledigen.«
»Könnte günstig für uns sein, wenn kaum einer auf den Straßen ist«, murmelte Gormán.
»Oder auch nicht, schließlich suchen wir Leute, die gesehen haben, wo das Boot angelegt hat.«
Sie dankten dem Schmied und schritten durch die beinahe verlassene Ortschaft. Lediglich ein paar Hunde streunten umher, doch die zeigten keinerlei Interesse an den beiden Fremdlingen. Freilaufende Hühner scharrten im Straßendreck, und in der Nähe muhte klagend eine Kuh. Die Straße, auf der sie unterwegs waren, führte fast gradlinig auf den Hauptplatz, und von dort schlängelte sich ein Weg bergauf zu den Toren der Festung. Eine andere Gasse ging schnurgerade hinunter zum Fluss. Sie begegneten nur wenigen Leuten, die meisten davon waren betagt und grüßten sie höflich. An einer Ecke des Platzes saß ein kleines Mädchen, das neben sich einen Korb mit Brotlaiben und Käse hatte. Ganz allein saß es da, die Augen tränenfeucht. Musik und Lachsalven schallten vom Hügel herunter, die Festlichkeit war in vollem Gange.
»Was macht dich so traurig, Kleine?«, fragte Eadulf sie mitfühlend.
»Ich soll hier Mutters Waren verkaufen, ehe ich zum Fest gehen darf. Ich möchte so gern den Gauklern zusehen und den Spielleuten. Mutter sagt, erst wenn ich alles verkauft habe, darf ich hinauf. Braucht ihr nicht Brot und guten Käse?«
»Leider nein; was wir gerade suchen, ist nichts zum Essen«, antwortete er mitleidig lächelnd.
Sie ließen das traurige Kind hinter sich und kamen bald zu einigen großen Gebäuden, offenbar Lagerhäuser oder Scheunen. Sie folgten der Gasse zwischen
den Gebäuden hinunter zum Fluss. Dort war das Ufer mit Baumstämmen und Bohlen zum Kai ausgebaut, an dem man Kähne be- und entladen konnte. Viele Boote waren zu sehen, ansonsten schien die Gegend völlig verlassen. Sie betraten einen der Landungsstege und schauten sich verzweifelt um.
Die Boote waren von verschiedenster Bauart und Größe, mehrere davon hätten dasjenige sein können, nach dem sie suchten.
Kopfschüttelnd stand Gormán da und warf einen prüfenden Blick in die Runde. »Unsere Hoffnung, jemanden aufzutreiben, der gesehen hat, wonach wir fahnden, können wir erst mal begraben. Wie sollen wir jetzt weitermachen?«
»Lass uns mal überlegen.« Eadulf dachte einen Augenblick nach. »Wir müssen ein Boot finden, das heute früh hier angelegt hat. Am besten nehmen wir uns alle die vor, die dem entsprechen, was wir wissen. Also diejenigen, die vier Ruderknechte brauchen. Sorgsam eines nach dem anderen, vielleicht stoßen wir auf Spuren, die uns weiterhelfen.«
»Das ist langwierig und reichlich aussichtslos.«
»Aber besser, als nichts zu tun.«
»Na schön! Los geht’s!«
Sie zogen am Hafenbecken entlang und durchsuchten einzelne Boote. Gormán war schon in
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