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Die Phoenix-Chroniken: Asche (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Asche (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Asche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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von den marmornen Stufen gemacht, die zum Harem führten.
    „Ihr Stil?“ Ich sah ihm direkt ins Gesicht. „Das nennen Sie Stil?“
    „Als ich durch den Orient reiste, heute nennt man diese Gegend wohl den Nahen Osten, habe ich es schätzen gelernt. Bequemer für sie und so viel praktischer für mich. Wenn es mich nach einem Bissen verlangt, ist alles bereit.“
    Er schnippte mit den Fingern, und die ihm am nächsten stehende Frau eilte herbei. Als er ihren Kopf zur Seite bog, sah ich Bissspuren auf ihrer ansonsten makellosen Haut. Jetzt wurde mir auch klar, warum ein Halsband seinem Stil Abbruch getan hätte.
    Bevor ich mich umdrehte, sah ich noch, wie aus den Eckzähnen Reißzähne wurden. Anscheinend konnten Vampire sie einziehen, wenn sie nicht gebraucht wurden. Wie praktisch, so konnte man seine wahre Identität geheim halten.
    Obwohl ich die Augen abgewendet hatte, vermochte ich meine Ohren nicht vor dem schmatzenden Geräusch zu verschließen. Jede einzelne der anwesenden Frauen betrachtete die Szene mit Verzücken, als wünschten sie aus der tiefsten Tiefe ihrer bald schon rabenschwarzen Seele, dass die Wahl auf sie fallen würde. Davon wurde mir beinahe noch schlechter als von dem Geräusch.
    „Genug“, sagte der Hexenmeister.
    Aus dem Augenwinkel sah ich, wie das Mädchen auf dem Boden zusammenbrach. Einer der beiden Sicherheitsvampire versuchte, sie aufzufangen, verfehlte sie jedoch, und ihr Kopf knallte auf die Marmorfliesen. Reglos lag sie da.
    Der Meister begann auf Italienisch zu fluchen. Der Schuldige wurde blass, was ich interessant fand, da es ja immer hieß, Vampire seien so blass. Noch so ein Märchen. Solange sie ihre Fangzähne eingefahren hatten, sahen Vampire in Wirklichkeit aus wie jeder andere auch. Mit einem kurzen Wink rief der Meister den zitterten Lakai zu sich. Als der Mann neben ihm stand, legte er den Arm um ihn, was ihm bei der Größe dieses Vampirs eine nicht geringe Leistung abverlangte.
    „Du weißt, dass sie mein Liebling war“, sagte der Hexenmeister seufzend. „Blut so vollmundig wie Wein. Was für eine Vergeudung.“
    Er hob die Hand, und auf einen Knopfdruck hin teilte sich der schwere dunkle Vorhang vor dem Fenster, und die Sonne strömte herein.
    „Nein, Meister“, flüsterte flehend der Vampir. Also konnte er doch sprechen.
    Noch bevor die Worte seine Lippen verlassen hatten, wurde er von seinem Boss in das Licht gestoßen.
    Flammen loderten auf.
    Die Haremsfrauen sprangen von ihren Kissen, klatschten und stießen gurrende Laute vor lauter Begeisterung aus. Ich fragte mich ernsthaft, ob ein Blutverlust dieser Art auch gleichzeitig einen Gehirnverlust mit sich brachte.
    Mich erfasste eine Hitzewelle. Die brennende Silhouette des Mannes ging plötzlich in Asche auf und landete mit einem Zischen auf dem Boden.
    „Mach das weg.“ Der Hexenmeister deutete mit der Hand wedelnd auf die Asche, und eine der Frauen nahm sich Handfeger und Schaufel – offensichtlich war die Sonnenscheinstrafe gang und gäbe, denn sonst wäre das Putzzeug nicht gleich in Griffnähe gewesen –, und in Sekundenschnelle waren alle Spuren beseitigt.
    „Das auch.“ Nun deutete der Meister auf den nutzlos gewordenen Bissen. Von wegen Liebling.
    Der übrig gebliebene Wachmann trug den schlaffen Körper des Mädchens in den Fahrstuhl.
    Wie ein Raubtier, das er ja auch war, umkreiste der Herr mich jetzt. „Eine Faszination, die ich nicht verstehe.“
    Als er die Hand nach mir ausstreckte und mir mit dem Finger über den Hals fuhr, wurde ich ganz starr. Bislang hatte noch niemand meine überraschende Fähigkeit, schwere Möbelstücke wie Lampenschirme anzuheben, erwähnt, deshalb vermutete ich, dass Kameras in den Privatgemächern der Verdammten wohl verboten waren.
    „Sie haben eine schöne Haut, interessante Augen, aber sonst…“ Er zuckte die Achseln.
    So wie er auf meine Halsschlagader starrte, beschlich mich das ungute Gefühl, zur Blutprobe hierherbestellt worden zu sein. Doch stattdessen drehte er sich um und schritt auf eine Tür am anderen Ende des Raumes zu.
    „Kommen Sie. Ich möchte Ihnen gern etwas zeigen.“
    Ich rührte mich nicht vom Fleck, denn bestimmt würde mir nicht gefallen, was er mir zeigen wollte.
    Albernes Gekicher, und dann schubste mich jemand. Diese Jemand war nicht sonderlich kräftig – wie auch, bei dem permanenten starken Blutverlust –, doch ich war nicht darauf vorbereitet gewesen, und so machte ich unfreiwillig einen Schritt nach vorne, bevor ich mich

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