Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition)
können.
Ich musste dann aber doch eingeschlafen sein, denn als ich das nächste Mal auf die Uhr sah, war es 4:30 Uhr und die Dunkelheit nicht mehr ganz so dunkel. Ich verhielt mich ruhig und lauschte. Auf der anderen Seite der Wand lief Jimmy auf und ab.
Da sich Sanducci schon früher sang- und klanglos aus dem Staub gemacht und mich allein zurückgelassen hatte, stand ich auf, warf mir ein paar Klamotten über und ging zur Verbindungstür.
Eine kleine Bewegung aus dem Handgelenk, und das Schloss sprang auf. Diese übermenschlichen Kräfte, die ich empathisch aufgenommen hatte, als ich zum Dhampir geworden war, waren schon ziemlich cool. Leider war ich, als die Tür von der anderen Seite gepackt und aufgerissen wurde, zu überrascht, um meine übernatürliche Schnelligkeit zu nutzen und mich zu ducken. So stand ich einfach nur da, während ein kühler, glitzernder Nebel meine Wangen benetzte und auf meinen Augenlidern kleben blieb.
Feenstaub. Ich hasste dieses Zeug.
„Warum tust du das?“ Ich rieb mir mit den Handballen das Gesicht. „Du weißt doch, dass es bei mir nicht wirkt.“
Summer Bartholomew sah mich wütend an und ballte die Hände zu Fäusten, bevor sie sich auf den Absätzen ihrer Cowboy-Stiefel umdrehte und davonstelzte. Dabei schaukelten die Fransen an ihrem weißen Ledertop hin und her. „Ich wusste nicht, dass du es bist.“
„Wer sollte es denn sonst sein?“ Ich folgte ihr ins Zimmer.
„Seit wann schlaft ihr zwei getrennt?“
Ich hatte nicht vor, Sanduccis Schlafarrangement gerade mit dieser Frau – dieser Fee – zu diskutieren, die in ihn verliebt war.
Mein Blick wanderte zum Bett. Ich fragte mich, warum Jimmy nicht aufwachte und uns aufforderte, leiser zu sein. Es war leer. Verdammt, es war nicht einfach nur leer, er hatte überhaupt nicht darin geschlafen. Er hatte sich schon wieder einfach in Luft aufgelöst.
„Was hast du mit ihm gemacht?“, fragte Summer.
Blitzartig kehrte die Erinnerung an die vergangene Nacht in der Wüste zurück: Jimmy an den Boden gekettet, seine nackte Haut auf meiner. Der Geruch von Blut, das Gefühl, ihn in meinem Körper zu spüren, der eigentlich nicht mein eigener war.
Mmmm , flüsterte der Dämon. Noch mal!
„Schnauze“, brummte ich.
Summer warf mir einen wütenden Blick zu und hob die Hand, als wollte sie mir eine neue Ladung ihres Funken sprühenden Mach-mich-willig-Staubs verpassen. Es würde aber kaum besser funktionieren als beim ersten Mal, denn Feenzauber wirkte nicht bei jemandem, der im Auftrag des Guten unterwegs ist – und das war so etwas wie eine Kurzbeschreibung meines neuen Lebens. Dass sie mir nicht einfach so ihren Willen aufzwingen konnte, trieb Summer schier in den Wahnsinn.
„Sei nicht so gemein“, sagte sie, „ich habe ihn nicht kaputt gemacht, das warst du.“
„Er ist doch kein Spielzeug.“
Spielzeug , flüsterte mein Dämon, o jaaaaa!
Ich schlug mir vor die Stirn, doch das einzige Ergebnis waren Kopfschmerzen.
„Was ist los mit dir?“, fragte Summer.
Ich hatte nicht vor, ihr zu sagen, dass ich den Vampir in meinem Kopf plötzlich hören konnte, auch wenn er unter Verschluss war. Ich mochte mir gar nicht ausmalen, was sie dann mit mir anstellen würde. Vielleicht würde sie mich ja in ihrem irischen Landhaus in New Mexico in ein Zimmer sperren und Fenster und Türen mit goldenen Riegeln verschließen.
Das konnte ich nicht zulassen. Dazu hatte ich zu viel zu tun.
„Nach Los Angeles, das ist ein ganz schön weiter Weg für ein bisschen spontanen Sex“, sagte ich. „Nicht, dass Sanducci nicht die Reise wert wäre, aber hast du denn gar keinen Stolz?“
Die blauen Augen in ihrem perfekt geschnittenen Gesichtchen verfinsterten sich. Langes blondes Haar, eine Figur, für die Konfektionsgröße 32 extra erfunden worden war, feucht glänzende rosa Lippen, die zum Farbton ihrer Fingernägel passten. Verdammt, sie trieb mich schon allein dadurch in den Wahnsinn, dass sie einfach nur atmete.
Sicher, Feen benutzten ja Glamour, also einen Zauber, der sie attraktiver wirken ließ. Aber da Summers Zauber bei mir nicht wirkte, kam ich zu dem Schluss, dass sie wohl mit diesem atemberaubenden Aussehen geboren worden sein musste. Wobei ich allerdings nicht glaubte, dass Feen überhaupt geboren werden.
Sie sind keine Nephilim oder Kreuzungen. Damals, als die Engel auf die Erde gesandt wurden, um über die Menschen zu wachen, haben einige von ihnen tatsächlich über uns gewacht anstatt uns nachzustellen, so wie
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