Die Phoenix Chroniken: Blut (German Edition)
sein.“
„Nämlich?“
„Keine Ahnung.“ Er legte den Kopf schief. Eine dunkle Locke fiel über seine schwarz-roten Augen. Die Geste war so typisch Jimmy. Die Augen dagegen so überhaupt nicht. „Du hast Stimmen gehört?“ Er lächelte süffisant, als er meine Frage an mich zurückgab: „Sind da mehr als zwei Stimmen in deinem Kopf?“
„Es reicht.“ Ich wandte mich ab, bevor er mir die Wahrheit ansehen konnte. Er machte mir Angst. „Wo ist der Dagda, Jimmy? Ich möchte es nicht aus dir herausprügeln müssen.“
„Das würde dir doch Spaß machen.“
„Stimmt, würde es.“ Ich atmete tief ein und drehte mich wieder zu ihm um. Er war mir so nah, dass mein Busen seine Brust streifte, und wie immer hatte ich nicht gehört, wie er sich bewegt hatte. Ich rammte ihm die Handballen gegen die Brust. „Geh zurück.“
Er musste mit dieser Reaktion gerechnet haben, denn er bewegte sich keinen Zentimeter. Dann senkte er den Blick – zuerst dachte ich, er würde meine Brüste anstarren, aber es war mein Hals. Genauer gesagt: mein Halsband.
„Ich könnte dir das abnehmen“, flüsterte er. „Du und ich, wir zusammen – wir könnten ganz schön was anrichten.“
Ich wich aus seiner Reichweite. „Das ist wahrscheinlich genau das, was sich Ruthie vorgestellt hat. Du und ich. Ganz schön was anrichten.“
Er zog die Oberlippe hoch: wie ein Hund, der die Zähne bleckt. Nur hatten Hunde nicht so spitze Reißzähne. „Ich führe nicht gern Befehle aus. Auch wenn ich nur der dumme Jimmy bin.“
„Dumm?“ Man konnte Sanducci eine Menge nachsagen, aber Dummheit gehörte nicht dazu.
„Schwächlich, weinerlich. Alles, was der hier …“ – er schlug sich fast dröhnend mit den Fäusten gegen die Brust – „nicht ist.“
„Wenn du so weitermachst, wirst du dir die Rippen brechen“, sagte ich.
Sein Fauchen wurde zu einem Grinsen. „Besorgt?“
„Nein. Ich würde es nur lieber selbst tun.“
Die Schreie, die die ganze Zeit im Hintergrund zu hören gewesen waren, hörten plötzlich auf.
„Was war das?“, murmelte ich.
„Eine der Frauen des Dagda.“
Ich fuhr zusammen. „Was?“
„Er mag es, wenn sie schreien.“
„Und du glaubst, ich würde es mit diesem Typen tun, nur um seine Zauberkräfte aufzunehmen?“
Als sein Blick meinen traf, waren seine Augen mehr schwarz als rot, und als er dann sprach, hörte ich den alten Jimmy deutlicher heraus, als mir lieb war. „Früher oder später wirst du mit jemandem nur wegen seiner Kräfte schlafen.“
„Möglich. Aber ich entscheide mich für später. Und für jemand anders.“
Das Rot flackerte heller. „Ich glaube nicht, dass du es dir aussuchen kannst.“
„ Du mit Sicherheit auch nicht.“
Ich dachte, jetzt würde er auf mich losgehen, und ich wollte es sogar. In diesem Augenblick hätte mich nichts glücklicher gemacht, als Jimmy die ach so liebreizende Scheiße aus dem Leib zu prügeln.
„Er wird dich umbringen, Lichtführerin.“
Dieser Kommentar in sanftem Tonfall ließ mich herumfahren. Der Dagda war in die Höhle geschlüpft und schien nun jeden Zentimeter des Raumes auszufüllen. Kein Wunder, dass seine Frauen schrien. Er war einfach überall groß.
Ich riss meinen Blick von der Frisbee-großen Metallplatte los, die seine Genitalien bedeckte. „So einfach ist das nicht.“
Der Dagda verzog die rubinroten Lippen zu einem Lächeln. „Mit diesem Ding um deinen Hals …“ Hier streckte er seinen langen, langen Arm aus, weiter, als ich es für möglich gehalten hätte, und strich mit einem Finger über das Halsband. „Damit bist du menschlich. Und er ist es nicht.“
„Ich könnte ihn besiegen.“
„Aber du würdest ihn nicht umbringen, weil du ihn noch für den bevorstehenden Kampf brauchst. Und diese Schwäche würde dir das Genick brechen.“
„So kann ich ihn aber nirgendwohin mitnehmen.“ Ich wich zurück und entzog meinen Hals der Berührung des Dagda.
„Nein.“ Der Dagda ließ den Arm sinken. „Deshalb habe ich ein Geschenk für dich.“ Er hielt mir ein dünnes, rundes Stück Metall unter die Nase.
„Was ist das?“, fragte ich.
„Es ist verzaubert“, sagt der Dagda ausweichend. „Wenn Sanducci es trägt, wird er wieder … so menschlich, wie er werden kann.“
Ich streckte die Hand aus, und der Dagda ließ den Reif in meine Handfläche fallen. Er war größer als ein Ring für einen Finger, aber kleiner als ein Halsreif.
Stirnrunzelnd betrachtete ich Jimmys Oberarm und sein Handgelenk. Das passte
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