Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)
ließ ich die Hand sinken. »Bitte?«, fragte ich.
»Ich habe dich geschickt, weil ich wusste, dass dein Vampir mit den Iyas und Jimmy mit deinem Vampir fertigwerden würde. Ich hatte aber keine Ahnung, dass du die Sonne scheinen lassen kannst.«
»Und warum kann sie das?«
Ich drehte mich um: Da kam Jimmy auf uns zu. Der Schweiß hatte im Staub auf seinem Gesicht verschlungene Pfade hinterlassen. Seine Hände und Unterarme waren mit hässlichen Blutspuren – von ihm? von ihnen? – überzogen. Auf seinem T-Shirt, das über und über mit winzigen Brandlöchern übersät war, stand TEAM EDWARD zu lesen. Sanducci war offenbar ein richtiger Komiker.
Jimmys Tarnberuf für seinen weltläufigen Dämonenjäger-Job war Star-Porträtfotograf. Er war ein Genie hinter der Kamera. Fast so gut wie mit dem Silbermesser.
Seine Fotos zierten Zeitschriften, Bücher, Poster, CD -Cover und einmal sogar den Times Square. Jeder, der etwas auf sich hielt, wusste: Wenn Jimmy ihn fotografierte, hatte er es geschafft. Oder jedenfalls so gut wie.
Doch es gab noch den ultimativen Ruhmtest – Sanducci und seine T-Shirts. Die trug er nämlich ständig – zu Jeans und zum Jackett, zum Essen und zum Schlafen. Aber wie viele davon auch jeden Monat in seinen Briefkasten gestopft wurden – und das waren eine Menge – , er trug nur Shirts von denen, die er fotografiert hatte. In wessen T-Shirt Sanducci sich selbst ablichten ließ, der hatte sozusagen den Ritterschlag der Stars empfangen.
Sanducci gab ein fantastisches Motiv ab. Inmitten all der Sauerei war er gut aussehend, sogar fast schon schön. Olivfarbene Haut, schwarze Augen, das Haar so dunkel, dass es im richtigen Licht blau aussah, und ein Gesicht, das schon in so mancher Kleinstadt für ein Verkehrschaos gesorgt hatte. Einige Sekunden lang genoss ich es, ihn einfach nur anzusehen. Dann tauchte Summer Bartholomew auf, und all meine warmen, sanften Gefühle waren wieder verflogen.
»Und, mit wem hast du in letzter Zeit so gevögelt?«, fragte sie.
Ich ballte die Hände zu Fäusten. Warum nur hatte ich jedes Mal, wenn ich sie sah, das dringende Bedürfnis, ihr eine reinzuhauen?
Ach ja, ich konnte sie auf den Tod nicht ausstehen.
Sogar nach einer blutigen und staubigen Schlacht mit Sturmmonstern sah sie noch genauso aus wie immer – blond und zierlich, mit großen blauen Augen und vollkommenen, rosafarbenen Lippen, und zwar im gleichen Farbton wie ihre vollkommenen, rosafarbenen Fingernägel. Ihr normales Outfit – hautenge Jeans in Kleidergröße 32, ein fransiges Trägertop, Stiefel und ein weißer Cowboyhut – saß perfekt und hatte nicht einen einzigen Fleck.
»Rodeo-Fee«, murmelte ich.
»Du sagst das, als wäre es etwas Schlechtes.« Summer hakte sich bei Jimmy unter.
Jimmy machte sich mit einem Ruck von ihr los. Summer zog ein langes Gesicht. Sie blinzelte, als würde sie gleich anfangen zu weinen. Fast hätte sie mir sogar leid getan, hätte sie ihre Seele nicht dem Teufel verkauft. Buchstäblich.
»Hast du was von deinem Chef gehört?«, fragte ich also.
Sie zog die Brauen zusammen. Hinter der hübschen, blonden Fassade rührte sich etwas Glitschiges.
Summer war eine Fee. Sie beherrschte einen Glamour-Zauber, eine Art Gestaltwandlung, die sie auf Menschen attraktiver wirken ließ. Da ihr Zauber allerdings nicht bei jemandem wirkte, der im Auftrag des Guten unterwegs war – und das stand zurzeit rund um die Uhr auf meiner Agenda –, ging ich davon aus, dass sie wirklich so abartig niedlich war, wie sie in meinen Augen aussah. Ich hatte schon immer das Gefühl gehabt, dass sie irgendetwas vor uns verbarg. Und tatsächlich hatte sich herausgestellt, dass sie schwarz für die andere Seite gearbeitet hatte. Ihre Ausrede: Sie hatte Jimmy retten müssen. Der Preis? Ihre Seele. Zu Summers Glück hatte ich den Seelenräuber zurück in die Hölle geschickt, bevor er sie abholen konnte. Sie hatte sich nicht gerade vor Dankbarkeit überschlagen.
»Leck mich am Arsch«, sagte sie honigsüß.
Ruthie hatte angeordnet, dass Jimmy und Summer zusammenarbeiten sollten, damit Jimmy sie im Auge behalten konnte. Ich fand allerdings, es sah eher so aus, als würde Summer damit noch für ihre bösen Taten belohnt werden. Jimmy war alles, was sie immer gewollt hatte. Zu blöd, dass er mich liebte.
»Was machst du hier, Lizzy?«
Oder geliebt hatte. Jetzt war ich mir da nicht mehr so sicher.
»Du freust dich ja nicht gerade, mich zu sehen.«
Summer schnaubte.
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