Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)
beiden Beinen, auch wenn sie sich dabei an der Autotür abstützte, und schlug so heftig gegen die Scheibe, dass diese wackelte. Wenn das so weiterging, würde sie nächsten Dienstag heimlich Joints rauchen und sich mit schweren Jungs treffen.
Etwas sauste an mir vorbei – eine flirrende Bewegung, die so schnell war, dass ich niemanden erkennen konnte. Ich dachte, es wäre Luther unter Ruthies Kommando. Stattdessen war es Summer, die, am Auto angekommen, wieder klare Formen annahm.
Sie zerrte einmal an der Tür, dann sprühte sie ihren Mach-mich-willig-Staub darauf, der, soweit ich es bisher mitbekommen hatte, auf Gegenstände ganz genauso wirkte wie auf Menschen. Als sie den Türgriff das nächste Mal berührte, flog die Tür auf, und Summer riss Faith in ihre Arme.
Das Baby umarmte sie, als wäre sie eine lange vermisste Verwandte. Ich wollte zu ihnen hinüberlaufen und ihr das Kind aus den Armen reißen, doch dann hielt ich mich zurück.
Mit gebleckten Zähnen ging Summer auf mich los. »Du kannst doch ein Baby nicht einfach wie einen Hund im Auto lassen! Bei zwanzig Grad solltest du nicht mal einen Hund darin lassen, ganz zu schweigen von den dreißig Grad in der Sonne, die wir jetzt haben.«
»Die Sonne scheint ja erst, seit ich sie dazu gebracht habe«, sagte ich sanft. »Und als ich weggegangen bin, war sie noch kein Baby.«
Das bremste Summers Strafpredigt ein wenig aus.
Sie runzelte die Stirn, lehnte sich zurück und starrte dem Baby ins Gesicht. Dann sah sie der Reihe nach mich, Jimmy und Ruthie-Luther an. »Das solltest du lieber erklären.«
Ich schüttelte den Kopf, als Luther Luft holte, um zu antworten. Dann ging ich zum Wagen hinüber. Summer wich vor mir zurück, als ich an ihr vorbeiging. Klug von ihr, auch wenn ich sie nicht geschubst hätte, da sie das Baby auf dem Arm hielt.
Faith gluckste und gurrte. Ich lächelte sie an – glaubte für einen Augenblick, das Glucksen und Gurren gelte mir –, doch dann patschte sie Summer im Gesicht herum und brabbelte sie an, als wären sie die besten Freundinnen.
»Ich dachte immer, Feen würden Babys stehlen«, murmelte ich im Vorbeigehen, dann beugte ich mich in den Wagen und schnappte mir Faiths Decke.
»Das sind Goblins.«
Beim Aussteigen hätte ich mir fast den Kopf gestoßen, weil ich mich zu schnell aufgerichtet hatte. »Goblins«, wiederholte ich.
»Kleines Volk. Schelmisch bis bösartig. Ihr Lachen lässt Milch sauer werden. Sie verstecken kleine Dinge vor Menschen.«
»Wie Babys?«
Summer hob eine Schulter und spielte dann weiter Dutzi-Dutzi mit Faith.
»Wenn Goblins wirklich Babys stahlen, würde es dann nicht viel mehr Gerede um vermisste Knirpse geben?«
»Wer sagt denn, dass es das nicht gibt?«, fragte Summer.
Auch wieder wahr.
»Außerdem nehmen Goblins nie ein Kind mit, ohne dafür eines der ihren dazulassen.« Summer schielte und knautschte ihr Gesicht zusammen. Faith kicherte fröhlich, und ich konnte nicht anders, als zu lächeln – bis ich Jimmy sah.
Er würdigte mich keines Blickes. Stattdessen starrte er Faith an, als wäre sie einfach so aus dem Nichts aufgetaucht – was ja auch irgendwie stimmte.
»Niemand merkt also, dass er einen Goblin anstatt eines Kindes hat?« Ich konnte es nicht so recht glauben. Aber das galt für viele Dinge.
»Goblins lassen Wechselbälger zurück«, sagte Summer.
»Was soll das sein?«
»Hässliche Goblin-Babys.«
»Ich kapier immer noch nicht, warum das keiner merkt.«
»Weil ein hässliches Goblin-Baby ein wunderschönes Menschen-Baby ist.«
Klang wie bei The Munsters. Der hässliche Cousin war in Wirklichkeit ein schöner Schwan.
Ich sah Ruthie in die Augen. »Was tun wir dagegen?«
»Es kommt selten vor, Lizbeth. Wenn es dann aber doch einmal passiert, tun wir unser Bestes, um den Goblin zu finden und das Baby zurückzuholen.«
Es gab so viel, was ich nicht wusste – über diese Welt, meinen Auftrag, verdammt, über einfach alles.
»Warum reden wir eigentlich über Goblins?«, fragte Jimmy.
»Ich muss darüber Bescheid wissen.«
»Aber nicht jetzt. Es ist über drei Jahre her, dass ich das letzte Mal von einem Wechselbalg gehört habe. Die Nephilim haben Wichtigeres auf ihrer Liste. Dich zum Beispiel.«
»Und dich«, entgegnete ich.
Jimmy zuckte die Schultern, wie immer unbeeindruckt von den Heerscharen von Halbdämonen, die uns tot sehen wollten. »Was war sie, als du weggegangen bist?«
Ich fand, Zeigen ging über Erklären, also warf ich Faith ihre
Weitere Kostenlose Bücher