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Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)

Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)

Titel: Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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viel Wut wie in einem eingepferchten Vampir. Ich würde sämtliche Iyas auslöschen, und dann würde ich mich auf alle anderen stürzen, die noch übrig waren. Der Einzige, der stark genug war, mich wieder einzufangen, war jemand von meiner Sorte.
    »Geh mir aus dem Weg, Junge.«
    Mit ungeschickten Fingern, die sich wie gelähmt anfühlten, friemelte ich am Verschluss meines Halsbands herum. Die Finger aber wollten den Befehlen meines Gehirns nicht gehorchen. Immer, wenn ich zu etwas Bösem wurde, hinterließ das einen üblen Nachgeschmack. Normalerweise den von Blut.
    Ich hob den Blick, starrte ärgerlich in die schweren, dunklen Wolken und stellte mir einen einzigen Sonnenstrahl vor. »Verdammt, ich wünschte, die Sonne würde scheinen.«
    Der führende Iya war nur wenige Meter entfernt, als ein schmaler Strahl goldenen Lichts den Sturm durchbrach und auf sein Gesicht fiel. Er ging wie ein buddhistischer Mönch in Flammen auf. Die Hitze zwang mich, einen Schritt zurückzuweichen, und dann noch einen.
    »Was hast du getan?«, fragte Luther.
    Ich wusste es nicht. Ich hatte Macht über den Sturm, konnte Blitz und Donner und Regen herbeirufen. Ich konnte sogar ein magisches Tattoo zur Gestaltwandlung erschaffen, indem ich wie eine mystische Nadel mit übernatürlicher Tinte den Blitz führte  – daher stammte auch der Phönix in meinem Nacken.
    Aber einen Sturm beenden? Die Sonne scheinen lassen? Damit hatte ich nicht gerechnet.
    Ich hob mein Gesicht zum Himmel empor und stellte mir einen riesigen Riss im kohlegrauen Zwielicht vor. Ich malte mir aus, wie das leuchtend gelbe Tageslicht dort hindurchbrach. Ich dachte so fest daran, dass mir geradezu der Schweiß ausbrach. Ich reckte beide Hände nach oben, schlug die Handflächen aneinander, um sie dann wieder auseinanderzudrücken.
    Und die Sonne kam hervor, genauso wie ich es gewollt hatte.

11
    B innen Minuten waren auch die letzten Iyas verschwunden. Ich sah über die Schulter zu Luther hinüber, der genauso erschrocken aussah, wie ich mich fühlte.
    »Was für ein Glück, dass du das Halsband nicht abgenommen hast«, sagte er.
    »Was für ein Glück«, wiederholte ich. Sonst wäre der Asche eine Menge Blut vorausgegangen. Das kannte ich, das hatten wir schon, und es hatte mir nicht gefallen. Asche und Blut ergaben zusammen eine Masse, die sehr an Teer und Federn erinnerte. Diese neue Methode war mir da wesentlich lieber. Der Wind frischte auf, und die Überbleibsel der Iyas wurden einfach davongeweht.
    »Warum hat mir Ruthie nicht gesagt, dass ich die Sonne rufen kann?«, fragte ich.
    Luther runzelte die Stirn. »Gute Frage.«
    »Also  … «, ich hielt die Hand auf, »sie soll ihren Arsch endlich herbewegen.«
    Luther zog eine Braue hoch. »Soll ich ihr das so sagen?«
    »Nein.«
    Ruthie hatte uns mit Liebe und einer harten Hand großgezogen. Und sie sah keinen Grund, von einer funktionierenden Methode abzuweichen, nur weil ihre Kinder erwachsen wurden. Da Ruthies Faust derzeit in Form von Luthers Hand existierte, würde mich ein respektloser Kommentar womöglich ein paar Zähne kosten.
    »Lass mich einfach mit ihr reden.«
    Luther zog seine Nummer ab, und dieses Mal tauchte Ruthie tatsächlich auf.
    »Lizbeth, du kannst mich nicht ständig rufen. Ich habe zu tun. Muss mich um Kinder kümmern.«
    »Und die Welt retten.«
    »Verflixt richtig.«
    »Warum hast du mir nicht gesagt, dass ich die Sonne scheinen lassen und die Iyas auslöschen kann?«
    Luthers Körper, der normalerweise ständig in Bewegung war  – der Körper eines Teenagers eben  –, wurde auf einmal ganz ruhig. Sein Kopf neigte sich zur Seite. »Bitte?«
    »Ich dachte, ich müsste zum Vampir werden, und hätte es fast getan. Aber dann  … « Ich wusste nicht, wie ich erklären sollte, was ich stattdessen getan hatte oder wie ich es getan hatte. »Ich habe die Sonne scheinen lassen und den Sturm vertrieben, und sie sind alle  … «
    Ich machte eine Geste, die Feuer, eine Explosion und Kabumm darstellen sollte. Sie verstand, was ich meinte.
    »Ich hätte fast mein Halsband abgelegt.« Ich schauderte bei dem Gedanken daran, was dann geschehen wäre. »Du hättest mir einfach sagen sollen, dass ich die Sonne scheinen lassen kann.«
    »Das hätte ich auch liebend gern getan.« Luthers Augen verengten sich, und sein Mund wurde zu einem Strich. »Wenn ich gewusst hätte, dass du es kannst.«
    Ich war gerade dabei, mir den Staub von Hunderten von Iyas aus den Augen zu reiben, doch bei ihren Worten

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