Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)
Schweigen. Für eine Minute wenigstens.
»Sawyer ist freiwillig gestorben?«
Ich nickte, weil ich befürchtete, meine Stimme würde brechen, wenn ich etwas sagte.
»Muss eine Frau gewesen sein.« Er musterte mich erneut. Wieder sagte ich nichts. »Wie bist du an diesen Fetisch gekommen, wenn Sawyer tot ist?«
»Magie.«
Sani schnaubte.
»Du bist ein sprechender Kojote und glaubst nicht an Magie? Da fällt mir ein: Warum bist du ein sprechender Kojote?«
»Früher, vor sehr langer Zeit, habe ich dem falschen Mann vertraut.«
»Da geht es dir wie hunderttausend Frauen pro Jahr«, murmelte ich.
Er ignorierte es. »Meine Heimat wurde mir gestohlen und mit ihr meine menschliche Seele.«
»Wie kann man denn eine menschliche Seele stehlen?«
»Indem man das Zeichen stiehlt, in dem sie ruht, während der Mensch die Gestalt eines Kojoten hat.«
»Das hier?« Ich hielt den geschnitzten Türkis hoch. »Du behauptest, Sawyer hätte deine Seele gestohlen?«
»Und meinen Berg.«
»Mount Taylor?« Der Kojote senkte die Schnauze. »Warum?«
»Weil er es konnte.«
Ich wollte schon widersprechen, aber das klang wirklich ziemlich nach Sawyer.
»Man hat mir gesagt, dass die Navajo Kojoten nicht vertrauen.«
Sani öffnete das Maul zu einem hundeartigen Grinsen. »Worauf willst du hinaus?«
»Warum hast du dich in einen verwandelt?«
»Im Gegensatz zu Sawyer haben einige von uns keine allzu große Auswahl, in was sie sich verwandeln können. Als Junge habe ich von dem Kojoten geträumt. Ich nahm die Gestalt meines Geisttieres an und auch die Magie, die es mir brachte.«
»Schwarze Magie«, sagte ich.
»Wir nehmen, was uns gegeben wird.«
»Oh, ich bin mir sicher, dass du sie genommen hast«, sagte ich und wusste auch genau, wie er es getan hatte. Ich hatte keineswegs das Recht, mit Steinen zu schmeißen, schließlich hatte ich selbst meine Magie ebenfalls für einen Mord erhalten.
»Was hat dich auf den Inyan Kara verschlagen?«, fragte ich.
»Ich wurde aus dem Dinetah, der Glänzenden Welt, verbannt, aus der Heimat, die ich liebte, und von dem Berg, auf dem ich geboren wurde. Irgendwohin musste ich ja gehen, und dieser Ort sprach mich an.«
»Soweit ich weiß, ist er auch magisch. Für die Sioux.«
»Magie ist Magie.«
Das war zwar nicht ganz richtig, aber ich beschloss, es durchgehen zu lassen.
»Hat das die Sioux nicht gestört?« Es hatte ihnen definitiv nicht gefallen, dass die Weißen überall auf ihren Bergen herumgelaufen waren.
»Ein wenig schon. Aber sie hatten größere Probleme als einen Navajo, der ihr Gelände unerlaubt betrat. Als sie endlich den Kopf freihatten, um sich mit mir auseinanderzusetzen, war ich bereits genauso Teil der Legende um den Inyan Kara wie sie selbst.«
»Seit wie vielen Jahren bist du schon ein Kojote?«
»Es sind nun mehr Jahre als die, die ich als Mann gelebt habe.«
»Ruthie hat gesagt, du könntest den Inyan Kara nicht verlassen.«
»Oft hat Ruthie recht.« Er hielt die Schnauze in einen hellen Sonnenstrahl, der durch die Bäume fiel, und schnupperte. »Das macht nichts.« Er schüttelte sich, als würde er bis ins Mark erschauern. »Kojoten sind scheu, und ich bin nun schon so lange einer, dass Menschen mich nervös machen.«
»Was ist mit mir?«
Er sah mich an, seine Augen waren so dunkelbraun, dass sie sich kaum von seinem schwarzen Fell abhoben. »Wir wissen beide, dass du kein Mensch bist.«
»Nicht? Was bin ich dann?«
»Da Ruthie zumindest früher zu dir gesprochen hat, vermute ich mal, dass du die derzeitige Anführerin des Lichts sein wirst. Und wenn ich mir die Tätowierung auf deinem Nacken so ansehe, würde ich sagen, dass du auch ein Fellläufer bist.«
Außerdem ein Dhampir, ein Vampir, ein Hellseher und ein Phönix, aber ich fand, dass er schon genug wusste, und zuckte deshalb nur mit den Schultern.
»Warum kannst du sprechen?«
Wenn er Fragen mit Gegenfragen beantwortete, konnte ich das genauso gut.
»Sawyer hat einen Zauber gewirkt, mich mit einem Fluch belegt.«
»Er hat dich zu einem sprechenden Kojoten gemacht? Warum?«
»Ich war ein Verstoßener. Ich passte nie irgendwo hin, zu nichts und zu niemandem. Ohne meine Seele konnte ich kein Mensch werden, aber ich war auch kein richtiger Kojote, denn ich konnte ja sprechen.«
Wow. Das nenne ich einen Fluch.
»Was hast du getan?«, fragte ich.
»Ich habe vertraut. Ich habe Sawyer alles beigebracht, was ich wusste, und er hat dieses Wissen gegen mich verwendet.«
An der Sache musste
Weitere Kostenlose Bücher