Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)
nicht ausreichen, um es allein zu tun?«
»Ich werde dir helfen.« Verlangen flackerte in seinen Augen auf.
Ich ballte die Hände zu Fäusten und zwang mich, nicht davonzulaufen. Sex verstärkte meine Kräfte noch, und wenn ich mehr Saft brauchte, war Sani sicher nur allzu bereit, mir zu helfen. Es gefiel mir zwar nicht, aber ich hatte darum gebeten und konnte mich jetzt nicht beschweren. Ich hatte gewusst, dass der Tag kommen würde, an dem ich es mit jemandem tun müsste, mit dem ich es nicht tun wollte. Offenbar war dieser Tag heute.
Kraft durchströmte mich und mit ihr Verzweiflung. Ich hasste es, zu Dingen gezwungen zu werden. Wut loderte auf, ich ließ mich von ihr mitreißen und warf die Hand zum Himmel empor. Die einzelne hellweiße Wolke öffnete sich und goss den Regen auf uns herab. Während der Regen fiel, wurde die weiße Wolke erst grau und dann schwarz.
»Nimm beide Hände«, befahl Sani.
Ich riss die zweite Hand in die Höhe, und Wind kam auf, wirbelte Staub und trockenes Gras auf, zerrte an Wolken über dem weit entfernten Horizont und zog sie mit hoher Geschwindigkeit auf uns zu. Sie verdunkelten die Sonne, dann rührte sich der Berg unter unseren Füßen.
»Donner!«, rief der Alte, und die Erde bebte. Ich war bis auf die Haut durchnässt, die Haare klebten mir am Kopf. Sanis Fell triefte. Innerhalb des Kreises quoll blubbernder Schlamm über meine Türkiskette, als wäre der Regen so heiß wie Lava.
Sani schmiegte sich an meine Beine, rieb sein nasses, muffiges Fell an meiner Hose, schnüffelte mit der Schnauze an meinen Schenkeln. Ich rang einen Ekelschauer nieder.
»Jetzt den Blitz«, flüsterte er, sein Atem war so nah an meinem Schritt, dass ich glaubte, aus meinen feuchten Jeans würde Dampf aufsteigen.
Ich streckte mich dem Blitz entgegen, fühlte, wie er knisterte und erstarb.
»Noch mal«, rief Sani.
Ich schloss die Augen und stellte mir vor, wie der Blitz den Himmel zerriss und in den Boden einschlug. Das Feuer würde lodern und erlöschen, der Rauch einen Vorhang bilden, und wenn der sich lichtete, würde Sawyer da sein.
Ich reckte meine Hände höher und höher, streckte mich mit aller Macht, die ich hatte, einem einzigen, einmaligen Aufleuchten entgegen.
Sssst!
Mit dem Regen fiel der Geruch abgebrannter Feuerwerkskörper vom Himmel, doch es kam kein Blitz. Ich ließ die Arme sinken, öffnete die Augen und gab die Wahrheit zu: »Ich kann es nicht.«
Sani knurrte und schlug die Zähne in meine Hand.
Der Schmerz, der mich nun durchflutete, war so heftig, dass ich auf die Knie fiel. »Was. Zur. Hölle. Soll. Das?«
Die Schnauze des Kojoten tauchte vor mir auf, er atmete tief ein, als versuche er, eine Witterung aufzunehmen … etwa die meiner Schmerzen? Dann leckte er über mein nasses Gesicht und legte den Kopf schief. »Keine Tränen?«
»Ich … weine nie«, brachte ich hervor. Außer bei Sawyers Tod. Weinen hatte mir nichts als Scherereien gebracht. Vor langer Zeit hatte ich gelernt, dass Weinen ein Zeichen von Schwäche war und dass die Schwachen nicht überlebten.
Meine verletzte Hand wanderte zu dem Silbermesser an meinem Gürtel, doch Sani packte meine Finger, bevor sie auch nur in seine Nähe kamen.
»Scheiße!« Die Wunden würden schnell heilen, doch die Schmerzen waren so schlimm, dass ich keuchte, selbst als er mich losließ.
»Meine Macht, kleines Mädchen, liegt im Schmerz.« Sein Atem strömte über mein Gesicht. Der Geruch meines eigenen Blutes drang mir in die Nase, und mein Dämon heulte auf. »Wenn du den Blitz herbeirufen willst, dann zeig mir deine Qualen.«
Ich biss die Zähne zusammen. »Nein.«
»Du hast gesagt, du würdest alles tun, was nötig ist.«
»Ich dachte, du meintest Sex.«
Er lachte. »Du hättest also lieber Sex, als zu weinen?«
»Wer denn nicht?«
Sein Lachen erstarb. »Ich bin nicht Sawyer.«
Sawyers Kräfte wurden durch Sex verstärkt – ebenso wie meine. Das war mir immer ziemlich krank vorgekommen. Bis ich diesen Typen hier getroffen hatte.
Seine Kraft lag im Schmerz, das könnte der Grund – oder zumindest einer der Gründe – dafür sein, dass Sawyer ihn verbannt hatte. Der alte Kojote hatte Glück gehabt. Sawyer hatte ihn nicht getötet. Hätte er es getan, wäre das jetzt allerdings ein ziemlich beschissenes Pech für mich. Wie viele echte Fellläufer liefen auf dieser Erde herum? Vermutlich nicht sehr viele.
»Also gut«, murmelte ich und schrie, als ließe der Schmerz in meiner Hand nicht mit jeder
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