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Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)

Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)

Titel: Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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noch mehr dran sein. Aber was, wenn nicht? Was, wenn Sawyer so viel wie möglich von dem Alten gelernt hatte, um ihm dann seine Heimat zu nehmen und ihn auf den Inyan Kara zu verbannen, und zwar nur darum, weil er es konnte? Sawyer hatte schon eine Menge grenzwertiger Dinge getan. Sein Richtig-und-Falsch-Radar ging nicht besonders genau. Daran gab ich seiner Mutter die Schuld.
    Andererseits  …
    »Wen hast du getötet?«, fragte ich.
    Sani zog wieder die Lefzen hoch und bleckte die Zähne.
    »Danach fragt man nicht.«
    »Du vielleicht nicht.«
    »Frag, was du willst, ich werde nicht antworten.«
    Ich beschloss, dass es keinen Unterschied machte, was Sani getan oder wen er getötet hatte. Dennoch musste ich das in Angriff nehmen, weswegen ich hergekommen war: Sawyer heraufbeschwören, Antworten auf meine Fragen bekommen, und dann mit den Ergebnissen klarkommen. Über die Wahrheit konnte ich mir später noch Gedanken machen. Oder, da Sawyer tot war, überhaupt nicht mehr.
    »Ich habe ihm gesagt, eines Tages würde er meine Hilfe brauchen«, murmelte Sani. »Und die einzige Möglichkeit, diese Hilfe zu bekommen, wäre, mir meine Seele zurückzugeben.«
    Wieder hielt ich den Fetisch hoch. »Dies hier ist die Bezahlung.«
    »Jetzt musst du mir nur noch sagen, wofür.«
    »Ich will, dass du Sawyers Geist heraufbeschwörst.«
    »Den kannst du selbst heraufbeschwören. Du musst einfach nur jemanden töten, den du liebst.«
    »Das hab ich schon.«
    Sein Blick nahm einen verschlagenen Ausdruck an. »Ruthie oder Sawyer?«
    Bevor ich darauf hinweisen konnte, dass man danach nicht fragte, verriet mich mein Mund. »Ich würde Ruthie niemals etwas tun!«, fuhr ich Sani an.
    Der Kojote öffnete den Mund zu einem breiten Grinsen. »Du gefällst mir immer besser, und das nicht nur wegen deiner Brüste. Erzähl mir mehr davon.«
    »Nein«, sagte ich kurz. Ein Punkt, über den ich nicht sprechen würde, war Sawyer und die Umstände  … wie ich ihn umgebracht hatte.
    Sani stieß ein enttäuschtes Seufzen aus. »Wenn du jemanden geopfert hast, den du liebst, dann bist du ein Zauberer und ein Gestaltwandler, ein wahrer Fellläufer. Du kannst einen Geist heraufbeschwören.«
    »Ich habe es versucht. Hat aber nicht geklappt.«
    »Komisch«, murmelte Sani.
    »Ich habe nie zuvor allein jemanden heraufbeschworen. Ich dachte, du könntest vielleicht zusehen und mir sagen, wann ich etwas falsch mache.«
    Sani warf mir einen kurzen Blick zu. »Du weißt, dass manchmal eine Verstärkung der Kraft nötig ist?«
    Ich wand mich. »Ja.«
    »Du bist bereit, alles Nötige zu tun, um mit ihm zu sprechen?«
    Diesmal zögerte ich nicht. »Ja.«
    »Du liebst ihn wirklich.«
    »Wenn ich das nicht täte, wäre ich doch nicht, was ich bin.«
    »Okay.« Der Kojote lief auf die Bäume zu. »Komm mit.«
    Wir stiegen zum Gipfel des Inyan Kara hinauf. Mehr als einmal kam ich in die Versuchung, mich in einen Phönix zu verwandeln und oben auf ihn zu warten, aber es erschien mir nicht fair, den alten Kojoten-Mann alleine dort hinaufklettern zu lassen.
    Auf dem Gipfel gab es ein Plateau, das mit Felsen übersät und mit etwas trockenem Gras bewachsen war; das einzig Schöne an diesem Ort war die Aussicht.
    In der Nähe ragten der Devil’s Tower und der Bear Butte auf, und die Ebene schien sich bis in die Unendlichkeit zu erstrecken  – leuchtendes Grün und staubiges Gold gingen irgendwann in ein weiß gesprenkeltes Neonblau über. Ich war wie hypnotisiert.
    »Hast du etwas, das ihm gehört hat?«, fragte Sani.
    »Verdammt.«
    »Ich dachte, du hättest das schon mal gemacht.«
    »Hab ich auch.« Beim letzten Mal hatte ich Sawyers Zahnbürste benutzt. Als der Zauber aber nicht wirkte, hatte ich sie vermutlich in die Wüste geschleudert.
    »Hat er dir nie irgendetwas gegeben? Oder war deine Liebe ganz und gar einseitig?«
    Höchstwahrscheinlich war sie das. Sawyer liebte nicht. Nicht mehr. Aber er hatte mir etwas gegeben.
    Ich nahm den Türkis von meinem Hals, legte den Stein auf den Boden und zog einen Kreis darum herum. Sani nickte bestätigend. »Man kann nie wissen, wo die Toten gewesen sind, was sie getan, wen sie gesehen haben, oder was ihnen angeboten wurde.«
    Der Kreis würde den Geist gefangen halten. Wir konnten nicht einfach Geister heraufbeschwören und sie auf der Erde herumspazieren lassen  – so wie Jacob Marley aus Dickens’ Weihnachtsgeschichte.
    »Jetzt ruf den Sturm«, befahl Sani.
    »Was ist, wenn ich Hilfe brauche? Was, wenn meine Kräfte

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